LOKALMIX

Borkenkäfer-Plage gibt der Fichte den Rest

bv; 23.04.2020, 06:00 Uhr
WERBUNG
Archivfoto: Michael Kleinjung --- Das Fichtensterben geht mit der Fortsetzung der Borkenkäferplage weiter.
LOKALMIX

Borkenkäfer-Plage gibt der Fichte den Rest

  • 0
bv; 23.04.2020, 06:00 Uhr
Oberberg - Situation dürfte sich auch in Oberberg dramatisch zuspitzen - Schädlings-Population überlebte den Winter in großen Mengen.

Von Bernd Vorländer

 

Sie hatten Stoßgebete gen Himmel geschickt, den ganzen Winter über. Sie hatten gehofft, der Kelch möge in diesem Jahr an ihnen vorbeigehen. Doch es hat alles nichts genutzt. Der Borkenkäferbefall in den heimischen Wäldern nimmt immer dramatischere Züge an. Der Winter habe nicht die notwendigen klimatischen Bedingungen erfüllt, um eine Trendwende herbeizuführen, so Kay Boenig, Leiter des Regionalforstamts in Gummersbach. Er kommt zu einem geradezu vernichtenden Urteil: "Unterhalb von 400 Metern hat die Fichte keine Chance mehr. Die Bedrohungslage ist extrem hoch." Die Baumart sei durch den Klimawandel vorgeschädigt, die Borkenkäferplage gebe ihr den Rest. Noch vor einigen Tagen hatte das "Team Waldschutz" in oberbergischen Wäldern Rinden-Proben entnommen und ausgewertet. Ergebnis: Hochgerechnet befinden sich etwa 20 Millionen Borkenkäfer pro Hektar Wald.

 

WERBUNG

Und es könnte noch schlimmer werden. Die ersten warmen Tage im April sorgten dafür, dass die gefräßigen Käfer wieder auf der Suche nach neuen Opfern sind. Sie fliegen bis zu 500 Meter weit, folgen den Harz-Duftstoffen, die die Fichte abgibt und sind auf die braune Silhouette der Bäume gepolt. Haben sich die ersten Käfer an einem Baum erst einmal eingenistet, locken sie ihrerseits mit eigenen Düften weitere Vertreter ihrer Spezies an. "Das Signal ist ein zweifaches: An diesem Baum gibt es Fressen und Fortpflanzungsmöglichkeiten", beschreibt Kay Boenig den Verlauf. Würde auch das Jahr 2020 heiß und trocken, potenziert sich die Bedrohungslage für den Wald. Dann nämlich wäre es denkbar, dass drei bis vier Borkenkäfer-Generationen neu schlüpfen könnten. Folge: Der Wald würde in diesem Fall mit Borkenkäfern geradezu geflutet. Ein Prozess, den man so gut wie gar nicht aufhalten kann.

 

Gegenmaßnahmen wären unverhältnismäßig teuer und würden sicherlich nicht von allen Waldbesitzern durchgeführt. Schließlich klagen sie bereits aktuell über erhebliche Verluste. Der Holzpreis kennt nur eine Richtung - nach unten - und hat binnen von drei Jahren um 70 Prozent nachgegeben. So kann man im Prinzip nur noch zuschauen, wie der Borkenkäfer den Wald, wie wir ihn kennen, vernichtet. Allerdings wird man auch lernen müssen, dass der Weg von Monokulturen der Vergangenheit angehört. "Wir plädieren dafür, im Wald der Zukunft Vielfalt zu fördern", sagt Kay Boenig. Dies minimiere das Risiko bei weiterem Schädlingsbefall. Totholz aus dem Wald zu schaffen und zerstörte Flächen wieder aufzuforsten wird Jahre in Anspruch nehmen. Etwa 5.000 Hektar Fläche, so die Schätzung des Forstamtsleiters, benötigen in der heimischen Region künftig eine Wiederaufforstung.

 

Bereits jetzt erhalten Waldbesitzer Beihilfen des Landes NRW bei der Aufforstung. Ob der Umfang angesichts der Schäden ausreicht, ist fraglich. Schließlich ist es nur den wenigsten möglich, die Verluste beim Waldbesitz hinzunehmen und gleichzeitig zu investieren, mit der Aussicht, dass der Ertrag meistens nur auf lange Sicht zu erzielen ist.   

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG