POLITIK
Kreishausneubau: Bergneustadts Politik fordert Sondersitzung des Kreistags
Bergneustadt – Zwei Anträge von SPD und Grünen sorgten im Haupt- und Finanzausschuss für lange Diskussionen.
Von Peter Notbohm
Die Vertreter des Kreises befinden in den oberbergischen Kommunen derzeit auf einer Art Roadshow. In vielen Räten regt sich Widerstand gegen den rund 93 Millionen Euro teuren Ausbau des Kreishauses (OA berichtete). Besonders die SPD-Ortsgruppen schließen sich der Kritik des Kreisverbands der Sozialdemokraten an und versuchen mit Protestnoten und Forderungen nach einer Sondersitzung des Kreistages, um den Beschluss zum Erweiterungsausbau rückgängig zu machen, im Wahlkampf zur anstehenden Kommunalwahl auf Stimmenfang zu gehen.
In Bergneustadt stellte sich Kreisdezernent Stefan Hesse im Haupt- und Finanzausschuss den Fragen der lokalen Politik. Ausführlich berichtete der Verwaltungsfachmann über den zeitlichen Ablauf der Planungen, die bereits 2010 mit der Veröffentlichung des GPA-Berichts, wonach der Gebäudebedarf des Kreises optimiert werden muss, begonnen haben. Weitere Themen waren die geplante Architektur, die Finanzierung und der vorgesehen Ausbauplan.
Zwei Nachrichten hatte Hesse im Gepäck: Die Kreisumlage steige jährlich durch viele Positionen, der Kreishausanbau gehöre aber nicht dazu. Und die Bauabschnitte zwei und drei seien beim Kreis momentan kein Thema. Durch den Neubau, dessen Baubeginn für Oktober 2027 anvisiert ist (noch fehlt der Beschluss des Gummersbacher Stadtrats zum Planungsrecht), können 14 der aktuell 20 angemieteten Immobilien aufgegeben werden – etwa die Hälfte davon befindet sich derzeit im Besitz des Kreises. Langfristig rechnet man beim Kreis mit deutlichen Kosteneinsparungen. Geplant wird mit einem Baupreis von 8.700 Euro je Quadratmeter.
Aus Reihen der SPD Bergneustadt, die den Bedarf eines Neubaus sieht, kam mehrfach der Vorwurf, dass man dem Bürger in Zeiten klammer Kassen und eines Haushaltssicherungskonzepts in Bergneustadt einen Bau in solchen Dimensionen nicht vermitteln könne, auch weil die Kreisumlage ständig steige. Der FWGB-Fraktionsvorsitzende Mehmet Pektas kritisierte hingegen, dass der Kreis offen damit hausieren gehe, dass in den Kosten ein etwa 25-prozentiger Risikozuschlag für einen noch zu bestimmenden Generalunternehmer einkalkuliert ist: „Als Bauunternehmer würde ich anders kalkulieren. Das ist aus meiner Sicht nicht raffiniert, so etwas im Vorfeld öffentlich zu machen.“
Sven Oliver Rüsche (UWG) nannte den Griff in die Pensionsrücklage des Kreises, durch den das Projekt finanziert werden soll, befremdlich. Bergneustadts CDU betonte hingegen die Notwendigkeit des Neubaus. Der Fraktionsvorsitzende Reinhard Schulte kritisierte allerdings, dass der Kreis im Rahmen eines FAQ auf seiner Homepage erst sehr spät mit Zahlen und Fakten an die Öffentlichkeit gegangen. Der SPD warf er „Polemik und einen Missbrauch des Rates“ vor: „Hier geht es ausschließlich um Wahlkampf. Wir haben hier ein vernünftiges Projekt, das seit 15 Jahren geplant wird und für das wir als Stadt Bergneustadt auch nicht zuständig sind.“
Der SPD-Antrag, Landrat Jochen Hagt (CDU) zu einer Sondersitzung des Kreistages aufzufordern, um den Weg für eine kostengünstigere Neuplanung des Raumbedarfs der Kreisverwaltung und einer damit aus SPD-Sicht einhergehenden Senkung der Kreisumlage freizumachen, wurde nach rund 100-minütiger Diskussion mit knapper Mehrheit (8 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen) an den Stadtrat empfohlen, der diese Woche endgültig darüber entscheiden muss. Ähnlich verhielt es sich mit dem nahezu deckungsgleichen Antrag der Grünen (8 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen, eine Enthaltung).
Bürgermeister Matthias Thul (CDU) warnte allerdings, dass man hier eventuell Unmögliches einfordere: „Auch der Kreistag hat eine Geschäftsordnung, wonach man innerhalb von sechs Monaten nicht zweimal über dasselbe Thema beschließen kann.“ Der Kreis hat für Freitag eine Pressekonferenz angekündigt, in dessen Rahmen die Kostenschätzung unter dem Aspekt der möglichen Einsparungen unter Beteiligung weiterer Experten durch einen externen Gutachter vorgestellt werden soll.
Altschuldenprogramm
Der Haupt- und Finanzausschuss hat dem Rat einstimmig empfohlen am Entschuldungsprogramm des Landes NRW teilzunehmen. Die Landesregierung hat angekündigt, verschuldete Kommunen über ein Altschuldenentlastungsgesetz bei der Entschuldung zu unterstützen. Jährlich werden hierfür 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für Bergneustadt geht es um 5,7 Millionen Euro. „Das würde uns in die richtige Richtung helfen“, sagt Bürgermeister Matthias Thul.
KOMMENTARE
1
Neubau notwenidg? Wenn ja, dann sollte man auch mal die Kirche im Dorf lassen und Zweckmäßig bauen und nicht so einen Prunkbau, der nicht vermittelbar ist. Alle müssen sparen! Das sollte auch der Oberbergische Kreis tun. Wahlkampf hin- oder her, dieses Projekt sollte so nicht umgesetzt werden. Dies kann den Steuerzahlern nicht vermittelt werden. Am Ende zahlen es die Kommunen und somit, wie immer, der Steuerzahler. An alle, die das befürworten: So nicht! Keine Steuergeldverschwendung in einem Kreishausneubau. Eine Sondersitzung ist sicher angebracht, um auch die katastrophale Kommunikation des Oberbergischen Kreises mit seinen Bürgern noch irgendwie zu retten.
Hans S., 08.07.2025, 13:38 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
