MORSBACH
BWO Lichtenberg: Lebens- und Arbeitsort seit 35 Jahren
Morsbach – 1985 eröffnete die BWO Behinderten Werkstätten Oberberg in Lichtenberg einen zweiten Standort - Die Corona-Pandemie traf den Betrieb ausgerechnet im Jubiläumsjahr.
Als die BWO Behinderten Werkstätten Oberberg 1972 in Wiehl-Faulmert ihre Türen öffneten, beschäftigte sie sieben Menschen. Die Einsicht, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung für ihren Lebensunterhalt arbeiten können und wollen war neu. Doch sie setzte sich durch, die BWO wuchs rasant. Schnell kamen die Beschäftigten nicht mehr nur aus der Nachbarschaft, sondern auch aus dem südlichen Oberbergischen Kreis und sogar dem Rhein-Sieg-Kreis. „Familien, die sehr lange Anfahrtswege in Kauf nehmen mussten, wollten wir entgegenkommen“, erläutert Dietmar Groß, der bis 2018 Geschäftsführer der BWO war, warum 1985 eine Zweigstelle in Morsbach-Lichtenberg eröffnet wurde.
In diesem Jahr feiert die Zweigstelle der BWO in Lichtenberg ihr 35. Jubiläum. Innerhalb der BWO-Belegschaft wird sie schon lange als „Musterwerkstatt“ bezeichnet, so Geschäftsführer Jens Kämper: „Mitten im Industriegebiet gelegen, ist man ganz nah dran an vielen Unternehmen und doch schnell im Grünen und versteht sich als Teil der Lichtenberger Dorfgemeinschaft.“ Mit 80 Beschäftigten gestartet, wird hier heute über 200 Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht. Daneben bieten die „Heilpädagogischen Arbeitsgruppen“ Menschen mit einem hohen Assistenzbedarf Raum zur Persönlichkeitsentwicklung und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Erster Werkstattleiter des Standorts war Götz Köhler, dessen Sohn Rainer heute die Produktion leitet. 2006 übernahm Oliver Meinhold die Werkstattleitung. Er kam durch den Zivildienst zur BWO – und ist geblieben: „Eigentlich wollte ich Elektrotechnik studieren, aber schon am dritten Tag meines Zivildienstes war klar, dass mein Herz für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung schlägt. Ihr Lebensmut und ihre Lebensfreude ließen mich nicht mehr los“, erklärt er, warum sich eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger statt eines Studiums anschloss.
Für die Beschäftigten ist die BWO nicht nur ein Ort der Arbeit, sondern auch ein Stück Heimat. Zum Beispiel für Mareike Leckebusch, Frauenbeauftragte und Mitglied des Werkstattrates. „Klar habe ich gerne frei, aber ich komme auch gerne zur Arbeit. Denn hier treffe ich all meine Freunde“, sagt sie.
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Die Corona-Pandemie traf den Lebens- und Arbeitsort ausgerechnet im Jubiläumsjahr. Während die Werkstatt von Menschen mit Behinderung nicht mehr betreten werden durfte, versuchte ein Teil der hauptamtlichen Mitarbeiter Aufträge abzuarbeiten, während der andere Teil im HBW Haus für Menschen mit Behinderung Wiehl oder dem benachbarten Wohnverbund St. Gertrud aushalf. Noch müssen die Beschäftigten abwechselnd zu Hause bleiben, damit die Abstandsregelungen eingehalten werden können. Ein Großkunde ging verloren. Staatliche Entschädigungsleistungen für die durch das Betretungsverbot verursachten Einbußen gab es bislang jedoch nicht. „In der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass Werkstätten leider immer noch zu oft vergessen werden“, sind sich Jens Kämper und Oliver Meinhold einig.
Auch abseits der Corona-Pandemie wünscht sich die BWO Lichtenberg mehr Kooperationen – zum Beispiel mit Unternehmen, die Praktikumsplätze für die BWO-Beschäftigten bereitstellen. In der Lichtenberger Dorfgemeinschaft dagegen ist man angekommen: „Es gibt kein Fest ohne einen Auftritt der BWO-Band Regenbogenexpress“, so Meinhold. Diese Offenheit, mit der Menschen mit Behinderung in Morsbach begegnet wird, sei ein klarer Verdienst des Vereins zur Förderung und Betreuung behinderter Kinder Oberbergischer Kreis.
Zu diesem schlossen sich Eltern von Kindern mit Behinderung 1963 aus dem Wunsch heraus zusammen, Fördermöglichkeiten und Perspektiven für ihre Kinder zu schaffen. Neben der BWO gründete der Verein auch die Frühförder- und Beratungsstelle „Haus früher Hilfen“, die HBW Haus für Menschen mit Behinderung GmbH, einen familienunterstützenden Dienst und das inklusive Touristik-Angebot „Viel-Falter-Reisen“. „Es ist beispiellos in der Region, dass ein Verein so vielen bislang vergessenen Menschen Lebensinhalt und Lebensunterhalt verschafft hat“, betont Meinhold.
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