POLITIK

Klause V: „Wir müssen die Mitte finden“

lw; 19.12.2019, 16:48 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Rund 200 Interessierte kamen ins Lindlarer Kulturzentrum, um die Podiumsdiskussion zu verfolgen.
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Klause V: „Wir müssen die Mitte finden“

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lw; 19.12.2019, 16:48 Uhr
Lindlar – Emotional, aber sachlich diskutierten Lokalpolitiker und Bürger die Erweiterung des Industrieparks Klause – Interessengemeinschaft übergibt Fragenkatalog.

Von Lars Weber

 

Seit 2017 läuft das Bebauungsplanverfahren Klause V, eine interkommunale Gewerbefläche von Lindlar und Engelskirchen. Ebenso lange gibt es Streit um die Pläne. Die Gegner, organisiert in der Interessengemeinschaft für den Erhalt des 25 Hektar großen Waldgebiets, wollen den massiven Eingriff in die Natur unbedingt verhindern. Die Befürworter argumentieren unter anderem mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Bei der zweiten Podiumsdiskussion zu dem Thema am Mittwochabend im Kulturzentrum standen die Fraktionssprecher der im Lindlarer Gemeinderat vertretenen Parteien sowie die Bürgermeister von Lindlar und Engelskirchen auf der Bühne vor rund 200 Zuhörern. Karin Vorländer moderierte die Diskussion und war von Anfang darum bemüht, die Emotionen nicht hochkochen zu lassen. Die wichtigsten Aussagen:

 

Positive und negative Auswirkungen

 

[Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v.li.): Michael Scherer (SPD), Patrick Heuwes (Grüne), Dr. Georg Ludwig (Bürgermeister Lindlar), Dr. Gero Karthaus (Bürgermeister Engelskirchen), Hans Schmitz (CDU) und Harald Friese (FDP).]

 

Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig machte deutlich, dass bereits in Lindlar ansässige Firmen Platzbedarf hätten und erweitern wollten. „Es geht um die Arbeitsplätze der Lindlarer.“ Komme die Gewerbefläche nicht, könnten die Firmen abwandern – und mit ihnen die Jobs. „Zu Klause V gibt es keine Alternative, die Fläche ist die letzte, die Lindlar entwickeln kann, das Ende der Fahnenstange.“ Ludwig räumte aber ein, dass er sich die Entscheidung pro Gewerbefläche nicht leicht gemacht hätte. CDU-Fraktionschef Hans Schmitz sagte, dass durch die Erweiterung etwa 500 Arbeitsplätze entstehen könnten und so weniger Lindlarer pendeln müssten. Patrick Heuwes, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, ermahnte, dass jeder gefällte Baum die Klimakrise verschlimmere. Rainer Ufer vom Nabu und Mitstreiter in der IG kritisierte bei der offenen Fragerunde im Anschluss an die Diskussion, dass ökologische Fakten vernachlässigt werden. „Es geht um Geld!“

 

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Kompensation und Vorgaben für die Unternehmen

 

Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen sorgten für regen Diskussionsstoff. Ludwig versicherte, dass die Fichtenwälder durch einen wertigeren Wald ersetzt werden. Durch die Schäden an den Fichten sei der Wald ohnehin dem Verfall preisgegeben. „Wir werden mehr für den Ausgleich tun, als vom Gesetzgeber gefordert wird“, sagte er. Schmitz ergänzte, dass für die rund 16 Hektar Fichtenwald 48 Hektar Wald an elf Standorten in der Gemeinde sichergestellt wurden. „Natur ist kein Disneyland und nicht einfach so woanders wieder aufbaubar“, sagte dagegen Heuwes über das Ökopunktekonto für den Ausgleich. Michael Scherer, SPD-Fraktionschef, forderte wie auch schon in einem SPD-Antrag geschehen, die Gewerbefläche nachhaltig und ökologisch zu entwickeln, zum Beispiel mit begrünten Dächern und ähnlichen Maßnahmen. „Wir müssen die Mitte finden. Eine Entwicklung funktioniert nur im Dreiklang mit Wirtschaft, Menschen und Natur.“ Die Vorgaben sollten aber unbedingt in den Bebauungsplan einfließen, sonst würden sie nicht umgesetzt. Heuwes ergänzte, dass für jede Firma eine individuelle Lösung gefunden werden müsse. FDP-Fraktionschef Harald Friese unterstützte die Forderung. „Es sollte mit neuen Ideen an die Vorgaben herangegangen werden. Die Natur sollte nicht wegbetoniert werden!“

