OBERBERGISCHER KREIS
Aggerverband feiert gleich zwei Jubiläen
Reichshof - Sonderführungen am Damm der Wiehltalsperre und durch das Wasserwerk Auchel lockten am Sonntag zahlreiche Besucherinnen nach Reichshof – Der Betrieb startete vor 50 Jahren.
Von Astrid Deckers
Als sicherheitsrelevantes Unternehmen war ein klassischer „Tag der offenen Tür“ für die Jubiläumsfeierlichkeiten des Aggerverbands nicht möglich. Zu den Sonderführungen musste sich jeder Besucher im Vorfeld anmelden und auch überprüft werden. Das Interesse war riesig und alle Rundgänge mussten auf 30 Besucher pro Führung begrenzt werden. Wer einen der heißbegehrten Plätze ergatterte und von der stellvertretenden Leitung der Trinkwasserabteilung, Angela Weber, durch das Wasserwerk geführt wurde, erhielt in zwei Stunden einen Einblick in die Komplexität der Wasseraufbereitung.
Mit den zwei Werken Erlenhagen und Auchel unterhält der Aggerverband zwei Wasserwerke. Trägt Erlenhagen ein Drittel der Wassermengen, die tagtäglich vom Verbraucher im Einzugsgebiet benötigt werden, bei, so garantiert Auchel die übrigen zwei Drittel. Im Gegensatz zum Wasserkraftwerk Erlenhagen, das von der unterhalb liegenden Genkeltalsperre mit Wasser über energieaufwändige Pumpen versorgt wird, bezieht das Kraftwerk Auchel Wasser aus der oberhalb liegenden Wiehltalsperre, dass bergabwärts fließend und ohne energieintensive Pumpen ins Kraftwerk gelangt.
[Angela Weber unterhielt die Besucher mit viel Fachwissen, Fakten und auch Bonmots.]
In acht bis zehn Stunden wird das Wasser der Wiehltalsperre vom Kraftwerk und seinen Filteranlagen gereinigt, bevor es ins Wassernetz geht und an Wasserversorger wie Stadtwerke oder die AggerEnergie als Versorgungsunternehmen übermittelt wird und von diesen für den Endverbraucher in jeden Haushalt eingespeist wird.
Im Kraftwerk selbst wird das Wasser in komplexen Prozessen aufwendig gefiltert und gereinigt. Die Wasserqualität ist jedoch in Oberberg so gut, dass zusätzliche Filterzugaben wie beispielsweise Aktivkohle gegen Blaualgen, Öl, Plastikteilchen usw. in Oberberg nicht benötigt werden. Mittels regelmäßiger Proben wird das Wasser auf Schadstoffe standardisiert überprüft, aber stets wurden Mengen weit unterhalb der gesetzlichen Grenze festgestellt.
Der beim Filtern im Wasserwerk entstehende Reinigungsschlamm wird an die Abwasserwerke des Aggerverbands geliefert und dort als Rohstoff weiterverwendet. Somit müssen die Kraftwerke kein Entsorgungsgeld zahlen und die Abwasserwerke müssen den benötigten Rohstoff nicht bei einem anderen Anbieter für viel Geld kaufen. Diese „Win-Win-Situation“ ist der Unternehmensstruktur des Aggerverbands zu verdanken, der neben Wasserwerken, Talsperren, Kläranlagen eben auch Abwasserwerke betreibt.
Weber hatte für die Teilnehmerinnen aber auch Zahlen und Fakten im Repertoire, die den ein oder anderen nachhaltig beeindruckten. Im Regelfall benötigt jeder Mensch rund 127 Liter Trinkwasser am Tag. Bei Stromausfällen reduziere sich die Menge nachweislich auf circa 50 Liter, da Waschmaschinen, Geschirrspüler und Co nicht mehr funktionieren.
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[Die nostalgischen Ortsschilder der in der Wiehltalsperre versunkenen Ortschaften verursachten bei so manchem Gast ein Déjà-vu.]
Im Oberbergischen Kreis gibt es 640 Einzelversorger und diese würden fünf Prozent des gesamten Trinkwasserverbrauchs sicherstellen. Auf Nachfrage klärte Weber auf, dass es sich dabei um Wohnhäuser mit eigenem Brunnen handele, die nach Genehmigung durch das Gesundheitsamt ihr Brunnenwasser verwenden dürften. In kaum einer Gegend Deutschlands sei der Anteil an privaten Eigenversorgern höher als in Oberberg.
Die im Wasserkraftwerk Auchel angesiedelte Leitstelle ist im 24/7-Dauerbetrieb besetzt und für über 1.000 Hochbauten des Aggerverbands in den Bereichen Brauch-, Trink- und Abwasserbetriebe verantwortlich.
Laut Axel Blüm, Sprecher des Aggerverbands, handelt es sich bei den Jubiläen streng betrachtet nur um eines. Die Wiehltalsperre wurde bereits im Jahr 1973 fertiggestellt, brauchte jedoch zwei Jahre, um sich zu füllen, bevor 1975 dann das Wasserkraftwerk Auchel in Betrieb genommen wurde. Es versorge seit diesem Zeitpunkt die Region Oberberg und angrenzende Gebiete mit 24,5 bis 25 Millionen Kubikmeter Trinkwasser im Jahr.
Blüm erinnerte er sich auch an den größten „Unfall“ in den vergangenen 50 Jahren: Eine 25 Meter hohe Wassersäule, die nach der Beschädigung eines Rohres in Gummersbach Ende der 1990er Jahre in den Himmel schoss und die Wasserversorgung eines Altenheims und des Kreiskrankenhauses gefährdete. Mittels vorhandener Ringleitungen konnte der Aggerverband damals die Wasserversorgung des betroffenen Gebiets zeitnah wieder herstellen und die Versorgung der Bevölkerung mit der wichtigsten Ressource „Trinkwasser“ sicherstellen.
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