POLITIK

Haushaltssperre nicht mehr auszuschließen

ls, bv; 31.03.2020, 16:15 Uhr
Foto: Michael Kleinjung.
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Haushaltssperre nicht mehr auszuschließen

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ls, bv; 31.03.2020, 16:15 Uhr
Oberberg - Oberbergs Kommunen rechnen durch die Corona-Krise in den kommenden Monaten mit deutlichen Mindereinnahmen und sehen einen Haushaltsausgleich in Gefahr.

Von Leif Schmittgen und Bernd Vorländer

 

Das Virus beherrscht das Denken der Menschen und natürlich das Handeln vieler Verantwortlichen auf allen Ebenen. Es hat mit der Kontaktsperre und den Schließungen zahlreicher Geschäfte und Gastronomiebetriebe sofortige und schwere individuelle wie gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Aber es wird auch mittelfristige Folgen auslösen, die gerade die oberbergischen Städte und Gemeinden in eine enorm schwierige Lage bringen könnten. Schließlich orientierte man sich allerorten bei den für das Jahr 2020 verabschiedeten Haushaltplänen an einem steigenden Steueraufkommen aufgrund der guten Wirtschaftslage zahlreicher Unternehmen. Ein drastischer Einbruch, mit vielfacher Kurzarbeit, fehlenden Aufträgen und der Notlage ganzer Branchen war weder absehbar noch eingeplant. Doch dürften die Kämmerer der Kommunen ziemlich rasch deutliche Lücken in der Kasse erblicken.

 

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Waldbröls Bürgermeister Peter Koester (Bild) sieht schwere finanzielle Auswirkungen der Corona-Krise auf seine Stadt zukommen. "Wir müssen das Ärgste befürchten und rechnen mit gravierenden Folgen auf unseren Etat", so der Rathauschef. Die Metropole im Kreissüden sei in den vergangenen Jahren auf einem guten Weg gewesen, habe einen ausgeglichenen Haushalt präsentiert und optimistisch in die Zukunft geschaut. "Jetzt rechnen wir mit erheblichen Zahlungsausfällen", sagt Koester und bestätigt, dass man in der Verwaltungsspitze auch eine Haushaltssperre nicht ausschließt - wie sie die Stadt Köln bereits erlassen hat. Der Waldbröler Bürgermeister glaubt, dass  ohne die Hilfe des Landes viele Kommunen in größte Schwierigkeiten geraten könnten. "Niemand konnte sich auf diese Krise vorbereiten. Deshalb hoffe ich auch, dass das Land gemeinsam mit den Verbänden und den Kommunen über einen Rettungsschirm nachdenkt."

 

Bei Wipperfürths Kämmerer Herbert Willms sind die Sorgenfalten in den vergangenen Wochen größer geworden: „Unser positiver Haushalt ist nun Makulatur“, weiß er schon jetzt und rechnet vor allem mit einem Einbruch der Gewerbesteuer, die die Stadt auf direktem Wege einnimmt. Doch auch die Umsatz- und Einkommenssteuer wird nicht in der ursprünglich erwarteten Höhe die Stadtkasse füllen. „Vor einigen Tagen bekam ich den Anruf eines Gewerbetreibenden, der um Steuerstundung gebeten hat“, berichtet der Kämmerer von einem ersten Hilferuf. Dem Wunsch sei man unbürokratisch und „auf dem kurzen Dienstweg“ nachgekommen. „Wir wollten bereits in der vergangenen Woche einen Erlass über die Möglichkeit der Steuerstundung herausgeben, haben dann aber erfahren, dass dieser in einigen Tagen sowieso vom Kreis kommt“, berichtet der Kämmerer.