 

Die Rolle Engelskirchens

 

Dr. Gero Karthaus, Bürgermeister von Engelskirchen, hielt sich in der Diskussion zurück. Durch die spezielle geografische Lage Engelskirchens  wurden seit Jahrzehnten keine neuen Gewerbeflächen ausgewiesen. Dass Klause V ein interkommunales Projekt werden sollte, wurde vor 21 Jahren beschlossen. „Wenn Lindlar die Fläche entwickeln will, sind wir dabei“, sagte Karthaus. Wenn sich Lindlar dagegen entscheidet, werde Engelskirchen dies auch akzeptieren. „Ich bin froh, dass ich die Diskussion nicht am Hals habe.“ Er kritisierte das allgemeine Streben nach immer mehr Wirtschaftswachstum. Das System funktioniere nicht auf Dauer. „Aber keiner will der Erste sein, der Einbußen hat.“

 

[Nach der Podiumsdiskussion hatten die Besucher ein paar Minuten Zeit, um sich auszutauschen. Anschließend konnten sie Fragen stellen und ihre Meinung äußern.]

 

So geht es weiter

 

Stefan Fiedler, Sprecher der IG, erinnerte in der offenen Diskussionsrunde daran, dass über alte Pläne diskutiert werde. Denn ein Grundstückseigentümer würde nicht verkaufen wollen, sodass die Gewerbefläche ohnehin kleiner werde. Scherer griff dies auf. Ein Antrag, der eine Alternativplanung fordere, liege seit Frühjahr bei der Bau-, Grundstücks- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Lindlars (BWG), die als Tochter der Gemeinde das Gebiet für rund 17 Millionen Euro entwickeln würde. „Wir haben noch kein Ergebnis erfahren.“ Auf weitere Nachfrage aus dem Publikum erklärte Bürgermeister Ludwig, dass die Beratungen kompliziert seien. „Da müssen auch Planer ran.“ Er rechne mit einem Ergebnis im Frühjahr. Eine Enteignung des Grundstückeigentümers schloss er aus. Schmitz ergänzte, dass es keine Bauleitplanung auf einem Grundstück geben werde, das nicht der BWG gehört. Er möchte das Gesamtziel, die schnellstmögliche Entwicklung der Fläche, aber nicht aus den Augen verlieren.

 

Das will die IG

 

[Moderatorin Karin Vorländer und Stefan Fiedler, Sprecher der IG.]

 

Die Interessengemeinschaft möchte die Entwicklung der Gewerbefläche Klause V verhindern. Stattdessen soll ein nachhaltiges, ökologisch getriebenes Konzept zur Förderung der Lindlarer Wirtschaft entwickelt werden, bei dem keine Natur geopfert werden müsse. Nach der Diskussion überreichte Fiedler den Politikern einen Fragen- und Forderungskatalog, der auch OA vorliegt. Die IG-Mitglieder erwarten eine „unmissverständliche Beantwortung“ der Fragen oder einen runden Tisch, an dem man sie diskutieren kann. Auf sechs Seiten geht es um ökologische, ökonomische und planerische Aspekte. Die IG fragt unter anderem, wie die Verwaltung zur zunehmenden Gesamtschädigung der Regenationsräume steht oder zu den „extremen Landschaftsveränderungen durch gewaltige Geländeaufschüttungen“ für Klause V. Darüber hinaus fragt sie, welchen Quadratmeterpreis Unternehmen angesichts der hohen Erschließungskosten bereit seien zu zahlen oder wie die Anlieger geschützt werden sollen, falls es zu Erdrutschen kommt. Sie fragt ebenso nach Flächenoptionen in Nachbargemeinden oder welche Möglichkeiten zur Aufstockung es innerhalb des heutigen Gewerbegebiets gibt. Abschließend fordert die IG unter anderem ein eindeutiges Bekenntnis von Verwaltung und Politik zum Erhalt des Waldgebiets Klause V, eine flexible Planung, totale Transparenz gegenüber den Lindlarern und eine Veröffentlichung der anonymisierten Liste der Unternehmen, die in Lindlar Flächenbedarf anmelden, unabhängig von der Erweiterung.

KOMMENTARE

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Beim Betrachten der Bilder dieser Veranstaltung drängt sich mir eine Frage auf:

Wo war die Jugend ?

Walter Mutz

Walter Mutz, 20.12.2019, 09:45 Uhr
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