POLITIK

Frauen-Power in Oberbergs Rathäusern

ls, pn; 18.09.2020, 16:10 Uhr
Fotos: CDU Wipperfürth und Sarah Calicchio --- Anne Loth und Larissa Weber sind ab 1. November für das Rathaus in Wipperfürth und in Waldbröl zuständig.
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Frauen-Power in Oberbergs Rathäusern

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ls, pn; 18.09.2020, 16:10 Uhr
Oberberg – Mit Larissa Weber und Anne Loth wurden in Waldbröl und Wipperfürth erstmals zwei parteilose Frauen zur Bürgermeisterin gewählt.

Von Leif Schmittgen und Peter Notbohm

 

Der 13.September wird als Zäsur in die oberbergische Kommunalpolitik eingehen. Während der Frauenanteil in der Politik auf Bundes- und Landesebene in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, liegt ihr Anteil in den kommunalen Vertretungen deutschlandweit bei gerade einmal 25 Prozent. Nur jedes zehnte Rathaus wird gegenwärtig von einer Frau regiert, Bürgermeisterinnen sind nach wie vor Ausnahmeerscheinungen. Mit Anne Loth in Wipperfürth und Larissa Weber in Waldbröl wählten die oberbergischen Bürger nun erstmals gleich zwei parteilose Frauen als neue Chefinnen in die Rathäuser. OA hat mit den beiden designierten Bürgermeisterinnen gesprochen, sie nach Gründen für diese geringe Quote und nach Unterschieden in der Amtsführung befragt.


Larissa Weber kann verstehen, dass viele Frauen davor zurückschrecken, diesen Weg zu gehen. „Ich merke selbst täglich den riesigen Spagat zwischen Familie und Beruf. Das kostet durchaus Energie und Kraft. Da setzt jede Frau für sich eigene Prioritäten“, sagt die zweifache Mutter, die sich auf den Rückhalt ihrer Familie verlassen kann. Das Amt im Waldbröler Rathaus bezeichnet sie dennoch als Traumjob, „denn dort kann ich mich für die Zukunft der Stadt engagieren und damit auch für die Zukunft meiner Kinder.“ Vorbehalte kennt sie aber auch aus ihrer eigenen beruflichen Karriere. Als sie Leiterin des Reichshofer Ordnungsamtes wurde, habe es viele kritische Stimmen gegeben.

 

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Das habe schon immer ein Mann gemacht, wie soll sich eine Frau in schwierigen Situationen behaupten und mit Feuerwehr und Polizei zusammenarbeiten, waren nur einige der Vorurteile, die ihr begegneten. „Die Menschen haben aber schnell festgestellt, dass einfach nur die Art der Kommunikation sich ändert, sonst nichts“, meint die 41-Jährige, die ihre fachlichen Stärken gerade im Umgang mit Menschen sieht. Aus ihrer Sicht gehe es Frauen seltener darum, im Mittelpunkt zu stehen, was auch ein Grund sei, warum sie seltener für Ämter in vorderster Front kandidieren. Insgesamt hält Weber allerdings wenig vom Schubladendenken bei Geschlechterrollen. „Am Ende kommt es immer auf den Menschen und seinen Charakter an.“

 

 

Einen Wandel spürt sie durch ihre Wahl dennoch. Ihre Heimatstadt Waldbröl sei konservativ geprägt, die Bürger hätten im persönlichen Gespräch allerdings ein sehr feines Gespür dafür gezeigt, welchem Kandidaten es vor allem um die Sache und Inhalte gehe. Sie gewann jeden Wahlbezirk deutlich und holte fast 65 Prozent der Stimmen. Dem Rathaus der Marktstadt möchte sie eine eigene Handschrift bei Führung verpassen. „Mir ist das Arbeitsklima sehr wichtig. Nur motivierte Mitarbeiter liefern auch gute Arbeit und gehen gut mit den Bürgern um“, will sie den Service-Gedanken stärken. „Da muss ich mit gutem Beispiel vorangehen, denn wenn man das nicht vorlebt, darf man auch niemanden kritisieren.“

 

Wipperfürths designierte Bürgermeistern Anne Loth sieht ebenfalls keine Hindernisse, was die Geschlechterrolle angeht, für ihre bevorstehende Amtszeit. Sie kennt sich in Führungspositionen gut aus, ist sie bis dato Geschäftsführerin der ökumenischen Initiative der Hansestadt. Allerdings hat sie eine Erklärung dafür, warum Frauen in leitender Funktion oft untervertreten sind: „Man muss sich früh zwischen Beruf und Familie entscheiden“, sagt Loth. Dabei spiele der Zeitfaktor oftmals eine Rolle bei der Berufswahl. Ein „Problem“, dass die vierfache Mutter allerdings immer gut gelöst hat: „Dank eines starken Partners an meiner Seite“, betont sie.

 

Die ehrenamtlichen Ratsmandate werden überwiegend durch Männer besetzt. „Das liegt daran, dass die Arbeit oftmals abends anfällt und Frauen besonders dann in der Familie eingebunden sind“, sieht Loth den Grund für die mangelnde „Frauenpower“ bei den politischen Gremien. Im Wahlkampf hatte sie aus der Frauenwelt oftmals die Frage gestellt bekommen, ob sie den Job einer hauptamtlichen Bürgermeisterin unter den bestehenden Voraussetzungen überhaupt ausfüllen könnte. Ihre Antwort darauf ist bekannt.

 

 

Dass sie sich künftig in einer von Männern dominierten Welt behaupten muss, macht ihr keinerlei Sorgen. „Fachlich sehe ich mich gut aufgestellt“, ist sie überzeugt. Und was sagen die Herren der Schöpfung? Von dort habe sie ausnahmslos Rückendeckung für ihr Vorhaben bekommen und zudem sei ihr Anerkennung für ihren Mut ausgesprochen worden. Gegenwind, der auf die Geschlechterrolle zurückzuführen ist, erwartet sie jedenfalls nicht. Dass die Familie hinter der 48-Jährigen steht, konnten die Besucher am Wahlabend in der Drahtzieherei erleben. 

 

Da sie gleich im ersten Wahlgang alle nötigen Stimmen für das Bürgermeisteramt im ersten Wahlgang auf sich vereinigen konnte, war aus Loths Sicht vorher nicht absehbar. Deswegen kannte der Jubel bei allen Familienmitgliedern keine Grenzen, genauso wie der Vertrauensvorschuss aus der Wählerschaft. Und welchen Einfluss hat die Geschlechterrolle auf ihr Wirken als Bürgermeisterin? „Ich werde meine Erfahrungen zum Thema Familie und Beruf sicherlich in meine Arbeit einfließen lassen“. Anne Loth wird ihr Amt als erstes weibliches Stadtoberhaupt in Wipperfürth am 1. November antreten.

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