POLITIK

Der „Windel-Taler“ als Alternative

ks; 23.03.2023, 14:55 Uhr
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Foto: Keira Burton auf Pexels --- Windeln sollen in Lindlar künftig in einem Container auf der Leppe-Deponie entsorgt werden können.
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Der „Windel-Taler“ als Alternative

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ks; 23.03.2023, 14:55 Uhr
Lindlar – Nach Abschaffung der kostenfreien Abgabe von Windelsäcken hat sich die Politik am Abend mit Vorschlägen der Verwaltung befasst.

„Das Problem ist bekannt. Wir müssen etwas tun“, sagte Hans Schmitz gestern als Fraktionsvorsitzender der Lindlarer CDU im Haupt- und Finanzausschuss. Insgesamt standen vor der gestrigen Sitzung im Rahmen der diesjährigen Haushaltsplanungen 39 Anfragen, Anträge und Anregungen an – darunter auch ein Antrag der Christdemokraten mit Bezug zu den Abfallgebühren für Einwegwindeln. Diese sind in der Gemeinde mit Blick auf das Landesabfallgesetz NRW und der geltenden Rechtsprechung nicht mehr kostenfrei, sondern für einen Stückpreis von 10 Euro erhältlich (OA berichtete), was bei zahlreichen Betroffenen für reichlich Unmut sorgte.

 

Unabhängig vom Antrag der CDU stellte Gemeindekämmerin Cordula Ahlers der Politik drei Möglichkeiten vor – darunter auch die Variante „Wie gehabt“. Ahlers geht davon aus, dass in der Gemeinde ein jährlicher Bedarf von etwa 6.000 Windelsäcken à 60 Litern bestehe. „Die Entsorgung des Sacks kostet 10 Euro, da liegen wir bei knapp 60.000 Euro“, so die Kämmerin. Würden nun weiterhin rund 5.000 Windelsäcke pro Jahr kostenlos zu Verfügung gestellt werden und der darüber hinaus gehende Bedarf von etwa 1.000 Säcken für 2 Euro pro Stück erhältlich sein, würde im Gebührenhaushalt eine Unterdeckung in Höhe von etwa 58.000 Euro entstehen.

 

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Als zweite Möglichkeit schlug Ahlers vor, ein „zusätzliches Tonnenvolumen zur Verfügung zu stellen“, indem die betroffenen Haushalte und die gemeindlichen Kindergärten einen größeren Restmüllbehälter erhalten würden. Die dadurch entstehenden Mehrkosten von etwa 40 bis 60 Euro pro Jahr könnten dann auf Antrag über den gemeindlichen Haushalt an den Gebührenzahler zurückerstattet werden. Damit verbunden sei allerdings ein „recht hoher Verwaltungsaufwand“, wie Ahlers erklärte. So müssten die Antragsberechtigungen bearbeitet und die Höhe der Rückvergütungen jährlich genau berechnet werden. Zusätzlich zum Verwaltungsaufwand geht die Kämmerin bei dieser Option von Kosten in Höhe von circa 25.000 Euro aus.

 

Einen Windelcontainer auf der Leppe-Deponie stellte Ahlers als dritte Option vor. Damit einher gehe die Implementierung eines Chip-Systems, das nur dazu Berechtigten die Nutzung erlaube. Dazu zählen Erziehungsberechtigte von Kleinkindern, die nach einer Antragstellung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes bis zu 36 Chips erhalten sollen, sowie Personen mit einer (nachgewiesenen) Inkontinenz, die pro Kalenderjahr bis zu zwölf Chips erhalten sollen. Ahlers geht hierbei von jährlichen Kosten in Höhe von rund 27.200 Euro aus. Dazu kämen etwa 1.500 Euro für die Anschaffung fälschungssicherer Chips. Um die Kosten zu reduzieren, brachte die Kämmerin eine Kostenbeteiligung von 1,50 Euro pro Chip ins Spiel. Der Verwaltungsaufwand sei überschaubar.

 

„Das sind gute Vorschläge“, sagte Schmitz, der die dritte Variante favorisierte. „Das ist ein funktionierendes System. Das sollte es uns wert sein.“ Grünen-Fraktionsvorsitzender Patrick Heuwes fasste die Vorschläge wie folgt zusammen: Die bisherige Lösung sei zu teuer und zu ungerecht. Die zweite Option sei von den Grünen favorisiert worden, aber für die Verwaltung mit „zu viel Arbeit“ verbunden. Und „den Müll durch Lindlar zu karren, hat keine gute Ökobilanz und ist nicht nutzerfreundlich.“ Thorben Peping von der SPD sprach sich stellvertretend für seine Fraktion gegen die erste und die dritte Variante aus und befürwortete – nicht zuletzt zum Gefallen von Kämmerin Ahlers – das Verursacherprinzip.

 

Politik und Verwaltung diskutierten über die Ideen, die im Raum standen – und überlegten, inwiefern sozialschwache Betroffene unterstützt werden könnten. Laut Sven Engelmann (CDU) würden viele gar keine Windelsäcke benötigen. Oftmals würde es genügen, eine größere Tonne zu nutzen – eine Option, die recht kostengünstig sei und unabhängig von den gemachten Vorschlägen bestehe. „Woher die Info kommt, dass Windeln nicht in die graue Tonne gehören, ist mir schleierhaft“, sagte Ahlers vor dem Hintergrund kursierender Falschinformationen. „Windeln gehören in die graue Tonne. Wenn da kein Platz mehr ist, dann kann man Säcke nutzen.“

 

Der Austausch sorgte bei den Grünen für ein Umdenken, nicht aber bei den fünf anwesenden Sozialdemokraten. So sprach sich der Ausschuss am Abend mehrheitlich bei 13 Ja-Stimmen, fünf Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen für die dritte Variante aus – und damit für einen Windelcontainer auf der Leppe-Deponie samt Chip-System. Bürgermeister Dr. Georg Ludwig freute sich über die Entscheidung und sagte scherzhaft: „Jetzt feiern wir die Geburtsstunde des Lindlarer Windel-Talers.“

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