POLITIK

Corona-Virus kostet Kreis dieses Jahr 15 Millionen Euro

bv; 14.05.2020, 06:00 Uhr
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Foto: Bernd Vorländer --- Kreisdirektor Klaus Grootens (re.) und Kämmerei-Leiter Wolfgang Hamm hoffen auf Perspektiven des Landes, um Kreis und Kommunen bei der finanziellen Bewältigung der Corona-Folgen zu helfen.
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Corona-Virus kostet Kreis dieses Jahr 15 Millionen Euro

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bv; 14.05.2020, 06:00 Uhr
Oberberg - Kreisdirektor Klaus Grootens und der Leiter der Kreiskämmerei, Wolfgang Hamm, über die zu erwartende schwierige Finanzlage.

Von Bernd Vorländer

 

OA: Welche Spuren hinterlässt das Corona-Virus in der Region?

Grootens: Corona wird deutliche Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte haben, wir merken das als Kreis schon jetzt nachdrücklich, haben Einnahmeausfälle und Mehraufwendungen. In den Kommunen gibt es Gewerbesteuerrückgänge, die Anteile an der Umsatz- und Einkommenssteuer sinken. Man muss aber auch sehen: Die Lage in den Kommunen ist unterschiedlich. Wir als Kreis-Verwaltung müssen aktuell erhebliche Mittel aufwenden für Testungen, die wir sehr ernst nehmen. Jede Laboruntersuchung verursacht Kosten von rund 60 € und derzeit weiß noch niemand, ob sich diese Belastungen komplett refinanzieren lassen.

 

Darüber hinaus waren wir gefordert, vorsorglich eine kommunale Krankenhilfeeinrichtung zur Gefahrenabwehr einzurichten, weil im März niemand wissen konnte, ob uns Zustände wie in Norditalien bevorstehen würden. Deshalb haben wir das Franz-Dohrmann-Haus in Marienheide ertüchtigt, was allein 400.000 € gekostet hat. Über zwei Millionen Euro haben wir zudem in Schutzmaterial investiert. Und bei den Sozialkosten rechnen wir mit deutlichen Mehrausgaben von fünf Millionen Euro gegenüber unserem Haushaltsansatz.

 

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OA: Und wie sieht es bei den Einnahmen aus?

Grootens: Wir spüren erheblich, dass wir Gebührenrückgänge haben. Das Zulassungsgeschäft etwa bei den Straßenverkehrsämtern ist deutlich zurückgegangen. Auch bei der Geschwindigkeitsüberwachung stellen Kreis und Polizei kaum noch Verstöße fest - weil viel weniger gefahren wird.

 

OA: Haben sie eine Vorstellung, was den Kreis die ersten Corona-Monate gekostet haben?

Grootens: Wir haben in der vergangenen Woche nach Abstimmung im Ältestenrat des Kreises ein außerplanmäßiges Budget von 4,13 Millionen Euro für Corona-bedingte Ausgaben zur Verfügung gestellt bekommen. Insgesamt muss man sagen, dass wir aus heutiger Sicht Zusatzkosten im Kreishaushalt 2020 von 15 Millionen Euro befürchten. Diese Summe ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. Wenn sich die Dinge verbessern, kann sich der Fehlbetrag auf 10 Millionen verringern, er kann aber, wenn es schlecht läuft, auf 20 bis 25 Millionen Euro ansteigen. Das bedeutet, dass wir eigentlich an unsere Ausgleichs- und allgemeine Rücklage heranmüssen.

 

OA: Ohne intensive Unterstützung des Landes NRW werden sie wohl kaum auskommen. Würde ein Rettungsschirm helfen?

Grootens: Seit wenigen Tagen ist bekannt, dass der Etat des Landes mit einem weiteren Nachtragshaushalt versehen werden soll, von dem fünf Milliarden Euro für die Kommunen vorgesehen sind. Wir wissen aber bisher noch nichts über die Ausgestaltung, wie das Geld verteilt würde und ob die Summe in der Lage ist, alle Defizite vor Ort aufzufangen.

Hamm: Es besteht aber noch eine andere Möglichkeit. Das Land NRW hat mitgeteilt, dass man durch Corona verursachte negative Haushaltsergebnisse quasi isolieren kann. Dadurch würden Verbindlichkeiten zeitlich gestreckt. Wir sehen aber den genannten Zeitraum von 50 Jahren als viel zu lang an, wenn man die Generationengerechtigkeit ins Auge nimmt. Im Übrigen sind wir als Öffentliche Hand ein solventer Schuldner und angesichts der sehr niedrigen Zinsen wäre das eine Möglichkeit, die Corona-Belastungen in den Griff zu bekommen.

Grootens: Das Land hat im Übrigen erklärt, dass die Haushalts-Sanierungspläne der Kommunen, und das Ziel, mit dem Stärkungspakt die Etats wieder auszugleichen, durch Corona nicht beeinflusst werden sollen.

 

OA: Wie stellt der Kreis eigentlich künftig einen Haushalt auf, wenn die Rahmendaten so unsicher wie derzeit sind?

Grootens: Die Ungewissheit ist in der Tat groß. Wir werden den Haushalt für das kommende Jahr erst sehr spät 2020 einbringen und dann auch erst Anfang 2021 verabschieden. Das hatten wir schon wegen der Kommunalwahl eigentlich vor.

 

OA: Gibt es weitere Unsicherheiten?

Grootens: Niemand weiß, ob wir nicht wieder einen stärkeren Zuzug nach Deutschland haben, weil eine Pandemie eben nicht an Ländergrenzen Halt macht und wir anderenorts mit humanitären Katastrophen rechnen müssen. Ganz gewiss ist Corona in seiner Auswirkung – ob bei uns oder andernorts – ja ein riesiges Problem.

 

OA: Wird sich unser Leben durch Corona verändern?

Grootens: Das denke ich schon. Natürlich würden wir gerne wieder Konzerte oder Sportereignisse erleben und uns unbeschwert verhalten, aber einiges wird nach dem Virus anders als früher sein. Werden wir uns künftig zur Begrüßung noch die Hand geben? Werden wir dauerhaft Masken tragen? Niemand vermag das heute zu sagen. Ich hoffe, dass die Bürger mit Aufmerksamkeit und dem nötigen Respekt in diese, durch die Pandemie bestimmten nächsten Tage, Wochen und Monate gehen.   

 

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