SOZIALES

„Druck auf Hilfesuchende ist gestiegen“

lw; 30.03.2020, 17:00 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Susanne Hahmann ist Geschäftsbereichsleiterin der Wohnhilfen Oberberg. Bei ihr und ihren Kollegen finden Menschen in Wohnungsnot, bei Wohnungslosigkeit und in anderen Krisen oder Notlagen Unterstützung.
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„Druck auf Hilfesuchende ist gestiegen“

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lw; 30.03.2020, 17:00 Uhr
Oberberg – Menschen ohne Einkommen oder ohne Wohnung sind besonders von Coronakrise betroffen – Wohnhilfen Oberberg müssen Angebote umstellen.

Von Lars Weber

 

Eigentlich gibt es für Menschen ohne Einkommen und ohne Wohnung beziehungsweise für von Wohnungsnot bedrohte Menschen viele Hilfsangebote, auf die sie sich in schweren Zeiten verlassen können. Bei den Tafeln oder auch Suppenküchen gibt es Essen, bei sozialen Einrichtungen offene Treffs, bei denen sie Hilfe bekommen, ihre Existenz zu sichern. So zum Beispiel bei den Wohnhilfen Oberberg von der Diakonie Michaelshoven. Doch seit Corona ist alles anders. Tafeln und Suppenküchen mussten schließen, die offenen Treffs können nicht mehr durchgeführt werden. Persönliche Beratungen finden nicht mehr wie gewohnt statt. „Durch Corona ist für diese Menschen die Herausforderung, das Leben zu meistern, noch viel größer als bei Bürgern in gesicherten Verhältnissen“, sagt Susanne Hahmann, Geschäftsbereichsleiterin der Wohnhilfen Oberberg.

 

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Gesicherte Zahlen darüber, wie viele Menschen im Kreis ohne Einkommen sind, keine Wohnung haben oder davon bedroht sind, obdachlos zu werden, gibt es nicht. „Mit unseren Angeboten erreichen wir pro Jahr aber etwa 1.600 Personen“, so Hahmann. In die Notunterkünfte im Kreis ziehe es in den vergangenen Monaten – bereits vor Corona – immer mehr Menschen. Die Altersstruktur ist dabei weit gefasst. Die Menschen, die zu ihnen kommen, seien zwischen 18 und 80 Jahren. Für sie ist zu Zeiten von Corona die tägliche Struktur weggebrochen, das betrifft nicht nur den Besuch in der Suppenküche, sondern auch das Geschäft von Flaschensammlern oder Menschen, die um Spenden bitten. „Viele haben zudem auch Vorerkrankungen, sind also besonders gefährdet“, sagt Hahmann. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass allein das tägliche Händewaschen gar nicht für alle umzusetzen ist, weil der Zugang zu warmem Wasser fehlt.

 

Die Wohnhilfen Oberberg stehen durch die Schließung der Hilfsangebote vor dem Problem, dass die normalen Wege zur Kontaktaufnahme nicht mehr vorhanden sind. „Zu unserem Treff in Gummersbach zum Beispiel kamen bis zu 25 Menschen.“ Der Bedarf sei ja noch immer da, viele wüssten jetzt aber nicht, wohin sie sich wenden sollen. „Der Druck auf die Menschen ist gestiegen.“ Deshalb denken die Mitarbeiter der Wohnhilfen nun um. Noch mehr als früher seien sie in den Notunterkünften präsent, sie verteilen Informationsblätter mit wichtigen Nummern, sie führen Telefonate mit den Ordnungsämtern, Jobcentern, Kooperationspartnern und den ehrenamtlichen Mitarbeitern, um die Notlage der Menschen in ungesicherten Wohnungen und Existenzen nicht noch weiter zu gefährden. „Wir wollen schnell wieder Kontakt aufbauen“, erklärt Hahmann.

 

[Noch mindestens bis zum 19. April hat die oberbergische Tafel geschlossen.]

 

Die Wohnhilfen versuchten sich gerade ein Bild davon zu machen, wie die Situation bei den Menschen aussieht. „In den Notunterkünften fragen wir zum Beispiel ab, was benötigt wird.“ Dort würden Essenspakete oder Gutscheine ausgegeben. Anderen Personen werde geholfen, dass über das Jobcenter das Geld für die Miete oder das Mindeste fürs Leben reinkommt. Hahmann fürchtet, dass die Zahl der Hilfesuchenden noch steigen wird. „Wer jetzt seinen Job verliert und keine Absicherung hat, darf auf keinen Fall noch seine Wohnung verlieren. Räumungsklagen, Abstellen von Strom und Wasser, das darf in dieser Ausnahmesituation nicht erfolgen.“

 

Um den Menschen in Not helfen zu können, sind die Wohnhilfen auch auf die Bevölkerung angewiesen. „Normalerweise bitten wir Bürger vor allem in den Wintermonaten um ihre Mithilfe und darum, gefährdete Personen bei uns zu melden. Aber aufgrund der aktuellen Situation brauchen wir jetzt noch stärker ihre Unterstützung.“ Wer gefährdete Menschen kennt oder sieht, soll sich bei den Wohnhilfen melden.

 

Kontakt zu den Wohnhilfen Oberberg:

 

Gummersbach, Bergneustadt, Engelskirchen, Marienheide

Tel.: 02261/9 69 06 20 und 02261/96 90 60

Wipperfürth, Lindlar, Hückeswagen, Radevormwald:

Tel.: 02267/6 55 77 50

Wiehl, Reichshof, Nümbrecht, Waldbröl, Morsbach

Tel.: 02291/80 85 00

 

E-Mail: wohnhilfen-oberberg@diakonie-michaelshoven.de

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