POLITIK

Passt da noch was zwischen?

lw; 02.09.2023, 07:01 Uhr
Foto: Lars Weber.
POLITIK

Passt da noch was zwischen?

  • 0
lw; 02.09.2023, 07:01 Uhr
Wiehl – Bei einem Pilotprojekt werden die Nachverdichtungsmöglichkeiten im Gewerbegebiet Bomig unter die Lupe genommen – Auch der Ausbau erneuerbarer Energien war Thema im Wiehler Entwicklungsausschuss.

Von Lars Weber

 

Mangelware sind in Wiehl inzwischen neue Gewerbeflächen geworden. Umso interessierter schaut die Verwaltung und die Politik auf ein Pilotprojekt, das vom Kreis bei der Oberbergischen Aufbaugesellschaft (OAG) angesiedelt worden ist. Diese ist seit 1963 aktiv in der wirtschaftsnahen Strukturentwicklung in Oberberg tätig. Im Mittelpunkt des neuen Projekts steht die ganzheitliche Nachverdichtung von Gewerbeflächen. In einem ersten Aufschlag zum Thema hat sich die OAG im Detail mit dem Gewerbegebiet Bomig auseinandergesetzt und erste Ergebnisse nun dem Wiehler Entwicklungsausschuss vorgestellt. Obwohl die Aufschlüsselung der rund 80 Hektar schon einige Daten lieferte, fehlten den Ausschussmitgliedern noch Antworten auf die wichtigsten Fragen.

 

Der künftige Umgang mit den verfügbaren Flächen in der Region ist geprägt von einem Spagat, den Kreis und Kommunen schaffen müssen. So nimmt der Druck auf die Fläche in immer stärkerem Maße zu. Einerseits bestehe eine permanente Nachfrage nach Gewerbeflächen zur Standortsicherung von regionalen Firmen, andererseits geht es um Flächen für potenzielle Neuansiedlungen, um als Wirtschaftsstandort attraktiv zu bleiben.

 

Zugleich herrsche eine Konkurrenz zwischen Wohn-, Landwirtschafts-, Verkehrs-, und Erholungsflächen. Um diese bestehenden Nutzungskonkurrenzen zu minimieren und im Interesse des Klima- und Freiraumschutzes eine Reduzierung neuer Flächenversiegelungen zu erreichen, sollen Strategien und Lösungsansätze entwickelt werden, um bereits versiegelte Flächen effektiver zu nutzen. So erklärte Nicole Grießmann von der OAG die Motivation für das Projekt, das auch Teil des Programms KUNO (Klima-Umwelt-Natur Oberberg) des Oberbergischen Kreises ist.

 

Zu Beginn der Arbeit stand das Sammeln von Daten. Wer ist Eigentümer der Flächen, welche Unternehmen sind angesiedelt, welche Nutzungen sind vorhanden, welche baurechtliche Themen gibt es im Gebiet, wie viele Freiflächen gibt es? Vor allem versuchte die OAG Potenzialflächen zu ermitteln, mit denen künftig unter Umständen gearbeitet werden könnte. Insgesamt 16,4 Hektar kamen dabei zusammen. Die meisten Flächenreserven (43 Prozent) fand Grießmann auf bereits bebauten Grundstücken, vor allem durch sogenannte Mindernutzung aufgrund einer Lagerfläche oder weil dort wenig genutzte Parkplätze untergebracht seien – wobei sich schon gezeigt habe, dass die Unternehmen die Lagerflächen wirklich benötigten.

 

Die Besitzverhältnisse zeigen, wie schwierig das Thema Nachverdichtung in solch einem Gewerbegebiet wie Bomig ist. Nur 13 Prozent der Fläche ist im Besitz der öffentlichen Hand. Und dabei handelt es sich vornehmlich um Straßen, sieht man vom Bau- und Betriebshof von Straßen.NRW einmal ab. Der Rest ist bereits veräußert und gehört privaten Eigentümern beziehungsweise Unternehmen. Das heißt: Abgesehen vom Thema Mobilität gehen sämtliche mögliche Optimierungsmaßnahmen – von Erweiterungen in die Höhe, das optimale Ausnutzen der Fläche oder ökologische Verbesserungen wie Dach- oder Fassadenbegrünung – nicht ohne  die Unternehmen.

