LOKALMIX

Streit um Privatwald in Dreibholz

pn; 01.12.2020, 22:00 Uhr
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Fotos: Peter Notbohm.
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Streit um Privatwald in Dreibholz

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pn; 01.12.2020, 22:00 Uhr
Wiehl - Anwohner wollen verhindern, dass ein Wald komplett verschwindet - Eigentümer sieht sich im Recht und spricht von Naturverjüngung.

Von Peter Notbohm

 

Die Politik und vermutlich demnächst auch die Justiz beschäftigt seit Samstag ein Streit zwischen Eigentümern und Anwohnern um Holzfällerarbeiten in Wiehl-Dreibholz. Dieser eskalierte so weit, dass die Polizei eingreifen musste und wechselseitige Anzeigen aufnahm. Ursache des Konflikts ist ein Wald in Privatbesitz, der dem Nümbrechter Immobilienunternehmer und Umweltgutachter Rainer Galunder gehört, nachdem dieser das Gelände mit seinem Geschäftspartner von einer Erbengemeinschaft gekauft hatte.

 

Das Grundstück am Ortsrand sollte für den Bau von zwei Einfamilienhäusern genutzt werden. Der Planungsausschuss des Wiehler Stadtrates hatte für das Projekt am 28. November des vergangenen Jahres bereits grünes Licht gegeben. Bei einem Wahlkampftermin vor Ort zur Kommunalwahl dieses Jahres sei Bürgermeister Ulrich Stücker aber „von Linken und Grünen überfallen worden“ und habe plötzlich seine Meinung geändert, heißt es von Galunder. Das Verfahren wurde daraufhin am 24. September ohne weitere Diskussion im Rat wieder gestoppt.

 

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Für ihn sei dieser Meinungsumschwung damals nicht nachzuvollziehen gewesen, sagt er, habe den Beschluss aber akzeptieren müssen, da allein die Stadt Wiehl über Bauland entscheide. Als Konsequenz entschloss er sich, den Wald nun zumindest forstwirtschaftlich zu nutzen: „Wenn wir nicht bauen dürfen, ernten wir.“ Anschließend wolle er – wie gesetzlich vorgeschrieben – innerhalb von zwei Jahren neuen Wald anpflanzen. Gegen diese Ernte wehren sich nun mehrere Anwohner. Astrid Wilhelmi und ihr Ehemann Norbert Piechotta stoppten am Samstag durch ihren Einsatz nicht nur die Holzfällerarbeiten, sondern sammelten auch bereits mehrere Unterschriften, um den Wald vor der vollständigen Abholzung zu retten.

 

Es handle sich um einen gesunden Wald mit alten Eichen und Buchen, der für die Umgebung von großer ökologischer Bedeutung sei. Aus ihrer Sicht mache es angesichts der aktuellen Tiefpreise für den Raummeter Holz wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, einen kompletten Wald verschwinden zu lassen, zumal neu angepflanzter Wald auch alte Bäume zum Schutz vor Wind, Wetter und schädlichen Umwelteinflüssen benötige. Man schädige den Wald für mehrere Jahrzehnte. Zudem zerstöre man den Lebensraum von Insekten und Waldfledermäusen. Wilhelmi hält Galunders Aussagen für vorgeschoben, die Anwohner werfen ihm vor, „durch die Vernichtung des Waldes die Voraussetzung für die Umwandlung des Waldstücks in Bauland erreichen zu wollen“.

 

 

Nach Rücksprache mit Mitarbeitern des Landesbetriebs Wald und Holz werde man die Situation weiter genau beobachten. Selbst wenn es zu einem Kahlschlag käme, dürfe das Wurzelwerk auf keinen Fall beschädigt werden, um eine Strukturveränderung zu verhindern. Sie sei ausdrücklich aufgefordert worden, einen solchen Eingriff dem Forstamt zu melden. Auch Bürgermeister Stücker ist inzwischen wieder involviert: Er vereinbarte weitere Gesprächen mit Galunder. Bis zu einer Klärung sollen auch keine weiteren Bäume gefällt werden. Zudem hat Stücker ebenfalls beim Regionalforstamt nachgefragt, ob rechtliche Gründe den Arbeiten entgegenstehen.

