BLAULICHT
Mieter fühlt sich schikaniert und schlägt zu
Morsbach – Am Amtsgericht Waldbröl ist ein 42-Jähriger zu einer Geldstrafe von 1.350 Euro verurteilt worden – Er hatte seinen 82-jährigen Vermieter attackiert.
Von Peter Notbohm
Ein eskalierter Mietstreit beschäftigte diese Woche das Amtsgericht Waldbröl. Stefan D. (Anm.d.Red.: Name geändert) musste sich wegen Körperverletzung vor Einzelrichter Kevin Haase verantworten. Der Morsbacher (42) soll am 8. Juli des vergangenen Jahres seinen Vermieter (82) zunächst mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen haben, sodass dieser stürzte. Anschließend soll er weiter auf den am Boden liegenden Rentner eingeschlagen haben.
Vor Gericht bestritt der mehrfach vorbestrafte und unter Bewährung stehende Stefan D. die Vorwürfe allerdings. Er sei zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt nicht zuhause gewesen, da er ein Geburtstagsgeschenk für seinen Sohn geholt habe. „Das ist kompletter Müll, ich habe keinem etwas getan“, warf er seinem Vermieter vielmehr vor, ihn zu schikanieren und durch das Gerichtsverfahren aus der Wohnung werfen lassen zu wollen. Gegen ihn ist eine Räumungsklage anhängig, die sich auf den Vorfall aus dem vergangenen Sommer stützt. „Mein Vermieter hätte sonst keinen Kündigungsgrund. Ich habe meine Miete immer bezahlt.“
Er sei auch nicht der erste Mieter, der mit dem 82-Jährigen Probleme habe, berichtete der Angeklagte. Auch ihn habe man im Dorf mehrfach vor dem Mann gewarnt. Über die Jahre habe er mehrfach kleine Arbeiten am Haus des Seniors durchgeführt. Zum Streitpunkt seien dann allerdings Reparaturarbeiten am Dach geworden, für die er 150 Euro von der Miete abgezogen habe. Sein Vermieter sei daraufhin aus der Haut gefahren und habe ihm mit einer Anzeige wegen Schwarzarbeit gedroht. Die 150 Euro habe er mit der nächsten Miete nachbezahlt, das Verhältnis sei anschließend aber vollkommen zerrüttet gewesen. „Freiwillige Arbeiten, die ich aus Respekt vor einem älteren Menschen gemacht habe und für die ich nie einen Cent verlangt habe, habe ich dann nicht mehr durchgeführt“, so Stefan D.
Eine vollkommen andere Version erzählte hingegen der 82-jährige Rentner. Sein Mieter habe mal wieder die Nacht zum Tag gemacht, sodass er kaum habe schlafen können. Auch dessen Hund habe gebellt „wie ein Weltmeister“. Er habe ihn wegen des Krachs zur Rede gestellt, woraufhin Stefan D. mit den Fäusten auf ihn losgegangen sei. Beim Ausweichen sei er gestolpert und hätte erst am Boden liegend nach seinem Gehstock greifen und weitere Schläge abwehren können.
Beim Sturz habe er eine Sandale verloren, den der Angeklagte eine Böschung hinuntergeworfen habe. Den zweiten Schuh habe ihm Stefan D. sogar bewusst ausgezogen und ebenfalls die Böschung hinabgeworfen. „Ein Nachbarsjunge hat später danach gesucht, aber nur einen gefunden. Die andere Sandale liegt vermutlich heute noch dort in den Dornbüschen“, so der 82-Jährige, der ein ärztliches Attest vorlegte, wonach er Schmerzen in der Schulter und ihm Kniegelenk gehabt sowie Hämatome und Schürfwunden am Bein erlitten habe.
Neben den Lärmbelästigungen habe Stefan D. die Miete auch selten pünktlich gezahlt, weswegen er ihm zwei Kündigungen ausgesprochen habe. Die Streitereien um die 150 € bestätigte der 82-Jährige: „Hätte er nichts gesagt, hätte ich ihm 100 Euro gegeben. Dass er für 30 Minuten Arbeit drei Stunden bezahlt haben wollte, war frech. Deshalb hat er gar nichts bekommen.“
Richter Haase sah zwar die Anklage nicht vollumfänglich bestätigt, glaubte dem Rentner aber, dass er von seinem Mieter attackiert wurde. Er verurteilte Stefan D. zu einer Geldstrafe von 1.350 Euro. In seiner Begründung sprach der Richter von einem provozierten Streit, trotzdem habe der Morsbacher in seiner Verärgerung nicht zuschlagen dürfen.
Beendet dürfte das Verfahren damit aber noch nicht sein: Der Verteidiger des 42-Jährigen deutete bereits vor dem Urteil an, in Berufung gehen zu wollen. Er bemängelte, dass die Polizeibeamten, die den Vorgang damals aufgenommen hatten, nicht vor Gericht gehört wurden und sprach wegen der ausstehenden Räumungsklage von einer „deutlichen Belastungstendenz“ des Vermieters.