 

Mit der Gummersbacher Behörde steht man in ständigem Kontakt. Deswegen wartet man in der Hansestadt auf eine entsprechende Anweisung aus der Kreisstadt. Bis es soweit ist, werde man auch jeder weiteren Stundungsanfrage unbürokratisch entsprechen. Weitere Einnahmeverluste rechnet Willms durch die Schließung der Kitas ein. „Wir haben die Beiträge für April ausgesetzt“. Zum jetzigen Zeitpunkt die Einbußen für die Stadt zu beziffern, sei aber noch viel zu früh. Eine positive Nachricht hat Willms aktuell zu verkünden: Am heutigen Morgen erhielt er die Genehmigung des eingereichten Haushalts von der Kommunalaufsicht. Diese ist allerdings nicht im Zusammenhang mit der Corona-Krise zu werten: „Es zählt immer der Zeitpunkt der Einreichung“, erklärt der Kämmerer. Entsprechende Anpassungen muss man in der Hansestadt erst im laufenden Jahr vornehmen.

 

Auch in Gummersbach bewertet man die finanzielle Situation als "sehr ernst, da kommt Gewaltiges auf uns zu", so Rathauschef Frank Helmenstein. Niemand könne absehen, welche unmittelbaren Konsequenzen die Einnahmeausfälle auf die Etats hätten. "Ich glaube aber nicht, dass wir komplett abschmieren." Steuererhöhungen, um Mindereinnahmen zu kompensieren, schließt Helmenstein jedoch komplett aus. Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit versichert für die Kreisstadt, dass die Liquidität komplett gesichert sei. Diese Gespräche mit den Banken habe man bereits geführt. "Wir haben eine Chance durch die Krise zu kommen, aber es wird eng", ergänzt Helmenstein.

 

In Marienheide hat man sich mit dem Thema Haushalt in Coronazeiten noch nicht näher befasst: „Wir müssen derzeit andere Sachen regeln, die wichtiger sind“, sagt Bürgermeister Stefan Meisenberg auf Nachfrage. In schwierigen, nicht planbaren  Zeiten glaubt er aber, dass alle Kommunen, „den Gürtel enger schnallen müssen“. Er stehe im ständigen Kontakt zu seinen Mitarbeitern und arbeite mit ihnen viele andere Sachthemen ab. Pauschal rechnet das Gemeindeoberhaupt jedenfalls mit höheren Belastungen durch eine vermutlich steigende Kreisumlage und mit einem Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen. „Die Rahmenbedingungen sind völlig offen. Das, was man heute erfährt, kann morgen schon wieder ganz anders sein“, so Meisenberg. Erst wenn es klare Regelungen vonseiten des Landes gebe, werde man sich intensiv mit dem Thema Finanzen und dem Haushalt auseinandersetzen.

 

Bergneustadts Bürgermeister Wilfried Holberg ist verhalten optimistisch. Bei den Unternehmen der Stadt gebe es "keine exorbitante Branchenabhängigkeit". Und bislang habe man auch keine Anzeichen für einen drastischen Rückgang der Steuereinnahmen festgestellt. Mittelfristig müsse damit aber gerechnet werden. "Das macht uns schon Sorgen", so Holberg, der intern besprochen hat, dass man die eine oder andere für 2020 geplante Maßnahme verschieben müsse, um die Liquidität zu erhalten. Denkbar sei im Übrigen auch, dass man bei einer Veränderung der Kennzahlen im Etat nachjustieren müsse.

KOMMENTARE

1

Am Ende des Tages wird der Bürger es zahlen müssen, durch steigende Steuern, oder weniger Leistung vom Staat.

Daniel Feixe, 31.03.2020, 17:32 Uhr
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Wie kann das sein das in der Corona-Krise noch neue Baustellen geöffnet werden? Das Geld sollte doch lieber in der Corona-Krise fliesen um Bürger zu helfen.Kommunen es ist eine schwere zeit aber auf Baustellen/Straßenbau kann ich in der jetzigen zeit gerne verzichten.

Armin Durdel, 04.04.2020, 06:41 Uhr
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