 

Galunder selbst widerspricht den Argumenten der Anwohner. Er betont, dass er ebenfalls Umweltschützer sei und spricht von vielen Gefahrenbäumen, die entweder zu nah an Grundstücken stehen und ohnehin aus gesetzlichen Gründen gefällt werden müssen oder durch die vergangenen Trockenjahre innerlich vertrocknet seien. „Es wird dort eine Naturverjüngung geben. Um das Ernten des Risikoholzes zu finanzieren, muss ich auch Stammholz fällen lassen.“ Auch zerstöre er keinen Lebensraum von Fledermäusen. „In den Eichen gibt es keine Baumhöhlen. Es handelt sich um Gebäudefledermäuse, die dort in der Siedlung leben. Gäbe es Baumhöhlen würde ich die Bäume niemals fällen lassen“, sagt er.

 

Ob Galunder auf das neuerliche Angebot der Anwohner eingeht, ihm das Waldgrundstück zu einem ortsüblichen Preis abzukaufen, darf derzeit wohl bezweifelt werden. Zu tief dürften die Gräben sein, nachdem Galunder seit Samstag nach Aufrufen in den sozialen Medien mehrfach persönlich bedroht worden sei.

 

KOMMENTARE

1

Inhaltlich kann ich zu den Vorgängen nichts sagen. Ich denke, es gibt für beide Seiten Argumente. Aber was überhaupt nicht akzeptabel ist, wenn Herr Galunder in den "asozialen" Medien bedroht wird. Diese Mittel sind aller unterstes Niveau. Wer so vorgeht, hat bereits jeglichen Kredit verspielt. So etwas ist nicht nur justiziabel, es ist verachtenswert und an Primitivität nicht zu überbieten. Hoffentlich werden die Verfasser ausfindig gemacht und zur Verantwortung gezogen.

Thomas Hohleich-Albert, 02.12.2020, 09:09 Uhr
2

Bauen um jeden Preis!

Geht man mal mit offenen Augen durch die Ortschaft Oberbantenberg und Bielstein, wird man feststellen, dass mittlerweile jede freie Wiese und jedes mögliche Waldstück als Bauland ausgewiesen wird.

Schön ist das nicht! Da kriegen einige wohl nicht den Hals voll…

Ne Oberberger , 02.12.2020, 11:16 Uhr
3

[...] Dreibholzer Wald: 100-jähriger O2-Produzent, CO2-Vernichter, Säuberer von Schadstoffen und Feinstoffen durch Brauerei und Kind und Co im Tal, Wasserspeicher und Regulierer, Habitat von Fledermäusen und Hornissen, Sturm- und Orkan-Schaden-Verhinderer von Ostwinden, Temperaturregulativ im Hochsommer von 35 Grad durch Waldeskühlung für den gesamten oberen Dreibholz mit über 30 Häusern. Waldvernichtung pur -Nein Danke.
9. Nach wie vor würden viele Dreibholzer quasi als Waldgenossenschaft zwecks Erhaltung des Waldes diesen zum hier waldüblichen Preis von 2,-€/Quadratmeter abkaufen. Bedeutete also bei 3500qm ca. 7000,- €. Dem Vernehmen nach stände dem eine absurde Forderung von 65.000,-€ gegenüber. Also fast 10-fach überhöht.

Norbert Piechotta, 02.12.2020, 11:53 Uhr
4

Ich kann beide Seiten verstehen, der eine möchte Wohnraum schaffen, was lobenswert ist. Wir wissen alle wie schlimm die Wohnnot ist. Auf der anderen Seite kann ich die Anwohner verstehen das sie den Wald aus den hier bekannten Gründen retten wollen. Ich hoffe nur das sich die 2 Parteien auf einen Konsens einigen können.

Christiane Winter, 05.12.2020, 18:00 Uhr
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