POLITIK
„Der direkte Einfluss wird mir fehlen“
Engelskirchen - Dr. Gero Karthaus tritt nicht mehr als Bürgermeister an - Zum Ende seiner Amtszeit hält er mit Oberberg-Aktuell Rückschau und blickt auch nach vorne.
Von Leif Schmittgen
Seit 2009 leitete Dr. Gero Karthaus die Geschicke im Engelskirchener Rathaus. Zur bevorstehenden Kommunalwahl tritt er nicht mehr als Bürgermeister an und verabschiedet sich in den Ruhestand. Oberberg-Aktuell wagt zum Ende seiner Dienstzeit einen Rückblick auf Höhen und Tiefen seiner drei Amtsperioden. „Der direkte Einfluss auf die Ereignisse in der Gemeinde wird mir fehlen“, sagt Karthaus.
Hat er doch einiges bewegt und Kontakt zu vielen Vereinen gepflegt oder diverse Projekte direkt angestoßen. Als Positivbeispiele nennt der 64-Jährige dabei den Aggerstrand. Aus einem verrottenden Dorfschwimmbecken habe man einen Freizeitpark und Ort der Begegnung mit Jugendzentrum und Kindergarten geschaffen. Ein weiterer Höhepunkt sei die Etablierung der Veranstaltungsfläche hinter dem Rathaus gewesen.
„Das ist damals mit einer Stimme Mehrheit hauchdünn im Rat gewesen“, erinnert sich der Bürgermeister. Heute sei das Gelände gar nicht mehr aus dem Gemeindeleben wegzudenken. Mit Blick auf die Finanzen gerät der Rathauschef fast ins Schwärmen. „Wir waren die ärmste Kirchenmaus im Kreis“, betont er. Inzwischen steht die Rathauskasse wie Persil am Himmel.
„Wir haben 25 Millionen Euro Schulden abgebaut und Überschüsse von 12 Millionen Euro erwirtschaftet“, sagt Karthaus stolz. In den vergangenen sieben Jahren habe man eine Wendung erlebt, die zum einen den zeitlichen Umständen geschuldet ist, aus dem „Tal der Tränen“ sei man aber auch durch umsichtiges Handeln gekommen. Die Verwaltung mit den etwa 100 Mitarbeitern sei inzwischen landesweit eine der schlanksten und die Gewerbesteuer sprudelt, obwohl man mangels topografischer Expansionsmöglichkeiten seit Jahrzehnten keine neuen Flächen ausgewiesen habe.
„Ich habe auch deswegen immer auf Qualität anstatt Quantität gesetzt“, umschreibt er seine Strategie, um zukunftsfähige und innovative Unternehmen nach Engelskirchen zu holen bzw. zu halten. Mit Freude blickt er auf das Höhlenerlebniszentrum. Die Eröffnung fällt zwar nicht mehr in seine Amtszeit, im Rathaus erwartet man aber mit Spannung den Förderbescheid, der in den nächsten Wochen eintreffen soll. Wo Licht ist, gibt es bekanntlich auch Schatten. Zum einen bedauert es Karthaus bis heute, dass der Umbau der Alten Bücherfabrik in seinem Heimatort Ründeroth zum Gesundheits- und Kulturzentrum gescheitert ist. Und zum anderen erinnert sich Karthaus an die persönliche Diffamierungsversuche durch politische Mitbewerber während eines Wahlkampfes nur ungern.
„Es wird bei einer 70-Stunden-Woche gesundheitlich immer anstrengender, als Bürgermister hat man nie Feierabend“, begründet er seinen Entschluss, nicht mehr anzutreten. Drei Jahre saß Karthaus im Düsseldorfer Landtag, ehe er sich dazu entschied, in seine Heimatgemeinde zurückzukehren. „Kurz nachdem ich mich dazu entschloss, bekam ich eine Anfrage für den möglichen Posten des Umweltministers in Schleswig-Holstein und habe mich bewusst dagegen entscheiden“, sagt er.
Eine Entscheidung, die er nie bereut habe. Und wie geht es privat weiter? „Wir werden bald zum zweiten Mal Großeltern“. Deshalb wolle er neben dem Schreiben von Fachliteratur auch Kinderbücher verfassen. Außerdem könne er sich das eine oder andere ehrenamtliche Engagement vorstellen und will sich der Heimatkunde widmen. Insbesondere die Familie steht im Fokus seiner weiteren Planungen. Langweile herrscht bei Gero Karthaus nach eigener Aussage auch im Ruhestand bestimmt nicht.
