POLITIK
Rettungsdienst: Finanzierungslücke in Millionenhöhe droht
Oberberg – Die Krankenkassen und der Oberbergische Kreis blieben ohne Einigung am Verhandlungstisch beim Thema Rettungsdienstgebühren – Fehlfahrten bleiben Streitpunkt – Juristische Schritte werden geprüft – Schafft der Gesetzgeber Klarheit?
Von Lars Weber
Im Streit um die Gebühren für den Rettungsdienst mit den Krankenkassen beabsichtigt der Oberbergische Kreis nun mit fünf weiteren betroffenen Kreisen eine rechtliche Prüfung der Verfahrensweise der Kostenträger. Dies hat Kreisgesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach bei der in dieser Wahlperiode letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch beim DRK Kreisverband in Marienheide mitgeteilt. Ultimativ hofft der Kreis vor allem darauf, dass der Bund als Gesetzgeber endlich Klarheit schafft beim Thema Fehlfahrten.
Noch bei den Sitzungen vor den Sommerferien hatte Kreisdirektor und -kämmerer Klaus Grootens Alarm geschlagen. „Es geht um richtig viel Geld“, sagte er damals (OA berichtete). Hintergrund ist, dass der Kreis seit 2022 im Gebührenhaushalt des Rettungsdienstes Überschüsse erwirtschaftet. Die Gebührensatzung basierte auf den Vorgaben des Rettungsdienstbedarfsplans 2020 und berücksichtigte sämtliche kostenrelevanten Faktoren. Unter anderem wurde damals damit gerechnet, schon früher in die Bauphasen für die neuen Rettungswachen einzutreten, was sich stellenweise aber noch hinzieht (OA berichtete). Gemäß des Kommunalabgabengesetzes müssen Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraums innerhalb von vier Jahren abgebaut werden. Daher hat der Kreis das Gespräch mit den Kostenträgern gesucht und eine neue Gebührenkalkulation vorgelegt.
Doch auch wenn der Kreistag die neuen Gebührenordnung bei der Juni-Sitzung einstimmig beschlossen hat, so blieb bis zuletzt ein großes Streitthema mit den Krankenkassen auf dem Tisch: die Fehlfahrten. Die Definition dieser „Fehleinsätze“ im Sozialgesetzbuch ist nach Meinung des Kreises veraltet. Denn eine Fehlfahrt liegt nach aktuellen Richtlinien stets dann vor, wenn ein Transport zum Krankenhaus nicht erfolgt. Dabei gibt es unterschiedlichste Gründe, warum der Rettungsdienst gerufen wird und ein Transport eines Patienten dann aber doch nicht erfolgt – weil es ihm besser geht, weil er verstorben ist, weil der Rettungsdienst bei Brandeinsätzen bereitgestellt wurde.
Bisher einigten sich Landkreise und Krankenkassen bei diesem Thema stets. Nun aber, so der Kreis, sind die Kassen der Kostenträger leer, und die Bereitschaft für eine Lösung nicht vorhanden gewesen. Zwischenzeitlich haben nun die Krankenkassen mit Wirkung zum 1. Juli eine neue Gebühr festgesetzt, die „deutlich unter der in der Gebührensatzung des Oberbergischen Kreises liegt“. Schmallenbach: „Wenn wir uns die Gebühren ansehen, haben die Kassen um 20 Prozent gekürzt, das ist erheblich“. Und bringt den Kreis in Handlunszwang. Zwar gebe es kurzfristig durch den erwirtschafteten Überschuss – immerhin 9 Millionen Euro liegen sozusagen auf der hohen Kante - keine Probleme, doch über kurz oder lang würde die Problematik den Kreishaushalt belasten.
Der Kreis werde seine Abrechnungen nun an die Kassen schicken und sehen, wie dort damit umgegangen werden. Die Befürchtung: „Das wird eine längere Auseinandersetzung“, so Schmallenbach. Die Prüfung der Rechtslage sei nun der „Versuch, sich zu wehren“. „Die Rechtsanwälte sollen klären, ob es eine Chance gibt“, so Schmallenbach weiter. „Es ist bedauerlich, wenn sich Vertragspartner nicht mehr verständigen können, weil der Bund nicht für Klarheit sorgt.“ Die Regelung der Fehlfahrten stammt nämlich noch aus den 70er- oder 80er-Jahren. Seitdem hat sich der Rettungsdienst aber entwickelt, er erfüllt ganz andere Aufgaben und Funktionen als damals. Nur: Angepasst wurde die Regelung im Sozialgesetzbuch vom Gesetzgeber nie. „Und ich habe die Sorge, dass ihm das auch nicht gelingt“, so der Dezernent weiter.
Dabei sei die Information aus Berlin, dass im Herbst ein Gesetzesentwurf auf den Tisch kommen soll. „Das darf dann nicht schwammig formuliert sein“, meint Schmallenbach. Ina Albowitz (FDP) zeigte sich bestürzt über die Entwicklung und die Arbeit in Berlin. „Hier geht es um Millionenbeträge, das muss dem Bund doch zu vermitteln sein!“
KOMMENTARE
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Dann kann sich der OBK ja der Bundesratsinitiative Brandenburgs anschließen, welche eine Reformation diesbezüglich fordert.
Das Problem „Fehlfahrten“ existiert aber auch nicht erst seit 2,3 Jahren, sondern ist schon länger bekannt. Wieso wird erst jetzt versucht, eine Reform anzustreben, wo der Kreis/ das Amt37 plötzlich eine Geldnot auf sich zukommen sieht?
Seit der Rekommunalisierung wurde nur so mit Geld um sich geworfen, jetzt sieht man plötzlich seine Felle davonschwimmen.
Aber hey, so ist das halt beim Kreis. Geld ausgeben, mit dem man eigentlicher nicht mehr rechnen kann.
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