POLITIK

Breite Mehrheit mit Zähneknirschen für Bergneustadts Haushalt

pn; 21.03.2024, 16:10 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Für Kämmerer Bernd Knabe (r.) war der Haushaltsplan 2024 der letzte seiner Laufbahn.
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Breite Mehrheit mit Zähneknirschen für Bergneustadts Haushalt

pn; 21.03.2024, 16:10 Uhr
Bergneustadt - Rat verabschiedet Haushaltsplan für 2024 – Grundsteuer B wieder auf altem Niveau - Im Haushaltsplan klafft trotz Verbesserungen weiter ein 1,2 Millionen Euro-Loch.

Von Peter Notbohm

 

Trotz der Rückkehr zum alten Grundsteuer B-Hebesatz von 959 Prozentpunkten hat Bergneustadts Politik am Mittwochabend den Haushaltsplan für 2024 mit breiter Mehrheit verabschiedet. Wie schon im Vorjahr stimmte lediglich die UWG gegen das Zahlenwerk von Kämmer Bernd Knabe, für den es der letzte Haushalt seiner Laufbahn war.

 

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Geplanten Einnahmen von rund 57 Millionen Euro stehen geplante Ausgaben in Höhe von 58,2 Millionen Euro gegenüber, was zu einem Loch von 1,2 Millionen Euro führen würde. Gegenüber dem Haushaltsplanentwurf aus dem November eine Verbesserung um 2,4 Millionen Euro. Trotzdem immer noch kein wünschenswertes Ergebnis aus Sicht von Bürgermeister Matthias Thul, „aber immerhin führen die Einsparungen beim Schulausbau und eine deutlich verbesserte Gewerbesteuerertragslage dazu, dass wir es geschafft haben, die kommunale Handlungsfähigkeit zu erhalten. Mit Pessimismus werden wir nicht vorankommen“.

 

[Mit zwei Gegenstimmen der UWG wurde der Haushaltsplan vom Stadtrat verabschiedet.]

 

Der Fehlbetrag soll aus der 6,9 Millionen Euro starken allgemeinen Ausgleichsrücklage entnommen werden. Wie schon im Haupt- und Finanzausschuss am Montag bekannt wurde (OA berichtete), besteht für die kommenden Planjahre bis 2027 trotz weiterer geplanter Defizite nach aktuellen Kalkulationen nicht die Gefahr, in das Haushaltssicherungskonzept zu fallen. Möglich macht das das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz der schwarz-grünen Landesregierung, das mit den neuen Werkzeugen des globalen Minderaufwands und des Verlustvortrags es möglich macht, Verluste auf spätere Jahre zu übertragen.

 

Die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden fielen angesichts des engen Rahmens, in dem sich Verwaltung und Politik durch die Vorgaben der Bundes- und Landespolitik sowie die weltpolitische Entwicklung in diesem Jahr bewegen können, daher fast schon ein wenig zahm aus. Lediglich von der UWG gab es einen Rundumschlag zu vielen Themen.

 

Reinhard Schulte (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass sich mit der Entwicklung der Gewerbegebiete Dreiort und Schlöten II die Einnahmesituation der Stadt in kommenden Jahren verbessern wird. Gleichzeitig kritisierte er, dass das Konexitätsprinzip längst keine Anwendung mehr findet: „Heute heißt es beim Bund nicht mehr 'Wer bestellt, der bezahlt', sondern 'Wer's machen muss, der bezahlt'!“

 

Zudem sprach er sich ausdrücklich gegen eigene Stadtwerke in der Feste aus und verteidigte den Antrag der Union, 17.000 Euro an Beratungsleistungen wieder aus dem Haushalt zu streichen. „Mit der AggerEnergie haben wir bereits Gemeinschaftsstadtwerke der oberbergischen Kommunen. Überall wird interkommunale Zusammenarbeit gefordert, aber wenn wir sie haben, soll sie untergraben werden. Eine absurde Idee“, sprach er von einem politischen Luftschloss im Sandkasten, für das seine Partei nicht bereit sei, auch noch die Förmchen zu zahlen.

 

Völlig anders sah dies Daniel Grütz (SPD), der der CDU vorwarf, „wieder einmal ein wichtiges Zukunftsprojekt für Bergneustadt“ nicht zu sehen. Energie sei der Wohlstand des 21. Jahrhunderts und die Stadt dürfe sich nicht Chance entgehen lassen, seinen Bürgern günstigere Preise und für die kommunale Gemeinschaft Gewinne zu erwirtschaften. Dass die Politik in diesem Jahr gezwungen sei, den Grundsteuersatz wieder auf das alte Niveau anzuheben, sorgte beim SPD-Fraktionsvorsitzenden ebenfalls für Kopfschütteln. Er sprach von einem „symbolpolitischen Strohfeuer“ in den vergangenen beiden Jahren: „Das hat dem Bürger wenig genutzt, aber die Stadt 750.000 Euro gekostet.“

 

Die Reform des Haushalsrechtes der Landesregierung nannte Grütz einen Griff in die „finanzpolitische Zauberkiste“. Zwar sei man hierdurch in der Lage einen gesetzeskonformen Haushalt zu verabschieden, wirtschaftskonform und finanzpolitisch nachhaltig sei die Haushaltspolitik in NRW aber längst nicht mehr: „Die Kommunen sind am Ende der finanzpolitischen Nahrungskette. Wir Kommunalpolitiker dürfen regelmäßig die Verantwortung für Entscheidungen übernehmen, die wir nicht selber getroffen haben.“

 

Jens-Holger Pütz (UWG) arbeitete sich in seiner Rede gleich an mehreren Themen ab. Seine Partei lehnte nicht nur die Grundsteuer B-Erhöhung ab, sondern kritisierte auch, dass der Bürger wie beim Neubau der Othebrücke regelmäßig im Stich gelassen werde und und Dinge ausbaden müsse. Dazu zählt er auch die Neue Mitte, die er einen „großen kalten Klotz“ nannte.

