POLITIK

Mit 5,1 Millionen Defizit haarscharf dem Nothaushalt entkommen

ls; 07.03.2024, 09:00 Uhr
POLITIK

Mit 5,1 Millionen Defizit haarscharf dem Nothaushalt entkommen

ls; 07.03.2024, 09:00 Uhr
Wipperfürth - Steigende Kosten verursachen ein dickes Minus in dem unter Vorbehalt verabschiedeten Haushalt - Enorme Investitionen in der Schullandschaft - Beigeordneter wird nicht wiedergewählt.

Von Leif Schmittgen

 

Der neue Wipperfürther Kämmerer Jens Groll hätte sich sicherlich einen schöneren Amtsantritt gewünscht, als im Haushaltsentwurf ein Defizit von gut 5,1 Millionen Euro auszuweisen. Im vergangenen Herbst hatte er die Geschäfte von Martin Häck übernommen, der im Jahr davor noch ein leichtes Haushaltsplus präsentieren konnte. Bereits der Einbringung im vergangenen Dezember berichte Groll, dass man nur wegen einer Gesetzesänderung des Landes nicht in den Nothaushalt rutschen würde und damit einen Großteil finanzieller Autonomie opfern müsste. Dieses beinhaltet Vereinfachungen und Lockerungen, die es möglich machen, dassd negative Ergebnisse nicht zwangsläufig zum Abstieg in das Haushaltssicherungskonzept führen. „Du hast erst verloren, wenn du aufhörst, es zu versuchen“, hatte der Kämmerer damals als Devise ausgegeben und trotz der schlechten Ausgangssituation alles daran gesetzt,  in Selbstbestimmung zu verweilen.

 

Der Wegfall des Isolierungsgesetzes zum Ukrainekrieg und der Corona-Pandemie und der Unterbringung von Flüchtlingen machen in Wipperfürth unter dem Strich rund 15 Millionen Euro aus, die es nun anders zu erwirtschaften gelte. Hinzu kommen stark gestiegene Personalkosten von circa 1,5 Millionen Euro, resultierend aus deutlichen Tarifsteigerungen. Außerdem kalkuliert Groll mit deutlich weniger Schlüsselzuweisungen. Knapp 60 Prozent des Gesamtetats machen 2024 die Steuereinnahmen aus.

 

Eckdaten des Haushalts

 

Erträge (in Klammern: Vergleich zum Vorjahr)

 

Insgesamt: 77.070.493 Euro (76.543.987 Euro)

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Gewerbesteuer: 21.000.000 Euro (17.000.000 Euro)

Einkommensteuer: 13.030.000 Euro (12.660.000 Euro)

Grundsteuern: 6.615.000 Euro (4.920.000 Euro)

Zuweisungen des Landes: 9.798.858 Euro (7.673.502 Euro)

Umsatzsteuer: 2.490.000 Euro (2.370.000 Euro) 

 

Aufwendungen

 

Insgesamt: 82.171.862 Euro (76.306.241 Euro)

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Kreisumlage: 12.630.000 Euro (13.680.571 Euro)

Personal- und Versorgung: 19.401.766 Euro (18.497.893 Euro)

Gewerbesteuerumlage: 1.563.900 Euro (1.266.000 Euro)

 

Fehlbetrag: - 5.101.369 Euro (+ 237.746 Euro)

 

Der gesamte Haushaltsplanentwurf ist hier einzusehen

 

Bei den Aufwendungen machen etwa  40 Prozent die  Transferaufwendungen aus. Darin sind unter anderem die Kreisumlage sowie Kita- und Jugendhilfen enthalten. Es folgen die Personalaufwendungen. Die höchsten Investitionen der kommenden Jahre hat man in Wipperfürth beim Umbau der Schulen (Siehe Infokasten) sowie der Modernisierung der kommunalen Liegenschaften vor der Brust. Nach Jahren ohne Veränderung muss deshalb auch die Grundsteuer B deutlich um 230 Prozentpunkte angehoben werden. Das bedeutet eine monatliche Mehrbelastung bei einer Eigentumswohnung von 9,50 Euro und bei einem Haus von  13,75 Euro. Man verspricht sich dadurch jährliche Mehreinnahmen von 6,4 Millionen Euro.

