POLITIK

Keine Beerdigungen unter Windrädern

ls; 23.05.2024, 15:30 Uhr
Symbolfoto: Ulrich Welzel auf Pixabay
POLITIK

Keine Beerdigungen unter Windrädern

ls; 23.05.2024, 15:30 Uhr
Engelskirchen – Bestattungen unter Bäumen sollen bald möglich sein, geht es nach dem Vorhaben des Stiftes Ehreshoven.

Von Leif Schmittgen

 

Bei der gestrigen Sitzung des Engelskirchener Bau- und Infrastrukturausschusses wurden Pläne des Stiftes Ehreshoven für eine neue mögliche Bestattungsform vorgestellt. Wie Stiftungsvorstand Clemens Freiherr von Boeselager berichtete, habe die Einrichtung mit der Firma „Waldruh“ einen Experten mit christlichem Hintergrund für ein mögliches Ruhewaldkonzept im südlichen Gemeindegebiet gefunden. Das Unternehmen betreibt bereits eine ähnliche Anlage am Bodensee und würde die Interessen des Stiftes optimal umsetzen. In den Planungen ist für die Beerdigungen ein 20 Hektar großer Bereich am Heckberg im südlichen Gemeindegebiet vorgesehen.

 

Die Örtlichkeit könnte auf den ersten Blick darauf hindeuten, dass man sich das Areal mit möglichen Investoren von Windkraftanlagen teilen muss (OA berichtete). „Es handelt sich um ein riesiges zusammenhängendes Gebiet“, berichtete der Ausschussvorsitzende Marcus Dräger (CDU) auf Nachfrage und schloss eine mögliche Überschneidung der auszuweisenden Flächen kategorisch aus. Es werde definitiv keine Bestattungen unter Windrädern geben.

 

WERBUNG

„Der Begriff FriedWald ist geschützt“, betonte Matthias Weckbach, der das Vorhaben im Gremium präsentierte. Anlagen unter diesem Namen gibt es beispielsweise nahe Friesenhagen im Wildenburger Land und bei Lohmar. Beide Orte befinden sich nahe der Grenze zum Oberbergischen Kreis. Abgesehen von der Begrifflichkeit aber ähneln sich die Projekte im Kern, nämlich der Bestattung inmitten eines Waldes. „Wir verzichten auf die Möglichkeit einer anonymen Bestattung“, hob Weckbach einen Unterschied beim Projekt "Waldruh" hervor. An Sammelplätzen soll es Plaketten mit Namen des Verstorbenen und einen Hinweis auf die entsprechende Grabstätte geben. „Der Wald bleibt Wald und alle Wege werden in ihrer bestehenden Form erhalten“, betonte der Projektierer. Die Besucher müssten teilweise einige hundert Meter laufen, um die Grabstätte zu erreichen.

 

Auch eine größere Bebauung auf dem Gelände schloss er von vornherein aus. Für eine sogenannte Schutzhütte, die als Unterstand dienen könnte, sei kein Bauantrag nötig. Eine Versammlungsstätte für Trauerfeiern soll unter freiem Himmel realisiert werden. Aus wirtschaftlicher Sicht bringe das Vorhaben außerdem einen Vorteil mit sich, denn über die anteiligen Bestattungskosten würde die Verwaltung jährlich einen fünfstelligen Betrag im Haushalt verbuchen können. „Wir befinden uns in einem sehr frühen Stadium der Überlegungen, die Pläne sollen nun in den Fraktionen diskutiert werden“, gab Dräger einen „Fahrplan“ aus. Vor der nächsten Sitzung im Sommer werde man zudem eine gemeinsame Ortsbegehung planen.

 

Ausschuss kompakt


Einstimmig empfahl das Gremium dem Rat, alle gemeindlich betriebenen Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften künftig als Tempo-30-Zone auszuweisen, um so für eine Verkehrsberuhigung vor allem auf Nebenstraßen zu sorgen.

 

Bereits gestern gab es Bedenken zum Vorhaben. Monika Güdelhöfer (SPD) kritisierte: „Das würdigt die Arbeit der Friedhofspflegevereine herab“, meinte die Ratsfrau. Auch deshalb sieht Gudelhöfer, die sich in einem solchen Verein engagiert (siehe Infokasten unten), das Vorhaben kritisch. Moderater steht dem Thema Matthias Haas (CDU) gegenüber. Auch wenn auf innergemeindlichen Friedhöfen Waldgrabstätten realisiert werden sollen, würden sich die Interessen trotz der ähnlichen Bestattungsart keineswegs überschneiden. Denn die „Zielgruppe“ sei eine andere. In "Waldruh" sind Menschen, die aus Engelskirchen weggezogen sind, ihre Eltern aber in der Heimat beerdigen möchten, angesprochen. Auf den zentral gelegenen Friedhöfen werden die im Ort lebenden Nachkommen auf Wunsch eine Baum-Grabstätte für ihre Vorfahren finden können.

 

Eine Konkurrenzsituation beider Projekte entstehe auch aus Sicht von Udo Berghaus (Vorsitzender Friedhofsverein Wallefeld/Wahlscheid) nicht. Er hatte die Bürgerfragemöglichkeit vor der Sitzung genutzt, um für seinen Verein einen entsprechenden Antrag zur Baumbestattung vorzuschlagen. Offizielle Fraktionsmeinungen zum Thema sollen dann im Sommer geäußert werden.

 

Friedhof-Pflegevereine

 

[Symbolfoto: Albrecht Fietz auf Pixabay.]

 

Vor etwa zehn Jahren stand die Schließung von drei gemeindlichen Friedhöfen (Wallefeld/Wahlscheid, Osberghausen und Schnellenbach) zur Debatte, weil die Gemeinde einen deutlichen Flächenüberhang im Vergleich zur Zahl der Bestattungen ausgewiesen hatte. Daraufhin gründete man Vereine, dessen Mitglieder sich seither selbstständig um die Anlagen kümmern und Bestattungen zum Teil auch ohne gemeindliche Beteiligung durchführen. Jüngst hatte es in Osberghausen keine Nachfolge im Vorstand gegeben, weshalb die Friedhofspflege nun vom örtlichen Heimat- und Verschönerungsverein übernommen wird.

WERBUNG