POLITIK

„Dieser Haushaltsentwurf ist nicht genehmigungsfähig“

pn; 20.10.2022, 13:45 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Die Zahlen, die Bürgermeister Matthias Thul (l.) und sein Kämmerer Bernd Knabe am gestrigen Abend vorstellten, sorgten noch im Rat für Disskussionen.
POLITIK

„Dieser Haushaltsentwurf ist nicht genehmigungsfähig“

  • 1
pn; 20.10.2022, 13:45 Uhr
Bergneustadt – Haushaltseinbringung im Stadtrat – Kreisumlage und explodierende Energiekosten sorgen für massives Defizit, das nicht vollständig isoliert werden kann – Grundsteuer B wieder auf altem Wert.

Von Peter Notbohm

 

Reichlich Zündstoff bietet die Haushaltsplanung der Stadt Bergneustadt für das kommende Jahr. Kämmerer Bernd Knabe gilt gemeinhin als nüchterner und ruhiger Vertreter, ein Zahlenmensch durch und durch. Jemand, der schon im vergangenen Jahr davor gewarnt hat, dass bereits 2023 nach zuletzt sechs ausgeglichenen Haushalten der Rückfall in die Haushaltssicherung drohe.

 

Die warnenden Worte scheinen sich nun zu prophezeien. „Die Zahlen sehen bitter, bitter böse aus“, leitete der Kämmerer (Foto) seine Haushaltsrede in der gestrigen Stadtratssitzung im Krawinkelsaal ein. Obwohl die Gewerbesteuer sich weiterhin auf einem guten Niveau befinde, ist der von ihm vorgelegte Haushaltsentwurf nach seiner Bewertung nicht genehmigungsfähig.

 

Ein Defizit von 4,5 Millionen Euro weist das fast 450 Seiten starke Zahlenwerk eigentlich aus. Nur durch die Ankündigung von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach, dass die Regelungen des Corona-Isolierungsgesetzes auch im kommenden Jahr weiterhin gelten sollen und auf die Belastungen der kommunalen Haushalte durch den Ukraine-Krieg ausgeweitet werden können, kann das Defizit auf rund 213.000 Euro gedrückt werden, muss in den kommenden Jahrzehnten aber auch abgeschrieben werden. Für die kommenden Jahren plant Knabe bereits siebenstellige Fehlbeträge ein. Einkalkulierten Aufwendungen von 58,8 Millionen Euro stehen für 2023 eingeplante Einnahmen von 58,6 Millionen Euro in der Stadtkasse gegenüber.

 

WERBUNG

Wenig überraschend: Der Grundsteuer-B-Hebesatz befindet sich wieder auf seinem alten Niveau von 959 Prozentpunkten. Knabe hatte schon bei der Senkung im vergangenen Jahr angekündigt, dass der Hebesatz von 895 Prozent bereits in diesem Jahr wieder angehoben werden muss. Für die Stadtkasse bedeutet dies Mehreinnahmen von 400.000 Euro auf 5,7 Millionen Euro. Unangetastet bleibt der Hebesatz der Grundsteuer A (370 Prozent). Ebenfalls unverändert: Der Hebesatz zur Gewerbesteuer mit 475 Prozent.

 

Personal- und Versorgungsaufwand steigen leicht an, ein echter Nackenschlag sind dagegen die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, die von 10,5 auf 12,9 Millionen explodieren. Grund hierfür sind die gestiegenen Energiekosten: Für Strom, Gas, Holzhackschnitzel und Heizöl müssen 2,6 Millionen statt der 611.000 aus dem vergangenen Jahr veranschlagt werden.

 

Größtes Ärgernis bleibt aus Bergneustädter Sicht aber die Kreisumlage. Sie übertrifft die Energiekosten sogar noch und steigt um 2,2 Millionen Euro auf nunmehr 23 Millionen Euro an. „Wenn das so weitergeht, bedeutet das den Tod für die kommunale Selbstverwaltung“, malte Bürgermeister Matthias Thul (Foto) eine düstere Zukunftsprognose, in der der städtische Haushalt spätestens 2024 in „ein Grab auf den Zentralfriedhof umgelegt“ werden könne. Bleibe der Landschaftsverband Rheinland so unersättlich, werde die Kreisumlage spätestens 2026 den Bergneustädter Haushalt mit 26,1 Millionen Euro belasten – mehr als die Summe aller Steuererträge der Bürger zusammen.

 

Das geplante Investitionsvolumen liegt für 2023 bei 9,8 Millionen Euro. Hierfür müssen Kredite in Höhe von 3,7 Millionen Euro aufgenommen werden. Allein im Bereich Feuerschutz müssen 500.000 Euro investiert werden. Die Fortsetzung des ISEK Altstadt/Innenstadt ist mit 4,6 Millionen Euro veranschlagt. Kämmerer Knabe blickt pessimistisch in die Zukunft: „Die trotz der Isolierung hohen Defizite führen dazu, dass die Ausgleichsrücklage bereits 2026 aufgezehrt sein wird. Der Haushalt 2023 mag der Haushaltssicherung vielleicht noch einmal entgehen. Aber spätestens in einem Haushalt ohne Isolierung wird sie uns 2024 erreichen.“

 

Verabschiedet werden soll der Haushalt in der Ratssitzung am 30. November. Bis dahin dürfte in den Ausschüssen für reichlich Gesprächsstoff gesorgt sein, wie gestern bereits erste Wortmeldungen aus der Politik andeuteten.

 

Eckdaten des Haushalts

 

Erträge (In Klammern: Vergleich zum Vorjahr)

 

Insgesamt: 58.608.736 Euro

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Gewerbesteuer: 7.800.000 Euro (+200.000 Euro)

Einkommensteuer: 7.517.600 Euro (=)

Grundsteuern: 5.718.000 Euro (+403.000 Euro)

Zuweisungen des Landes: 12.523.000 Euro (+670.000 Euro)

Umsatzsteuer: 1.513.100 Euro (+1.900 Euro)

 

Aufwendungen

 

Insgesamt: 58.821.921 Euro

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Kreisumlage: 23.013.690 Euro (+ 2.187.090 Euro)

Personal- und Versorgung: 8.432.060 Euro (+257.260 Euro)

Gewerbesteuerumlage: 575.000 Euro (+15.000 Euro)

Sach- und Dienstleistungen: 12.862.460 (+2.437.230 Euro)

KOMMENTARE

1

Der Kreis schnürt mit seiner Haushaltspolitik den Kommunen konsequent den Hals zu. Die Städte und Gemeinden können sich dagegen nichtmal wehren.
[.....]

Waldbröler, 20.10.2022, 18:28 Uhr
0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG