LOKALMIX

Zwischen Nähe, Sorgen und horrenden Preisen

ks; 22.11.2020, 17:00 Uhr
Foto: Die alternative Hauskrankenpflege Uwe Söhnchen/Häusliche Krankenpflege Herzog/Pflegedienst Mobidik --- Die Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten können sich und ihre Klienten mittlerweile mit Schnelltests auf Covid-19 testen.
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Zwischen Nähe, Sorgen und horrenden Preisen

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ks; 22.11.2020, 17:00 Uhr
Oberberg – Die ambulanten Pflegedienste stehen im engen Kontakt zur potentiellen Risikogruppe – Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Mitarbeiter konfrontiert?

Von Katharina Schmitz

 

„Wir fühlen uns allein gelassen“, gibt Katja Röger vom ambulanten Pflegedienst Mobidik aus Marienheide zu. Zwar arbeiten die Pflegekräfte in einem krisensicheren Job, doch hat sich dieser in den vergangenen Monaten extrem verändert. Zahlreichen Mitarbeitern bereiten nicht nur die tagtäglichen Kontakte zu Kunden aus der Risikogruppe Sorgen. Auch der Verwaltungsaufwand ist enorm gestiegen. Touren wurden umstrukturiert, um die Anzahl an Kontaktpersonen zu reduzieren und im Falle einer Infektion weiter arbeiten zu können. Zudem mussten und müssen nach wie vor Schutzausrüstungen erworben werden. „Das war zu Beginn der Pandemie eine Katastrophe. Erst nach fünf Wochen hatten wir alles beisammen“, so Röger.

 

[Karen Herzog beklagt sich über die horrenden Preise bezüglich der Schutzkleidung.]

 

Die Pflegekräfte – und das gilt nicht nur für die Mitarbeiter der ambulanten Pflege – mussten kreativ werden. „Die Erstausstattung zusammenzukriegen, war nicht schwierig, sondern unmöglich. Wir haben unsere Masken dann selbst nähen lassen“, sagt Birger Tonn, Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes in Gummersbach. Aktuell sehen sich einige Verantwortliche mit der erschwerten Beschaffung von Schutzhandschuhen konfrontiert. „Früher haben wir eine Packung mit 200 Handschuhen für 6,50 Euro erworben. Jetzt bekommt man so eine Packung für 47 Euro“, erklärt Volker Dick, Prokurist beim Pflegeteam Sandra Weber aus Reichshof. Aus diesem Grund sind einige Pflegedienste dazu übergegangen, Schutzhandschuhe nicht mehr bei den Kunden zu belassen. Zum Teil begeben sich die Verantwortlichen täglich auf die Suche nach relativ günstigen Angeboten – Zeit, die an anderer Stelle fehlt.

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Doch neben den genannten Problematiken haben die ambulanten Pflegedienste in den vergangenen Monaten auch Unterstützung erfahren. So sei die Auszahlung der sogenannten Corona-Prämie problemlos vonstatten gegangen. Und auch die Refinanzierung von Mehrkosten, Material, Schulungen oder auch personeller Art wurden durch den Rettungsschirm aufgefangen. „Außerdem haben wir mit der neuen Testverordnung und den Schnelltests nun die Möglichkeit, uns selbst zu testen. Die Mitarbeiter machen jeden Morgen ein ‚Selbst-Screening‘. Bei Erkältungssymptomen bleiben sie vorsichtshalber zu Hause“, erklärt Karen Herzog vom Hückeswagener Pflegedienst Herzog.

 

So verfährt man auch bei der alternativen Hauskrankenpflege mit Sitz in Dieringhausen, die insgesamt 1.800 Schnelltests geordert hat. Dort werden die Mitarbeiter wöchentlich getestet. „Bislang hatten wir keinen positiven Fall. Lediglich ein Mitarbeiter musste vorsorglich in Quarantäne. Dass Mitarbeiter zu Hause bleiben, können wir uns derzeit noch leisten“, so Uwe Söhnchen von der alternativen Hauskrankenpflege. Doch die Sorge, das Virus bei den Kunden hereinzutragen, teilen viele Pflegekräfte – nicht zuletzt, da es sich bei den Personen oftmals um Mütter handelt, deren Kinder Schulen Kitas besuchen.

 

[Die ambulanten Pflegedienste (hier: Pflegedienst Mobidik) zeigen Verständnis für die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes.]

 

Die meisten Pflegedienste scheinen bislang von Covid-19 verschont geblieben zu sein. Doch der Pflegedienst Herzog hatte zu Beginn der Pandemie bereits einen Fall zu beklagen. „Ein Kunde von uns war damals in der Ambulanz und hat sich dort mit dem Virus infiziert. Leider ist er nicht mehr aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen“, bedauert Herzog. Beim Pflegeteam Sandra-Weber gab es unter den 25 Mitarbeitern zwei positive Fälle. „Eine Mitarbeiterin ist wieder gesund, die andere ist seit Montag in Quarantäne – man merkt, dass das Gesundheitsamt extrem überlastet ist“, so Dick. Und auch Söhnchen erkennt: „Die Einschläge der Infektionen kommen näher. Aber wir sind sehr pingelig und wissen, wie vorsichtig wir sein müssen, ohne dabei zu vorsichtig zu sein – denn sonst wird es unmenschlich.“

 

Auch wenn die Infektionslage zurzeit dramatischer sei als im Frühjahr, seien die Klienten Dick zufolge nun gelassener. Doch vielen Kunden würden die sozialen Kontakte fehlen. „Die Leute sind gereizter und das lassen sie an uns aus. Wir kommen täglich vorbei und kriegen das dann ab. Da kann man nicht froh genug über ein gutes Team sein“, stellt Herzog fest. Gerade für die Risikogruppe hofft Söhnchen künftig auf Angebote, sodass diese Menschen auch wieder etwas mehr Kontakte ermöglicht bekommen. Außerdem hoffen die Verantwortlichen auf eine Verlängerung des Pflegerettungsschirms, der bis Dezember die Mehrkosten ausgleichen soll. Positiv bewerten die Pflegedienste die Fortschritte, die sie hinsichtlich der Digitalisierung gemacht haben. Doch eins liegt Söhnchen, der sehr positiv auf die Bewältigung der Pandemie blickt, ganz besonders am Herzen: „Wie dürfen nicht zulassen, dass die älteren Leute vereinsamen und wir dürfen es nicht verlernen, uns in den Arm zu nehmen.“

 

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