BLAULICHT
Illegale Pornos auf PC? Angeklagter sieht sich als Opfer von Hackern
Waldbröl – 24-Jähriger soll jugend- und kinderpornografische Videos besessen haben – Der Nümbrechter bestreitet die Vorwürfe.
Von Lars Weber
Wegen dem Besitz und möglicherweise auch der Verbreitung jugend- und kinderpornografischer Schriften hat sich heute der 24-jährige Nümbrechter Stefan N. (Anm.d.Red.: Name geändert) vor dem Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Carsten Becker verantworten müssen. Die Polizei fand auf seiner Festplatte und in einer digitalen Cloud (Speicherplatz im Internet) insgesamt fünf Videos, die Minderjährige unterschiedlichen Alters in eindeutigen Aktionen zeigen. Stefan N. bestritt beim Prozessauftakt am Amtsgericht Waldbröl die Anschuldigungen – und lieferte Vermutungen gleich mit, wie die Filme auf seinen Computer gekommen sein könnten.
Die Staatsanwaltschaft legt dem 24-Jährigen zur Last, zwischen 9. Februar 2019 und Dezember 2021, jugend- und kinderpornografisches Material besessen zu haben. Drei Videos seien dabei in einer persönlichen Cloud ins Netz hochgeladen gewesen. Alle Filme zeigten laut Anklage Mädchen im jugendlichen Alter von etwa 15 Jahren, die sexuelle Handlungen an sich oder anderen Mädchen vornehmen. „Es ist unklar, für wen diese Videos alles zugänglich waren“, so die Staatsanwaltschaft. Auf der Festplatte, die bei dem Angeklagten gefunden wurde, fand man diese Videos noch einmal plus zwei weitere Filme. Ein Video soll dabei etwa zwölf bis 13 Jahre alte Mädchen zeigen, also Kinder.
Der Angeklagte möchte von den Videos nichts gewusst haben. Stefan N. erklärt sich den Fund damit, dass er sich 2019 über ein Kleinanzeigen-Portal im Internet einen gebrauchten Computer gekauft hat. „Dieser war fertig eingerichtet.“ Seine Vermutung: Die Dateien lagen damals bereits auf der Festplatte, ohne dass er sie bemerkt hätte. Den Datenträger behielt er auch, als er den PC rund ein Jahr später wieder über das Internet weiterverkaufte, um sich einen neuen zusammenzustellen. Die alte Festplatte verbaute er dabei aber erneut. „Ich dachte, da wären nur Spielstände von Computerspielen drauf“, sagte er.
Für die Videos in der privaten Cloud könnten seiner Ansicht nach Hacker verantwortlich sein. Zwar habe er ein Konto bei dem entsprechenden Anbieter besessen und während seiner Schulzeit genutzt. Anschließend sei er dort aber nicht mehr aktiv gewesen und inzwischen sei das Konto auch wegen Inaktivität gelöscht worden, gab der 24-Jährige Auskunft. Erst in letzter Zeit seien andere Nutzerkonten von ihm gehackt worden.
Der Argumentation des Angeklagten wollten Richter Becker und die Staatsanwaltschaft nicht so richtig folgen. „Warum sollten Hacker ausgerechnet Sie angreifen und Videos hinterlegen. Das würde nur Sinn machen, wenn Sie jemand reinreiten will“, sagte Becker. Der Richter und die Staatsanwaltschaft stellten jede Menge Nachfragen zum Kauf des gebrauchten Computers oder zur Nutzung der Cloud. An viele Details konnte sich der Angeklagte aber nicht oder nur vage erinnern, zum Beispiel, bei wem genau er den gebrauchten PC genau gekauft hatte. Alle Mails dazu seien gelöscht worden beziehungsweise Teil eines gelöschten E-Mail-Accounts gewesen.
Da der Polizist, der für die Datenauswertung der Festplatte verantwortlich war, heute nicht als Zeuge teilnehmen konnte und auch die kommenden Wochen dienstlich ausgelastet ist, beschloss das Gericht nach einem Rechtsgespräch die Aussetzung des Verfahrens und die Neuansetzung im Sommer. Dies soll auch Zeit für weitere Ermittlungen bringen. Bis zum Neustart der Verhandlung möchte das Gericht die Polizei mit weiterführenden Auswertungen der Daten beauftragen. Auch bei Google wolle man nachfragen, ob das Unternehmen noch an Mails des bereits gelöschten Nutzerkontos des Angeklagten komme.
