BLAULICHT

Mit der Winde Leben retten

ls; 20.10.2023, 19:00 Uhr
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Fotos: Michael Kleinjung --- „Christoph Dortmund“ ist der einzige Rettungshubschrauber in NRW, der mit einer Winde ausgestattet ist.
BLAULICHT

Mit der Winde Leben retten

ls; 20.10.2023, 19:00 Uhr
Gummersbach - Ein besonderer Rettungshubschrauber kreist derzeit über Gummersbach - Zweitätige Bergretterübung simuliert Patientenrettung in der Luft.

Von Leif Schmittgen

 

Es sind ideale topografische Bedingungen, die Hubschrauberpilot Ulrich Weigang mit seiner Besatzung des Rettungshubschraubers „Christoph Dortmund“ in Gummersbach vorfindet. Über dem Unnenberg und dem Steinbruch Talbecke finden heute und am morgigen Samstag Rettungsübungen per Winde statt. Dabei ist Weigang aber nicht der Einzige, der im Cockpit Platz nehmen wird, sein Kollege hängt mit dem Fluggerät nämlich noch am Dortmunder Flughafen fest und kann die rund 20-minütige Reise bis zum Wanderparkplatz am Unnenberg wegen zu tief hängender Wolken nicht absolvieren. Die Piloten fliegen auf Sicht und der Landeplatz ist heute Morgen mit Nebel eingehüllt.

 

[Pilot Ulrich Weigang (2. v. li.) inmitten der Rettungscrew.]

 

„Auch ein realer Einsatz wäre unter diesen Bedingungen nicht möglich“, betont Weigang. Die Wetterverhältnisse ändern sich im Laufe des Vormittags glücklicherweise und das Fluggerät setzt trotz strömenden Regens sicher auf der Wiese neben dem Zeltlager auf - mit einiger Verspätung. Während Weigang und seine Kollegen bei der „DRF Luftrettung“  fest angestellt sind, wechselt sich Notarzt Benedikt Hallers mit etlichen weiteren Medizinern ab und übernimmt drei bis vier Schichten pro Monat in der Dortmunder Luftrettungswache. Während dieser Zeit wird der Anästhesist von seinem Arbeitgeber, einem Bochumer Krankenhaus, freigestellt.

 

[Die Organisatoren Marcus Sandrock (li.) und Matthias Kritzler.]

 

Das „Hauptgeschäft“ der DRF-Crews sind der Patiententransport und das Fliegen von verunglückten Schwerverletzten in Spezialkliniken. Seit vergangenem Jahr ist eine neue Aufgabe für die Besatzungen hinzugekommen - die Windenrettung (siehe Infobox). Halbjährlich stattfindende Übungen sind dafür gesetzlich vorgeschrieben, bisher flog man in Winterberg. „Wir wollten eine Änderung des Settings“, berichtet Organisator Marcus Sandrock, der von DRF-Seite den Kontakt über die Landesverbände bis hin zur Oberbergischen DRK-Bergrettung geknüpft hat. Dort stieß er bei Matthias Kritzler und seinen 18 ebenfalls ehrenamtlich tätigen Mitstreitern auf offene Ohren. Man nutzte die lokalen Kontakte zum Steinbruch, von wo aus sofort das Okay für den Einsatz gegeben wurde.

 

An drei verschiedenen Stationen - Start- und Landeplatz ist jeweils der Wanderparkplatz  - wird an „Halde“ und „Fels“ der Ernstfall simuliert. An Ersterer müssen die Retter nach dem Abseilen noch ein kleines Stück den Berg hinablaufen, ehe sie den Unfallort erreichen, die Person in einen Patientensack laden und anschließend direkt in den Helikopter ziehen. Am Fels wird die Rettung auf einem Plateau nachgestellt, ohne dass Notarzt und Rettungssanitäter Wege zurückgelegen müssen. Der Pilot hat sich aufgrund geänderter Topografie dort auf neue Flugbedingungen einzustellen. Im Bauch von Christoph gibt es eine Ausstattung, die der einer Intensivstation in nichts nachsteht. „So werden wertvolle Minuten gewonnen, die über Leben und Tod entscheiden können“, erläutert Sandrock die Bedeutung des Unterfangens.

 

 

Eine Besonderheit bei der Windenrettung: Der Hubschrauber soll nach Möglichkeit nicht zwischenlanden. Der Patient wird unmittelbar im Helikopter ins Innere verbracht und sofort versorgt, womit zusätzliche Zeit gewonnen wird. 15 „echte“ Einsätze dieser Art wurden NRW-weit sowie im angrenzenden Hessen seit Anschaffung der Winde geflogen. In Bayern sind es naturgemäß deutlich mehr. Christoph ist der einzige Rettungshubschrauber in NRW, der mit einer Winde ausgestattet ist. Bereits am Ende des ersten Übungstages sind sich alle Beteiligten einig, dass man die Übung nicht nur am morgigen Samstag, sondern auch mittelfristig an gleicher Stelle wiederholen möchte.

 

Christoph Dortmund

 

Der „Airbus Helicopters H145 D2 - Christoph Dortmund“ kann Inkubatortransporte durchführen. Er ist einer von bundesweit wenigen Hubschraubern, der mit einer mobilen Herz-Lungen-Maschine ausgestattet ist. Zum Einsatz kommt der Helikopter deshalb nicht nur bei Noteinsätzen, sondern auch für Intensivtransporte zwischen Kliniken. Seit dem 15. Mai 2022 ist er mit einer Rettungswinde ausgestattet. Der Grund für die Erweiterung war die Flutkatastrophe knapp ein Jahr zuvor.

 

 

Sein hauptsächliches Einsatzgebiet liegt im Umkreis von 70 Kilometern um den Standort Dortmund, mit einer Tankfüllung kann er aber bis zu 650 Kilometer zurücklegen. Der Hubschrauber fliegt seit Februar 1989 und wurde seither stetig technisch modifiziert. Rettungseinsätze von „Christoph Dortmund“ können vom Morgen bis Sonnenuntergang stattfinden und werden pro Flugminute abgerechnet. Im vergangenen Jahr hob er rund 500 Mal ab.

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