 

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Eine weitere Anhebung plant man ab 2025 bei der Gewerbesteuer. Bei der gestrigen Ratssitzung hatten sich alle Fraktionen Gedanken gemacht, wie man in Zukunft weitere Gelder einsparen kann, um die Kommune handlungsfähig zu halten, entsprechend viele Anträge wurden eingebracht. So einigte man sich auf eine Verschlankung bei dem Modernisierungsarbeiten des Gebäudemanagements von etwa 340.000 Euro. Vorerst dem Rotstift zum Opfer fiel auch der mit 300.000 Euro veranschlagte Pumptrack für Mountainbikes, denn bislang sei die bis zu 90-prozentige Förderung nicht sicher und auch über einen Standort habe man sich bislang nicht einigen können. Abgelehnt wurde ein Antrag hinsichtlich der Anhebung der Grundsteuer A um 40 Prozentpunkte. Mehrheitlich entschied das Gremium, die Landwirte nicht noch weiter zu belasten. 

 

Nicht sparen möchte man beim Tierschutz, die Fundtierpauschale sollte von derzeit 29.000 Euro auf 50.000 Euro erhöht werden. Zwar wurde der Antrag hierzu zunächst abgelehnt, weil man noch in dieser Woche mit den Anrainer-Kommunen Engelskirchen, Lindlar und Halver einen Konsens finden möchte, der Kämmerer aber nimmt das Geld bereits vorsorglich auf. Hintergrund ist die große finanzielle Not des Tierheims Wipperfürth. Ebenso investiert man in den Brandschutz. Bei der Feuerwehr stehen etliche Modernisierungen an. Bei einer Gegenstimme wurde der Haushalt verabschiedet, vorbehaltlich der Veröffentlichung des bereits verabschiedeten Gesetzes bezüglich des Spielraums beim Nothaushalt. Dies wird in den kommenden Wochen erwartet. 

 

Rat kompakt

 

  • Alle politischen Fraktionen haben sich darauf verständigt, den derzeitigen Beigeordneten Dirk Kremer nicht für weitere acht Jahre wiederzuwählen. Somit scheidet er am 30. September aus dem Amt aus, offenbar war man auf politischer Seite unzufrieden mit der Arbeit des 2016 gewählten Beigeordneten. Uneinigkeit herrschte aber darüber, wie die Stadtverwaltung künftig aufzustellen ist. CDU und Grüne stimmten gegen einen SPD-Antrag, sich auf eine daraus resultierende Satzungsänderung zugunsten eines Allgemeinen Vertreters auszusprechen. Welches Fachgebiet ein möglicher neuer Beigeordneter künftig bekleiden soll, ließen beide Fraktionen auf SPD-Anfrage offen. Man vertagte die finale Entscheidung auf die nächste Ratssitzung im April.

 

  • Einen Meinungswechsel gab es bei der CDU in Bezug auf die 2012 mehrheitlich beschlossene Abbindung der Hochstraße im Rahmen des Integrierten Handlungskonzepts  (InHk). Denn die bisherigen Umbaumaßnahmen hatten laut Fraktionschef Jörg Heckersbruch bereits zu der anvisierten Verkehrsberuhigung im Zentrum geführt. Die Verwaltung hätte bei der Bezirksregierung  Möglichkeiten einer Aufhebung des Vorhabens erfragen sollen. Alle weiteren Fraktionen lehnten das Vorhaben nach langer Diskussion allerdings ab, weil man sonst die Rückzahlung von Fördermitteln befürchten müsse. Auch die von den Christdemokraten vorgebrachten Stimmen von Händlern und Bevölkerung seien nicht mehrheitlich. Stattdessen sei das Meinungsbild gemischt. 
  • Einstimmig beschloss der Rat die Aufstellung von zwei weiteren Containern, in denen auf dem Gelände der Hauptschule die derzeit unterrichteten Kinder und Jugendlichen der Realschule eine Interimsheimat gefunden haben. Damit wird ein akutes Raumproblem gelöst.
     
  • Mindestens 65 Millionen Euro sollen nach derzeitiger Planung für einen Schulcampus auf dem Mühlenberg ausgegeben werden, aufgrund steigender Baukosten kann das finanzielle Volumen des Vorhabens noch wesentlich höher ausfallen. Erst vor Wochenfrist hatten sich Schul- sowie Bauausschuss für ein vom Planungsbüro Concept K empfohlenes Konzept ausgesprochen. Demnach werde es einen Architektenwettbewerb geben, eine Jury soll über den Sieger entscheiden. Anschließend gibt es einen Realisierungswettbewerb mit Öffentlichkeitsbeteiligung, ehe ein Projektsteuerer beauftragt wird und schließlich die einzelnen Gewerke ausgeschrieben werden sollen.
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