POLITIK

Solidargemeinschaft in Gefahr

lw; 23.02.2024, 16:24 Uhr
Symbolfoto: Juraj Varga auf Pixabay
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Solidargemeinschaft in Gefahr

lw; 23.02.2024, 16:24 Uhr
Nümbrecht – Die Gemeinde Marienheide würde im Zweckverband der Förderschulen gerne die Abrechnungsmodalitäten verändern – In Nümbrecht kommt der Vorstoß nicht gut an.

Von Lars Weber

 

Dem Zweckverband der Förderschulen (Förderschwerpunkt Lernen sowie Emotionale und soziale Entwicklung) steht nach einem Antrag der Gemeinde Marienheide eine Zerreißprobe bevor. Dem Zweckverband gehören neben Marienheide die Kommunen Bergneustadt, Engelskirchen, Gummersbach, Morsbach, Nümbrecht, Reichshof, Wiehl und Waldbröl an. Die Schulen des Zweckverbandes sind die Jakob-Moreno-Schule in Gummersbach und die Roseggerschule in Waldbröl. Der Rat der Gemeinde Marienheide hatte in seiner Dezembersitzung nun einen Antrag beschlossen, der für die Gemeinde Nümbrecht eine Abkehr vom Solidarprinzip darstellt. Der Schul- und Familienausschuss hat sich bei seiner Sitzung am Donnerstag im Rathaus klar positioniert.

 

Bisher sieht die Regelung des Zweckverbands vor, dass für die nicht durch sonstige Erträge gedeckten Aufwendungen eine Verbandsumlage erhoben wird, die zur Hälfte nach der Zahl der Schüler und zur anderen Hälfte nach den Umlagegrundlagen der Kreisumlage auf die Verbandsmitglieder verteilt wird. Nun ist die Schülerzahl der Marienheider Kinder und Jugendlichen im Betrachtungszeitraum von 2009 bis 2022 um 73,1 Prozent gesunken. Die Zahl der insgesamt beim Zweckverband beschulten Schüler ist im gleichen Zeitraum lediglich um 18,3 Prozent gesunken. Marienheide sieht sich daher aufgrund der derzeitigen Veranlagungsregeln überproportional an den umzulegenden Kosten beteiligt. Gelten soll stattdessen die durchschnittliche Schülerzahl der vergangenen drei Jahre.

 

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Würde diese Regel zugrunde gelegt, so gebe es laut Kämmerer Reiner Mast vier Verlierer im Zweckverband, deren Zahlungen deutlich steigen würden. Dazu gehören die Gemeinde Morsbach, die Gemeinde Reichshof, die Stadt Waldbröl – und die Nümbrechter selbst. So müsste die Gemeinde momentan etwa 30.000 Euro mehr zahlen als vorher. Von 394 Schülern im Jahr 2022 kamen dabei 30 aus Nümbrecht. Im Zeitraum von 2009 bis 2022 sank die Nümbrechter Schülerzahl um 30,1 Prozent. Der Anteil Nümbrechter Schüler an der Gesamtschülerzahl der Förderschulen lag in dieser Zeit zwischen 6,7 und 9,3 Prozent.

 

Schon allein, um Schaden vom eigenen Haushalt fernzuhalten, hofft die Gemeinde Nümbrecht jetzt, dass bei der entscheidenden Verbandsversammlung im Juni alle „Verlierer“-Gemeinden mit voller Stimmzahl antreten werden, um eine Zweidrittel-Mehrheit für den Antrag zu verhindern. Der Verwaltung geht es aber um mehr als das. Bürgermeister Hilko Redenius verwies auf schwankende Zahlen im Laufe der Zeit. „Die Solidarität macht Sinn, man sollte sich nicht davon verabschieden, weil man mal 5 Euro spart.“ Von einer „katastrophalen Entwicklung“ sprach Thomas Hellbusch (CDU).

 

Die Verwaltung wollte die ablehnende Haltung der Gemeinde per Abstimmung noch an einen weiteren Beschluss knüpfen, falls die Gemeinde Marienheide doch mit ihrem Vorstoß erfolgreich ist. Mit diesem sollte die Verwaltung beauftragt werden, einen Antrag an den Oberbergischen Kreis mit dem Ziel zu verfassen, eine differenzierte Kreisumlage für den ÖPNV einzuführen. Auch dort gilt das Solidarprinzip, aber: Die Gemeinde Nümbrecht habe die geringsten ÖPNV-Kilometer im Kreis. „Warum sollten wir noch den gleichen Beitrag zahlen, wenn das Prinzip woanders auch nicht mehr gilt“, so Bürgermeister Redenius. „Da geht es um Kompensation.“ Die Mitglieder des Ausschusses sahen diesen Teil aber anders. Hellbusch warnte davor, damit die angesprochene Entwicklung erst recht noch anzufeuern. Auch Ira Hennecken (SPD) hielt diese Vorgehensweise „für die Stimmung nicht zuträglich“.

 

Es wurde getrennt abgestimmt. Der Ausschuss empfahl dem Rat dabei einstimmig, dass die entsandten Nümbrechter Mitglieder beim Zweckverband bei der Versammlung gegen die Satzungsänderung stimmen sollen. Für den zweiten Teil des Beschlussvorschlags stimmte kein Ausschussmitglied, es gab nur drei Enthaltungen.

 

Aus dem Ausschuss
 

Lange Zeit sehr stabil waren die Besucherzahlen im Schwimmbad Element. Ab 2008 bis zur Schließung aufgrund der Pandemie 2020/2021 lösten zwischen rund 24.500 (2018) bis zu 34.800 (2015) Gäste jährlich ein Ticket. 2022 kamen nach Corona etwa 17.500, 2023 nach einer nötigen Preisanpassung nur noch circa 15.500 Menschen. Auch wenn andere Schwimmbäder ebenso mit Besucherrückgängen zu kämpfen hätten, möchte Nümbrecht den freien Fall aufhalten, sagte Fachbereichsleiterin Alice Groß.

 

Generell seien alle Besuchergruppen rückläufig, besonders aber die jüngere Generation. Diese wolle man nun mit einer Sommerflatrate in den ersten vier Wochen der Sommerferien locken. Für 30 Euro sollen Kinder und Jugendliche in dieser Zeit so oft kommen können, wie sie (und ihre Eltern) möchten. Außerdem soll wieder mehr Werbung für das Bad gemacht werden, unter anderem im Rahmen einer Kooperation mit der OVAG. Die Wiedereinführung des Warmwassertags wiederum möchte Bürgermeister Redenius eigentlich nicht diskutieren, da er für die Gemeinde zu kostenintensiv und nicht nachhaltig sei.  

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