POLITIK

Positives Votum für Haushalt in negativer Atmosphäre

lw; 14.12.2023, 10:37 Uhr
Symbolfoto: Louis auf Pixabay
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Positives Votum für Haushalt in negativer Atmosphäre

lw; 14.12.2023, 10:37 Uhr
Nümbrecht – Verabschiedung des Zahlenwerks mit großer Mehrheit – Fast wird die schwarze Null erreicht – Sticheleien zwischen Fraktionen.

Von Lars Weber

 

Mit einer breiten Mehrheit ist am Dienstagabend bei der Ratssitzung der Haushalt der Gemeinde Nümbrecht verabschiedet worden. Dieser beinhaltet unter anderem die erste von mehreren geplanten Steuererhöhungen, vor allem im Bereich der Grundsteuer B (von 495 auf 675 v.H.), um das primäre Ziel im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren: Bis 2031 muss Nümbrecht genug Gewinne erwirtschaften, um wieder Eigenkapital zu kreieren, was im aktuellen Spannungsfeld von Ukrainekrieg, Inflation, steigenden Bau- und Energiepreisen sowie der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen alles andere als leicht ist. Bei der Abstimmung und in den Haushaltsreden zeigte sich einmal mehr, dass die Atmosphäre im Rat negativ aufgeladen ist.

 

Dabei hatte Kämmerer Reiner Mast noch am Montag bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses die aktuellen Zahlen für den Haushaltsentwurf vorgelegt, die sich im Vergleich zur Einbringung Ende Oktober verbessert hatten. Stand vor anderthalb Monaten noch ein Defizit von 1,46 Millionen Euro unter dem Strich (OA berichtete), nähert sich die Verwaltung nun im Plan mit einem Minus von 66.000 Euro der schwarzen Null an. Grund dafür sind vor allem Veränderungen bei Leistungen für Asylbewerber durch den Bund, wodurch dieser ab 2024 für jeden Asylerstantragssteller eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro zahlt. Dadurch würden nicht nur im Haushalt des kommenden Jahres, sondern auch in den Jahren darauf jährlich rund eine Million Euro eingespart, sodass nach jetzigem Stand sogar früher als zuletzt geplant im Jahr 2030 wieder Eigenkapital gebildet werden kann.

 

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Helfen wird darüber hinaus auch die Übernahme des Sportparks durch die Gemeindewerke Nümbrecht (GWN), die gestern bei drei Gegenstimmen (Grüne) und zwei Enthaltungen abgenickt wurde. Das anwachsende Minus des Angebots, das durch GWN-Investitionen mittelfristig ins Plus verkehrt werden soll (OA berichtete), wird den Haushalt der Gemeinde in der Bilanz so nicht mehr belasten.

 

Deutliche Kritik am Haushalt kam aus den Fraktionen der Grünen und der SPD sowie – weil entschuldigt abwesend – von der WGHL. Die Grünen hatten sich laut Fraktionschefin Andrea Saynisch extra einen Haushaltsexperten an die Seite geholt, um das Zahlenwerk zu durchleuchten, um ihre „Hausaufgaben“ zu erledigen. Dazu seien sie „etliche Male zu Unrecht“ aufgefordert worden. Nun nahm die Fraktion diesen Auftrag offensichtlich sehr ernst. Fazit: Der anfangs vorgestellte Haushaltsentwurf sei nicht beratungsfähig und erheblich korrekturbedürftig gewesen.

 

Es folgte ein intensiver Austausch mit der Verwaltung und in der Politik während der Beratungen. „Von den meisten Ratskolleginnen – und kollegen gab es kein Verständnis.“ Sie seien auch als Nervensägen betitelt worden. Aufgrund der Masse an Nachfragen sei es für die Grünen zu früh, den Haushalt zu verabschieden, auch weil das Zahlenwerk „leider ständig verändert“ wird. Die Ablehnung des Haushalts wollte Saynisch nicht als ablehnende Haltung der darin aufgeführten Investitionen für Feuerwehr oder Bildung verstanden wissen. „Das sind notwendige Aufgaben, die wir zu jeder Zeit im angemessenen Verhältnis unterstützen.“

 

Ira Hennecken, die Vorsitzende der SPD-Fraktion, wehrte sich gegen Vorwürfe, dass sie nur Mitläufer der Grünen seien, deren Arbeit bei den Beratungen sie aber ausdrücklich lobte. Die Sozialdemokraten wollen sich weiter für soziale und wichtige Infrastrukturprojekte einsetzen. Zustimmen konnte sie dem Haushalt aber nicht. Dafür seien im Vergleich zum Vorjahr keine wesentlichen Verbesserungen seitens der Verwaltung erzielt worden. Nur der Buchungsgewinn durch die Übernahme des Sportparks durch die GWN reiche nicht aus.

