LOKALMIX

Missbrauch in der Evangelischen Kirche

Red, ks; 26.01.2024, 14:18 Uhr
Foto: Gerd Altmann auf Pixabay, Ellen Reichert (2).
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Missbrauch in der Evangelischen Kirche

Red, ks; 26.01.2024, 14:18 Uhr
Oberberg – Nach Vorstellung der bundesweiten ForuM-Studie zum Thema Sexualisierte Gewalt in Kirche und Diakonie äußert sich heute der Kirchenkreis An der Agger.

Am gestrigen Donnerstag wurden in Hannover die Ergebnisse der bundesweiten ForuM-Studie veröffentlicht – einer Studie zur „Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderer Missbrauchsformen in der evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“. Heute hat sich der Evangelische Kirchenkreis An der Agger im Rahmen einer Mitteilung geäußert und ermutigt Betroffene, sich zu melden.

 

Die 860-Seiten umfassende Studie sei von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie in Auftrag gegeben worden und habe gezeigt, dass es Grenzverletzungen, Übergriffe und Missbrauch in der Evangelischen Kirche und der Diakonie gab und gibt. Die ForuM-Studie ist die erste breit angelegte, wissenschaftliche Studie zu diesem Thema.

 

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Der rheinische Präses Dr. Thorsten Latzel hatte vergangene Woche auf der Landessynode gesagt: „Junge Menschen, Schutzbefohlene, haben auch in unserer Kirche, vor allem in Heimen, Gewalt erleiden müssen, die sie für ihr Leben gekennzeichnet haben. Diese Taten widersprechen allem, woran wir glauben.“

 

Wissenschaftler haben im Rahmen der Studie den Zeitraum von 1946 bis 2020 untersucht – nicht nur in Bezug auf Pfarrer und Pfarrerinnen in Deutschland, sondern auch in Bezug auf Angestellte und Ehrenamtliche als beschuldigte Personen. In den Blick genommen wurden minderjährige Betroffene. Für die Studie haben sich betroffene Personen als Interviewpartner zur Verfügung gestellt. 

 

[Die Beratungsstelle „Haus für Alle“ des Kirchenkreises An der Agger unter der Leitung von Dunja Kutzschbach (Mitte) ist Anlaufstelle für Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen waren oder sind. Melina Kyranoudis (li.) und Birgit Wetter-Kürten (re.) führen Präventionsschulungen durch.]

 

Pfarrer Michael Braun, Superintendent des Kirchenkreises An der Agger, hat die Pressekonferenz, in der die ForuM-Ergebnisse vorgestellt wurden, als Livestream verfolgt. „Mit großer Bestürzung erleben wir als evangelische Kirche, dass Menschen anderen Menschen auch im Bereich unserer Kirche sexualisierte Gewalt antun. Wir wollen als Kirche ein Raum sein, wo Menschen sich vor Leid und Gewalt sicher und geborgen fühlen können.“

 

Er habe großen Respekt für die betroffenen Personen, die den Mut aufgebracht haben, im Rahmen der Studie ihre Erfahrungen zu schildern und damit dazu beitragen, Machtstrukturen aufzudecken und Fälle bekannt zu machen.  „Wer sexualisierte Gewalt durch Kirchenmitarbeitende erfahren hat oder durch Menschen im Umfeld der evangelischen Kirche, darf von uns nicht alleine gelassen werden.“

 

Im Namen des Kirchenkreises bittet Braun darum, jeden Fall eines möglichen Verstoßes gegen die sexuelle Selbstbestimmung und jeden Fall von sexualisierter Gewalt zu melden. „Jeder Fall ist ein Fall zu viel. Für uns in der evangelischen Kirche, im Kirchenkreis An der Agger und in unseren Kirchengemeinden ist sexualisierte Gewalt absolut inakzeptabel. Missbrauch darf nicht sein. Darüber darf nicht geschwiegen werden.“

 

Anlaufstellen für Betroffene

 

Wer von übergriffigem Verhalten bis hin zu sexualisierter Gewalt betroffen war oder ist, oder wer unsicher ist, wie man in einer Situation reagieren sollte, kann sich bei verschiedenen Anlaufstellen melden. 

 

Der Gummersbacher Verein „nina+nico“, eine Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, ist als unabhängige Vertrauensstelle zuständig für den Kirchenkreises An der Agger.

 

 

  • Im Kirchenkreis An der Agger gibt es die anerkannte psychologische Fachberatungsstelle Haus für Alle in Waldbröl für Erziehungs-, Familien-, Ehe- und Lebensfragen, erreichbar unter Tel.: 02291/40 68

 

  • Kriseninterventionsteam des Kirchenkreises An der Agger

 

  • Die Telefonseelsorge Oberberg ist rund um die Uhr erreichbar unter Tel.: 0800/111 0 111

 

  • Für alle Fälle von Gewalt gibt es das Hilfetelefon HELP (Hilfe) unter Tel.: 116 016 oder www.hilfetelefon.de

 

Prävention: Schutzkonzept und Schulungen

 

In der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) und im Kirchenkreis An der Agger würden Leitlinien zum Umgang mit sexualisierter Gewalt und Missbrauch gelten. Es gebe klare Verfahrenswege und Hilfen für Betroffene. Superintendent Michael Braun: „Wir tun präventiv viel, damit solche Taten bei uns nicht vorkommen. Unser Schutzkonzept des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger gegen sexualisierte Gewalt (Stand 10.1.2024) soll sicherstellen, dass vor allem Kinder und Jugendliche in unseren Einrichtungen vor Grenzverletzungen, Übergriffen und Misshandlungen geschützt werden.“

 

Zum Schutzkonzept gehöre die Verpflichtung zu Schulungen: Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende würden verpflichtend zum Thema „Prävention von sexualisierter Gewalt“ geschult werden. Das Schulungskonzept „hinschauen – helfen – handeln“ sei eine Initiative der Evangelischen Landeskirchen und der Diakonie. Im Jahr 2023 seien 571 Mitarbeitende – erwachsene Mitarbeitende und auch jugendliche Teamer in der Jugend- und Freizeitarbeit – geschult worden. Alle Mitarbeitenden des Kirchenkreises An der Agger seien zudem verpflichtet, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. 

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