POLITIK

Flüchtlingsunterkünfte: Einen Teil der Befürchtungen ausgeräumt

ls; 15.02.2024, 17:00 Uhr
Fotos: Leif Schmittgen --- Bürgermeister Stefan Meisenberg stand beim gestrigen Bürgerinformationsabend auch für Fragen zur Verfügung.
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Flüchtlingsunterkünfte: Einen Teil der Befürchtungen ausgeräumt

ls; 15.02.2024, 17:00 Uhr
Marienheide - Unter starker Beteiligung fand gestern Abend im Rathaus ein Informationsabend zur geplanten Flüchtlingsunterkunft an der Landwehrstraße statt - VDK-Heim erneut ins Gespräch gebracht.

Von Leif Schmittgen

 

Rund 100 Interessierte aus Anwohnerschaft, Verwaltung und Politik waren gestern Abend der Einladung der Gemeinde zu einem Bürgerinformationsabend im Marienheider Rathaus gefolgt. Dabei ging es um die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Landwehrstraße. Nach Bekanntgabe jenes Standortes waren vor allem bei einigen Anrainern Befürchtungen wegen möglicher zwischenmenschlicher Konflikte und auch der Bebauung aufgekommen (OA berichtete). Einige Befürchtungen versuchte man von Verwaltungsseite in der teils emotionalen Veranstaltung gestern Abend abzubauen.

 

[Oliver Busch berichtete auch von seinen Erfahrungen der vergangenen Jahre.]

 

In einer Unterschriftenaktion, die Bürgermeister Stefan Meisenberg in der vergangenen Woche erreicht hatte, war unter anderem befürchtet worden, dass die sechs meist drei mal drei Meter großen Container zu nahe an der bestehenden Bebauung etabliert werden. Bauhofleiter Marco Schmereim versicherte, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstandsgrenze von drei Metern überschritten wird. Man erreiche laut Verwaltung sogar einen Abstand von 15 Metern zum nächstgelegenen Haus. Auf dem 60 Meter breiten Streifen käme man auf eine Gesamtlänge von knapp 32 Metern. Auch die Sorge um eine mögliche Erweiterung auf bis zu 500 Unterkunftsplätze entschärfte man. „Das würde unserem Prinzip der dezentralen Unterbringung widersprechen“, sagte Stefan Meisenberg. Zudem seien die Expansionsmöglichkeiten an der Stelle sowieso voll ausgeschöpft, der Gemeinde gehört nur ein kleines Stück der ansonsten unter mehreren Privatiers aufgeteilten Wiese.

 

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Das Gelände ist - genau wie der Platz neben dem Rathaus und einem zwischenzeitlich erworbenen ehemaligen Druckereigebäude - als sogenannte Back-up-Lösung gedacht. Die Unterbringung in Wohnungen sei nach wie vor das oberste Ziel, aber man wisse nicht, wie sich der Zuzug von Menschen entwickle. Die Zuteilung findet durch das Land statt. „Es könnte sein, dass die Zahl der dort unterzubringenden Menschen deutlich unter der von 24 liegt“, sagte Oliver Busch vom Fachbereich Soziales und Jugend, der für die Verteilung von Flüchtlingen verantwortlich ist. Auf die Frage, wer dort einziehe, konnte Busch keine Antwort liefern: Die Gemeinde habe keinen Einfluss darauf, welche Nationalität, Alter oder Geschlecht von der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Unna nach Marienheide zugewiesen werden. „Wir wissen nicht, wer kommt“, so Busch.

 

 

Die sensible Infrastruktur (Anm. d. Red.: unter anderem Klinik, Schule, Seniorenheim) durfte bei der Standortplanung keine Rolle spielen, Busch aber berichtete den teils besorgten Bürgern aber von seiner Erfahrung der vergangenen neun Jahre: „Von rund 1.000 von uns betreuten Menschen gab es etwa zehn schwarze Schafe“. Sollte es trotz dieser verschwindend geringen Quote zu befürchteten Auffälligkeiten kommen, stehe man im Rathaus jederzeit für Hinweise zur Verfügung und werde entsprechend handeln. Zum Beispiel mit der Verlegung einzelner Personen habe man laut Busch bereits in der Vergangenheit viel erreicht und entstehende Konflikte oft im Keim erstickt. Man wisse aber nie, wann und wo Reibereien - sei es durch Ruhestörungen oder gar Übergriffe - entstehen.

 

[Auf einem kleinen Teil der Wiese zwischen Landwehr- und Leppestraße entstehen vorübergehende Unterkünfte für bis zu 24 Menschen.]

 

„Alle Sorgen können wir Ihnen nicht nehmen“, verdeutlichte Meisenberg. Bei der anschließenden Gesprächsrunde mit den Gästen kamen auch Fragen nach Integrationsmöglichkeiten und Aufenthaltsdauer am Standort auf. Diese konnten von Verwaltungsseite nicht eindeutig beantwortet werden, ebenso wenig, ob es in Zukunft bei den drei Standorten bleibe: „Wir können höchstens von Jahr zu Jahr planen“, so Meisenberg. Denn Zuwanderungszahlen seien nicht kalkulierbar.

 

Ehemaliges VDK-Heim

 

Im Zusammenhang mit einer Diskussion über eine Massenunterkunft auf dem Gummersbacher Sandberg war im November das bereits 2015 vom Land als Flüchtlingsunterkunft genutzte ehemalige VDK-Heim vonseiten des Eigentümers Friedrich Müllensieper als mögliche Alternative vorgeschlagen worden (OA berichtete). Müllensieper erhielt vom Land schließlich eine Absage. Nun kam der Standort bei der Diskussion in Marienheide erneut ins Gespräch. „Sie haben uns bislang kein Angebot gemacht“, sagte Stefan Meisenberg gestern in Richtung des Eigentümers, der sich wiederum wunderte, warum es keine Anfrage der Gemeinde gegeben habe. Diese Überlegungen vonseiten der Verwaltung habe es nicht gegeben, weil man sich bei 300 Menschen in einer Unterkunft ganz anderen Herausforderungen stellen müsse. Reinigungs- und Security-Mitarbeiter  müssten beispielsweise bereitgestellt werden. „Diesen Service können wir nicht leisten“, so der Bürgermeister.

 

 

Zudem sei der von der Gemeinde forcierte dezentrale Weg der integrativere. Einzeln untergebrachte Flüchtlinge nähmen eher am gesellschaftlichen Leben teil. In diesem Zusammenhang sei der Mietpreis für 20 Menschen in einem solchen Objekt sicherlich utopisch. Vom Tisch ist das Thema aber offensichtlich noch nicht: „Nennen Sie mir einen Mietpreis“, forderte Meisenberg während der Diskussion, bat Müllensieper aber darum, „eine Bürgerveranstaltung nicht für privatwirtschaftliche Interessen zu missbrauchen“. Beide Seiten signalisierten schließlich, in einem noch zu terminierenden Vier-Augen-Gespräch, die Möglichkeiten gemeinsam eruieren zu wollen. Ende offen.

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