Gummersbach – 23-Jähriger musste sich wegen Sachbeschädigung in elf Fällen vor Gericht verantworten – Bei zwei Taten bekam er noch Hilfe.
Von Lars Weber
Grüne Tonnen, Biomülltonnen, Sperrmüll, ein Altkleidercontainer – zwischen Mitte Dezember 2020 bis Anfang März 2021 gingen diese Dinge in Bergneustadt reihenweise in Flammen auf (OA berichtete unter anderem hier). Kurze Zeit später gab es bei einer Hausdurchsuchung einen Ermittlungserfolg. Ausgerechnet ein Mitglied der Feuerwehr sollte die Taten begangen haben, bei denen glücklicherweise nie mehr als Sachschaden entstand. Der 23-jährige Peter K. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) hat sich heute am Amtsgericht für Sachbeschädigung in zwölf Fällen verantworten müssen. Ebenfalls auf der Anklagebank war der 19-jährige Jan H., der zweimal mitgemacht haben soll.
Was die Taten selbst anging, gab es vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Kirsten Sauter wenig Unklarheiten. Zwölf Mal gab es zwischen Dezember 2020 und März 2021 in Bergneustadt – hauptsächlich auf dem Hackenberg – Brandfälle. Meistens traf es Mülltonnen, dabei wurde der Inhalt mit dem Feuerzeug angezündet. Einmal war eine Matratze auf dem Sperrmüll das Ziel, einmal ein Altkleidercontainer. In zwei Fällen konnten Anwohner die Flammen ersticken, bevor mehr Schaden entstand. Sonst musste die Feuerwehr anrücken. zu der zu diesem Zeitpunkt auch noch Peter K. gehörte. Er löschte also in den meisten der verhandelten Fälle jene Feuer, die er selbst gelegt hatte. Meist entstand ein Schaden zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Menschen kamen nicht zu Schaden. Die Angeklagten räumten sämtliche Anklagepunkte ein, nur mit dem Altkleidercontainer habe er nichts zu tun gehabt, sagte Peter K. Dieser Punkt wurde aufgrund der Vielzahl an Fällen daher eingestellt.
K.s Rechtsanwalt versuchte, die Motivation für die Taten zu erklären. „Zu dem Zeitpunkt hatte er mit einigen Problemen zu kämpfen.“ Nach dem Abschluss der Hauptschule hatte Peter K. eine Ausbildung angefangen, rasselte aber drei Mal durch die Prüfungen. „Plötzlich stand er mit leeren Händen da.“ Auch seine Bewerbungen danach waren nicht von Erfolg gekrönt. Inzwischen bezieht er Hartz IV, wohnt bei seinen Eltern. Die Kameradschaft bei der Feuerwehr gab ihm in dieser Zeit großen Halt. Er verbrachte viel Zeit dort, hatte Freunde. „Die Feuerwehr war wie eine Familie. Einsätze waren das Größte für ihn.“
Und das wurde ihm zum Verhängnis. Er sei auf die „dumme Idee“ mit den Mülltonnen gekommen, die er inzwischen bereue. „Ich wollte nicht, dass was anderes brennt“, sagte Peter K. vor Gericht. Die Gefahr, die von dem Brand der Mülltonnen ausgegangen sei, beschrieb er als „mittel“. „Es sollte nicht schlimm enden.“ Letztlich habe er es für den „Adrenalin-Kick“ getan. Er genoss es, mit seinen Kameraden zusammen zu sein. Nachdem er aufgeflogen war, hatte dies aber ein Ende. Der 23-Jährige wurde aus der Feuerwehr rausgeschmissen. „Und es wurde klar gemacht, dass er nicht wieder zurückkann.“
Dass Peter K. schon einige Male selbst für Einsätze gesorgt hatte, sei seinem Kumpel Jan H. nicht bewusst gewesen, als er innerhalb einer Woche im Februar 2021 selbst zweimal mit Hand anlegte. Beide Male sei er betrunken gewesen, aber nur einmal so sehr, dass es sich kaum mehr an etwas erinnern konnte. Bei dem einen Fall sollte das Feuer ein Geschenk für einen gemeinsamen Freund sein, der wie Peter K. bei der Feuerwehr aktiv war. „Er hatte schon lange keinen Einsatz mehr gehabt.“ Jan H. wurde nach Jugendstrafrecht für seine Beteiligung an zwei Fällen zu einer Geldstrafe über 500 Euro verurteilt, mit denen die Feuerwehr Bergneustadt unterstützt werden soll. Außerdem soll er die Suchtberatung aufsuchen und muss einen Präventionskurs mitmachen.
Bei Peter K. lag die Sache anders, schon allein, weil er zum Zeitpunkt der Taten bereits älter als 21 Jahre war. Trotz Geständnis, trotz der Einsicht und obwohl K. keine Vorstrafen hat: Die Staatsanwaltschaft konnte nicht darüber hinwegsehen, dass es sich bei den Vorfällen um eine Tatserie handelte. „Wer weiß, wann Sie damit aufgehört hätten?“ Zudem hob sie die hohe Verantwortung, die mit dem Ehrenamt bei der Feuerwehr einhergeht, hervor. „Die Gesellschaft soll sich sicher fühlen“, sagte die Staatsanwaltschaft, „aber eine solche Serie sorgt stattdessen für das Gegenteil“. Peter K. habe alles aufs Spiel gesetzt „aus der Lust auf Adrenalin, aus der Sehnsucht nach Spannung“. Sie forderte deshalb eine Geldstrafe und sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Letzteres sehr zur Verwunderung von K.s Rechtsanwalt. Da der Schaden nicht so hoch gewesen sei, stünde eine Freiheitsstrafe in keiner Relation. Er forderte eine geringe Geldstrafe.
Das Schöffengericht folgte jedoch der Staatsanwaltschaft. Nach dem dritten gelegten Feuer könne man von einer Serie sprechen. Eine Geldstrafe sei da nicht mehr angemessen. „Sie wussten um die Gefahr, trotzdem haben sie es immer wieder getan“, so Richterin Sauter. Neben dem Sachschaden habe er zudem diverse Feuerwehr-Einsätze zu verantworten, die ebenfalls Geld kosten. Auf eine Geldstrafe wurde verzichtet, dafür soll Peter K. 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Das Gericht hoffte, dass die Arbeit ihm vielleicht wieder neue Lebenswege aufzeigt.