 

„In einer Zeit, in der die Bürger durch allerlei äußere Einflüsse wie die Inflation, Ukraine-Krieg sowie durch hausgemachte Klientel- und total fehlgeleitete Ampel-Politik bis an die Grenze des zumutbaren belastet werden, fällt der fantasielosen Nümbrechter Gemeindeverwaltung nur die Erhöhung der Steuern ein“, schreibt wiederum WGHL-Vorsitzender Rainer Galunder in seiner Haushaltsrede, die der Redaktion vorliegt. Geld sei im Land genügend vorhanden. „Es muss nur richtig eingesetzt werden.“

 

Auf jene Mehrbelastungen und Zusatzaufgaben für die Kommunen (Corona, Krieg, Energie, Personalkosten und weiteres) ging auch CDU-Fraktionschef Manfred Henry Daub ein. „Es ist kein Geheimnis, dass die Kommunen finanziell mit dem Rücken zu Wand stehen.“ Wenn dann wie in Nümbrecht im vergangenen Jahr noch ein erheblicher Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen beziehungsweise Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe dazukommen, stehe man vor einer „schier unlösbaren Aufgabe“.

 

Noch mehr Einsparpotenzial, nach dem auch unter Aufsicht der Kommunalaufsicht geforscht wurde, sieht Daub kaum, höchstens in den nicht förderfähigen Projekten des Integrierten Handlungskonzeptes zur Stadtentwicklung. Dagegen tragen die Übertragung des Sportparks auf die GWN oder die beschlossene Satzung über die Errichtung und den Betrieb sowie die Erhebung von Benutzungsgebühren von Übergangsheimen und Notunterkünften zur Verbesserung des Haushaltsergebnisses bei. Daub gab das Ziel aus, die für 2025 geplanten Steuererhöhungen zu vermeiden. Zum Schluss äußere er noch Verwunderung über die Grünen: Dass sich ein Entwurf dynamisch weiterentwickelt, liege in der Natur eines Entwurfs.

 

Angesichts der grünen Fragenflut im Verlauf der Beratungen blieb auch die Haushaltsrede des FDP-Fraktionsvorsitzenden Carsten Frommhold nicht ohne Kommentar. Die formelle Prüfung des Zahlenwerks obliege der Kommunalaufsicht, und nicht einer Partei. Mit zwei blauen Augen sei die Gemeinde nun davongekommen, sagte Frommhold angesichts des aktuellen Planergebnisses und der Erhöhung der Steuern. Den Ursprung der Misere der finanziellen Probleme der Kommunen in NRW sieht er in der Entscheidung in den 1960er-Jahren, die überörtliche Sozialhilfe in die Hände der Städte und Gemeinden zu legen. Die Kommunen in jenen Bundesländern, die sich damals anders entschieden hätten, stünden viel besser da. „Das ist das Geheimnis hinter der Schuldenkarte in Deutschland.“ Vor diesem Hintergrund kündigte er Zustimmung zum Haushalt an.

 

GUD-Chef Wilhelm Weber wies ebenfalls auf die Abhängigkeit der Kommune von den Entscheidungen von Bund und Land hin. Trotzdem findet er, dass Nümbrecht mit dem Haushalt die richtigen Akzente setze. Weber richtete aber auch Worte an seine Ratskollegen. Noch 2021 hatte er die Hoffnung geäußert, dass sich die Nümbrechter Politik nicht im Klein-Klein zerstreitet. „Leider habe ich in dieser Zeit manchmal das Gefühl, dass wir unsere Diskussionskultur verlieren und uns über unsinnige Dinge streiten, ohne auch nur eins unserer 1.000 Probleme zu lösen."

 

23 Ja-Stimmen (CDU, FDP, GUD) gab es für den Haushalt, neun Ratsmitglieder (Grüne, Teile der SPD, WGHL) stimmten dagegen. Enthaltungen gab es keine.

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