 

WERBUNG

Und genau da möchte die OAG im nächsten Schritt ansetzen. „Als nächstes sollen die Unternehmen befragt werden, wo sie die Potenziale sehen“, so Grießmann. Auf dieser Grundlage solle es weitergehen mit einer bedarfsorientierten Planung. Dann soll es also konkreter werden.

 

Hier gab es im Plenum auch kritische Stimmen. Carlo Riegert, Fraktionsvorsitzender der SPD, hatte den Eindruck, dass trotz der umfangreichen Arbeit der OAG kaum reale Möglichkeiten erkennbar seien, um weitere Flächen tatsächlich entwickeln zu können. Der Hinweis, das auch die rund 2.000 Quadratmeter ökologische Ausgleichsflächen in Bomig genutzt werden könnten, stimmte Riegert nicht zufriedener. Die Unternehmen würden ihre Reserveflächen jedenfalls kaum hergeben, was auch Andre Lang (CDU) unterstrich.

 

Als einen Hebel machten zum Beispiel Ausschussvorsitzender Sören Teichmann (CDU) oder auch Dominik Seitz (FDP) die Parkflächen aus. „Das ist in Bomig das Problem: die riesengroßen Parkplätze“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende. Gerade hier wäre es sinnvoll, in die Höhe zu bauen, mit großen Parkpaletten, so Teichmann, der auf ein Beispiel in den Niederlanden verwies, bei dem das Gewerbegebiet um solch ein Parkhaus entstanden sei. Grießmann verwies darauf, das nun die weiteren Ergebnisse abgewartet werden müssen. Die Hoffnung der OAG sei, die Arbeit aus Bomig auch auf andere Gewerbegebiete übertragen zu können.

 

Bürgermeister Ulrich Stücker betonte, dass das Pilotprojekt für die Stadt auf jeden Fall sinnvoll sein wird. Denn selbst wenn herauskomme, dass in einem Gewerbegebiet wie Bomig keine Nachverdichtung generiert werden kann, könnte der Stadt diese Analyse in der Diskussion um die „Bebauung einer grünen Wiese“, also der Ausweisung neuer Gewerbegebiete, weiterhelfen.

 

Aus dem Ausschuss

 

Um Potenziale ging es auch im Vortrag von Nicolas Heinrich von AFC Consult. Das Büro beschäftigte sich mit den Möglichkeiten für den Ausbau erneuerbarer Energie in Wiehl. Die Stadt habe mit dem Leitfaden Wiehl 2035 schon einige Schritte in die richtige Richtung gemacht, lobte Heinrich.

 

In der Analyse von AFC habe sich gezeigt, dass in Wiehl vor allem bei der Photovoltaik das meiste Potenzial gegeben sei. Die Nutzung von Sonnenenergie sei zugleich bereits jetzt am meisten ausgebaut. Vor allem Photovoltaikanlagen auf dem Dach sorgten momentan für 7.914 kW, die im Jahr produziert würden. „Und da gibt es noch viel mehr Potenzial nach oben.“ Auf Platz zwei der Potenzial-Rangliste liegt die Verwertung von Biomasse, gefolgt von Windenergie. Auf dem letzten Platz liegt die Wasserkraft. „Das Potenzial ist bereits ausgeschöpft mit zwei Anlagen.“

 

Das Büro empfiehlt der Stadt, eine zentrale Stelle einzurichten, um alle Bemühungen rund um das Thema zu bündeln und zu koordinieren. Der anfängliche Fokus sollte auf Photovoltaikanlagen liegen. Später sollte auch die Möglichkeit der Gründung von Betreibergemeinschaften ausgelotet werden, um zum Beispiel die Bürger finanziell vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren zu lassen. Im Falle von Wind- und Bioenergie sollte über kommunenübergreifende Kooperationen nachgedacht werden.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG