SOZIALES

Ein Ex-Nationalspieler, die BWO und eine Mission

lw; 20.08.2021, 16:55 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Schon 1.000 CO2-Ampeln wurden in den Werkstätten für "HygieneCircle" hergestellt. Marcell Jansen (v.l.) schaute bei seinem Besuch Dieter Seidler, Nina Lewits und Michael Zießow kurz über die Schulter.
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Ein Ex-Nationalspieler, die BWO und eine Mission

lw; 20.08.2021, 16:55 Uhr
Wiehl – Marcell Jansen gründete während der Pandemie eine gemeinnützige Organisation, die Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen mit modernen Hygienelösungen ausstattet – Werkstätten produzieren CO2-Ampeln.

Von Lars Weber

 

Rund 450 Kilometer liegen zwischen dem Oberbergischen und Hamburg. Dass dieser Weg auch sehr kurz sein kann, zeigt die Verbindung zwischen den BWO-Behinderten Werkstätten Oberberg, dem Gummersbacher Unternehmen Divis Hygiene und der in der Hansestadt angesiedelten gemeinnützigen Organisation „HygieneCircle“. Dahinter steckt sozusagen geballte Prominenz, wurde diese doch von Ex-Fußball-Nationalspieler und HSV-Präsident Marcell Jansen gegründet. Die Organisation stattet Einrichtungen wie Schulen, Kitas oder auch Seniorenzentren mit maßgeschneiderten Hygiene-Digitalstrategien und dem notwendigen Zubehör aus. Die dafür wichtigen CO2-Ampeln werden von den Mitarbeitern der BWO hergestellt. Nun wurden die Werkstätten ebenfalls kostenfrei von „HygieneCircle“ ausgestattet. Zur Übergabe von 164 CO2-Ampeln, 21 Hygienestationen und dem System im Wert von rund 70.000 Euro sind heute auch Jansen und sein Geschäftspartner Benedikt Grütz in Faulmert gewesen.

 

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Jansen kam die Idee zu „HygieneCircle“ kurz nach dem Beginn der Pandemie. Er leitet nämlich nicht nur einen der größten Traditionsklubs in Deutschland, sondern hat nebenbei auch eine Sanitätshauskette gegründet und berät Unternehmen und Einrichtungen im Gesundheitsbereich. In dieser Funktion betreute er ein Seniorenheim inmitten der ersten Corona-Phase. „Es kamen viele Probleme auf“, erinnert er sich. Wo muss überall Desinfektionsmittel stehen, wie kann der Überblick über alle Menschen behalten werden, die vor Ort sind? Mit diesen Fragen wollte er die Menschen nicht allein lassen. „Das Personal soll sich um die Bewohner kümmern und sich weniger mit solchen Problemen herumschlagen.“

 

Mit dieser Motivation ging Jansen (Foto) zu Benedikt Grütz, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Organisation und sonst im Europäischen Wirtschaftssenat tätig. Grütz wiederum ist bekannt mit Torsten Klawunder, Geschäftsführer von Divis Hygiene mit Sitz in Gummersbach, der sonst unter anderem mit digitalen Einlasskontrollen zu tun hat, zum Beispiel für Flughäfen. Alle drei Männer erkennen die Tragweite der Problematik. Es gehe nicht nur um kurzfristige Hilfe. „Das Thema Pandemie und Hygiene wird uns in Zukunft stärker begleiten“, ist Jansen überzeugt. Die Mission sei daher klar: die Implementierung moderner und nachhaltiger Hygiene-Standards, auch über die Pandemie hinaus.

