POLITIK
Rolle rückwärts bei Grundsteuer-Hebesätzen
Waldbröl – Nach einem Urteil in Gelsenkirchen werden aus den differenzierten Hebesätzen für die Grundsteuer B wieder einheitliche – Aber wie hoch fällt der Hebesatz aus?
Von Lars Weber
Nach der Abstimmung im Haupt- und Finanzausschuss in der vergangenen Woche schien die Sache eigentlich klar. Die Stadt Waldbröl bleibt bei den differenzierten Hebesätzen für die Grundsteuer B, also der Unterscheidung zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken. Auch die Höhe wurde festgelegt. Doch nur einen Tag später veränderte ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen die Denkweise. Das Gericht entschied, dass die differenzierten Hebesätze gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen (Hier gibt es eine Mitteilung zum Urteil). Geklagt hatten Eigentümer von Grundstücken in den Städten Bochum, Essen, Dortmund und Gelsenkirchen. Waldbröl hat nun umgehend reagiert und entschied sich in einer kurzfristig einberufenen Sitzung des HFA vor dem Rat am Mittwoch dazu, zum einheitlichen Hebesatz bei der Grundsteuer B zurückzukehren. Die Frage ist nur noch: Wie hoch soll er sein?
Bürgermeisterin Larissa Weber erinnerte daran, weshalb man sich bei der Entscheidung vor rund einem Jahr für die differenzierten Hebesätze entschieden hatte. „Es ging darum, die Bürger nicht stärker zu belasten.“ Schon damals war klar, dass ein gewisses Risiko den differenzierten Hebesätzen anhaftete. „Diesem Risiko waren wir uns bewusst“, so Weber weiter. Dafür hatte die Marktstadt die Satzung damals nur auf ein Jahr festgeschrieben, um bei einer neuen Faktenlage reagieren zu können- dies ist nun eingetreten. Aus Sicht der Kämmerin Anja Brauer habe das Urteil Signalwirkung für alle Kommunen, so hat Engelskirchen beispielsweise schon reagiert (OA berichtete).
Schaden sei durch die Vorgehensweise der Stadt nicht entstanden, betonte Bürgermeisterin Weber bei der Sitzung. Denn: Das Jahr 2025 ist nicht mehr betroffen, weil die Bescheide bestandskräftig sind, so Kämmerin Brauer. Die Erstellung der Bescheide für das kommende Jahr habe Brauer nach dem Urteil umgehend gestoppt. Für die Stadt habe es nur Probleme geben können, wenn sie an ihrer Satzung mit den differenzierten Hebesätzen festgehalten hätte. Dann sei sogar ein „Supergau“ möglich gewesen: ein kompletter Einnahmeausfall für die Grundsteuer B des Jahres 2026.
Mit der Kursänderung sei dies verhindert worden. Kämmerin Brauer und ihr Team setzten sich nach dem Urteil wieder hin und errechneten neue Hebesätze für die Grundsteuer B. Maßgeblich dafür waren die Vorgaben und Zahlen des Landes, welcher Hebesatz die Stadt mindestens erheben muss, damit Waldbröl im Vergleich zum vorherigen Grundsteuerrecht nicht weniger, aber auch nicht mehr Geld einnimmt, also aufkommensneutral ist. Demnach sieht der Vorschlag der Verwaltung eine Grundsteuer B über 925 Prozent vor, bisher sind es 815 Prozent (Wohnen) und 1.309 Prozent (Nichtwohnen). Brauers Beispielrechnungen zeigten dabei: Im Bereich Wohnen könnte auf die Bürger im Vergleich zum Vorjahr wieder eine etwas größere Abgabe zukommen. Im Bereich des Nichtwohnens, also zum Beispiel Geschäftsgrundstücke, Vereinsheime, Wochenendhäuser oder auch unbebaute Grundstücke, werden Eigentümer teils immens von der Regelung profitieren und weniger Steuern überweisen müssen als 2025.
Mit den 925 Prozent nicht einverstanden zeigte sich die Politik. CDU-Fraktionschef Martin Wagner schlug stattdessen 875 vor, „um die Belastung der Bürger nicht zu verstärken“. Dem schloss sich UWG-Kollege Roger Helzer (UWG) an, er schlug sogar 870 vor. Auch die SPD mit Sascha Strutz sah das Potenzial, bei den Vorschlägen mitzugehen. Ganz im Gegensatz zur Kämmerin. Anja Brauer machte deutlich, dass bei einem Grundsteuer B-Hebesatz von 870 kein Anzeigehaushalt mehr möglich sei, es sei denn man finde für die kommenden vier Haushalte fast 300.000 Euro Einsparpotenzial im Haushalt – jährlich wohlgemerkt. Bürgermeisterin Weber erinnerte daran, dass die Stadt mit den 925 Prozent nicht mehr Geld einnehme, dieser Satz also keiner Steuererhöhung gleichkomme. Beratungsbedarf wurde aus der Politik angemeldet. Daher wird über die Höhe der Grundsteuer B erst im kommenden Jahr am 14. Januar entschieden.
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