 

Zudem sprach er sich klar gegen eine vom Land vollständig finanzierte Flüchtlingsunterkunft am Silberg aus (Der Bürgermeister entgegnete, dass der Bau keinerlei Auswirkungen auf Flüchtlingszuweisungen habe und zudem vermutlich auch die bestehende Forderung über die Abrisskosten in Höhe von 200.000 Euro getragen wird). Auch die Erschließung der Gewerbegebiete Dreiort und Schlöten II sieht er kritisch, überhaupt sollte die Stadt in Zukunft weniger Geld ausgeben: „Sicherlich sind Fördermittel verlockend, aber bei leeren Kassen müssen wir uns vom Prinzip 'Ich wünsche mir was' verabschieden'.“

 

Christian Hoene (FDP) äußerte sein Unbehagen bzgl. der erdrückenden Grundsteuer B-Belastung und nannte das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz eine Aufweichung bewährter Regeln: „Echte Reformen sehen anders aus. Die chronisch unzureichende Finanzausstattung der Kommunen war und ist das Kernproblem.“ Trotzdem sieht er die Stadt durch die Erschließung neuer Wohn- und Gewerbegebiete auf dem richtigen Weg, auch wenn dies allein nicht reichen werde: „Bund und Land sind gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen für die künftige kommunale Selbstverwaltung zu schaffen.“

 

 

 

Der Fraktionsvorsitze der Grünen, Axel Krieger, nutzte die Gelegenheit vor allem zu einer Abrechnung mit Welt- und Bundespolitik sowie verpassten Klimazielen. Er warb dafür, es anderen Kommunen gleichzutun, die mit ihren eingeschlagenen ökologischen Pfaden häufig gute Erfahrungen machen würden. Entsprechende Kritik formulierte er daher auch an neuer Industrieansiedlung im Stadtwald: „Wir hoffen, dass es damit dann auch genug ist. Und wenigstens in Bergneustadt der Flächenfraß endgültig eine Ende hat.“ Lobende Worte fand er vor allem für die Kultur in der Feste: „Hier steht Bergneustadt wohl besser da als alle anderen oberbergischen Gemeinden.“

 

Die Politik dürfe nicht den Eindruck erwecken, dass die Stadt mit Geld um sich schmeiße, was letztlich der Bürger zahlen müsse, meinte Mehmet Pektas (FWGB) und forderte ab diesem Jahr keine weiteren Investitionen – selbst bei einer Maximalförderung – mehr einzugehen: „Die Grenzen sind erreicht.“ Stattdessen müsse man schnellstmöglich Einnahmequellen maximieren, wozu er den Ausbau von Wohnsiedlungen und eine starke Forcierung des Ausbaus von Gewerbegebieten zählt. Zudem erinnerte daran, dass seine Partei immer gegen die Senkung der Grundsteuer B gewesen sei: „Solche populistischen Vorgehensweisen sind nicht gesund für die Stadt.“

 

Dass in Bergneustadt in den nächsten Jahren noch viel zu tun ist, betonte indessen Bürgermeister Thul. Neben dem Erwerb des Landschulheims, wo man die Möglichkeit habe, etwas für die Vereine und Bürger zu entwickeln, steht auch der Abschluss der Planungen für den Dreiort an, wodurch die Verhandlungen mit ansiedlungswilligen Unternehmen, die es bereits gebe, geführt werden können. Zudem stehe der Erwerb von „Bergneustadts größtem Schandfleck“, dem Gelände des alten Extra-Marktes, an. „Was wir dort vorhaben, müssen wir entwickeln. Das wird uns auf Jahrzehnte beschäftigen“, so das Stadtoberhaupt.

 

Aus dem Rat

 

  • Die Arbeiten am Talpark befinden sich laut Verwaltung im Zeitplan. Die Eröffnung ist noch vor den Sommerferien geplant.

 

  • Mehrere 100 Seiten stark war die Antwort von Polizei, Straßenverkehrsamt und Straßen.NRW auf den Fragenkatalog der SPD, die die Ergebnisse der Verkehrsschau zu einer möglichen Tempo 30-Reduzierung auf der B 55 kritisiert hatte. Für die Verwaltung ist das Thema damit zunächst abgeschlossen. Der Bürgermeister sagte, dass man sich an die zuständigen Stellen wenden solle, wenn die Antworten nicht gefallen. Daniel Grütz (SPD) sagte, dass seine Partei in der Sache „sehr enttäuscht“ sei. Vieles in den Gutachten widerspreche sich und die angewandten Statistiken würden nur auf Großstädte ausgelegt sein. Sein Fazit: „Zumindest in Wiedenest müssen wir uns mit der Situation weiter beschäftigen, damit der Schulweg sicherer wird.“

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