 

Nachdem in den Einrichtungen die Menschen gefragt wurden, wo der Schuh denn genau drückt, legte Divis los. Das Unternehmen entwickelte praktische Lösungen wie CO2-Ampeln oder Hygienestationen, die auch mit einer Cloud verbunden sind und dieser Daten liefert wie: Wo ist das Desinfektionsmittel bald leer, wie oft wurde die Station benutzt, welche Räume wurden gut gelüftet, wo ist Verbesserungspotenzial? Auf diese Weise nehme das System den Einrichtungen, wo es installiert ist, vieles ab. Das erste System wurde im Dezember 2020 installiert. Seitdem sind 40 dazugekommen, stets maßgeschneidert auf die Bedürfnisse vor Ort. 40 weitere seien in Produktion. Neben diesen Digitalstrategien stattet die Organisation die Einrichtungen auch mit Hilfsmitteln aus, zum Beispiel Masken für Kinder oder Corona-Tests. Finanziert wird dies alles über Spenden. Einige große Unternehmen seien an Bord, so Grütz. Die Spendensumme liege im siebenstelligen Bereich.

 

[Divis-Geschäftsführer Torsten Klawunder (l.) und Benedikt Grütz, Geschäftsführer von "HygieneCircle".]

 

Um den nachhaltigen Ansatz der Organisation zu stärken, sei es Jansen und seinen Partnern wichtig, die Produktion möglichst lokal zu halten. Divis-Chef Klawunder dachte bei einem möglichen Produktionsort für die Ampeln schnell an „die verlängerte Werkbank der Region“, die BWO. Nach einigen Treffen, unter anderem mit BWO-Produktionsleiter Ralf Laurent, war schnell klar: Das passt. „Sie sind sehr auf unsere Bedürfnisse eingegangen“, so Laurent. Etwa 1.000 CO2-Ampeln seien schon hergestellt worden. In den Produkten ist aber noch mehr „Made in Oberberg“. So kommt die Elektronik von der Firma Fercad aus Marienhagen und die Metallteile von der Firma Teschke aus Wehnrath.

 

BWO-Geschäftsführer Jens Kämper ist nach einigen unsicheren Zeiten während der Pandemie, in denen die Werkstätten auch einige Wochen schließen mussten, über den neuen Partner sehr froh. „Es ist toll, dass wir jetzt auch Dinge produzieren, die hier direkt vor Ort auch im Einsatz sind.“ Die Systeme sind so gestaltet, dass sie von den Einrichtungen gehegt, gepflegt und ausgelesen werden können. Die Organisation bleibe aber bei Problemen natürlich als Ansprechpartner im Hintergrund.

 

[Die Zusammenarbeit funktioniert: Vertreter und Mitarbeiter der BWO und "CircleHygiene". Im Gepäck hatten letztere heute auch die Hygienestationen für sämtliche Standorte der BWO.]

 

Selbst wenn sich das Pandemiegeschehen abflachen sollte in der Zukunft: Für Jansen und Grütz wäre dies kein Grund, das Thema zurückzufahren. „Beim Thema Hygiene gibt es in Deutschland einen riesigen Nachholbedarf“, sagt Jansen. Deshalb möchte er noch stärker in die Aufklärung und Pädagogik einsteigen. Vielen Kindern würde von ihren Eltern nicht mitgegeben, dass mit ordentlichem Händewaschen schon sehr viel zu erreichen ist. „Wir wollen Händewaschen cool machen für Kinder.“ Jansen hofft, vielleicht im Winter etwas präsentieren zu können.

 

Nur der HSV
 

Der Besuch des Präsidenten des Hamburger Sportvereins blieb den Fans des Traditionsklubs bei der BWO natürlich nicht verborgen. Der Angestellte Dieter Seidler meldete seinen Foto-Wunsch schon früh an. Und an dem mit HSV-Flagge und Fanschal geschmückten Auto von Tom Truetsch, Fachheilerziehungspfleger-Azubi, wollte Jansen selbstredend nicht vorbeigehen, ohne vorher den Besitzer kennenzulernen. Mit Truetsch tauschte er sich direkt ein wenig über „seinen“ Klub aus. Aber ob der HSV in der nächsten Saison wieder erstklassig spielt, diese Frage wollte Jansen noch nicht beantworten.  

 

[Die Raute im Herzen (v.l.): Tom Truetsch, Dieter Seidler und Marcell Jansen.]

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