LOKALMIX

Schutzmasken statt Kleidung nach Maß

pn; 24.04.2020, 17:30 Uhr
Fotos: Mode nach Maß --- Familie Scharn stellt seit Ende März in ihrem Atelier Mund- und Nasenschutzmasken her. Der Oberbergische Kreis orderte 12.000 Stück für alle Abschlussklassen, die seit Donnerstag wieder unterrichtet werden.
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Schutzmasken statt Kleidung nach Maß

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pn; 24.04.2020, 17:30 Uhr
Oberberg - Ab kommenden Montag gilt in Nordrhein-Westfalen die Maskenpflicht - Ein Engelskirchener Unternehmen sorgt für den nötigen Nachschub.

Von Peter Notbohm

 

Die Nähmaschinen im Unternehmen von Dagmar und Paul Scharn stehen kaum noch still und rattern täglich über mehrere Stunden. Seit 22 Jahren ist das Ehepaar in der Textilbranche tätig und betreibt das Mode Atelier Scharn „Mode nach Maß“ im Schloß Ehreshoven in Engelskirchen. Wo die 37 Mitarbeiter sonst aber maßgeschneiderte Kleidung für Damen und Herren nähen, werden seit 27. März mittlerweile vor allem Mund- und Nasenschutzmasken hergestellt. „Es ging uns immer gut und in Zeiten der Corona-Pandemie wollten wir den Menschen etwas zurückgeben – ohne uns daran zu bereichern“, sagt Paul Scharn.

 

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2.500 bis 3.000 Masken werden täglich mittlerweile an der Agger vernäht. Masken, die ab kommenden Montag nicht nur im Oberbergischen dringend benötigt werden. Denn ab dem 27. April gilt in Bussen und Bahnen sowie beim Einkaufen in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Maskenpflicht, um die Ausbreitung des Coronavirus weiter einzudämmen. NRW-Gesundheitsminister bekräftigte heute in einer Pressekonferenz, dass „die Betreiber des ÖPNV und Ladeninhaber die Verpflichtung haben, die Leute darauf hinzuweisen, dass sie verpflichtet sind, eine Maske zu tragen.“ Zusätzlich betonte er noch einmal den Mindestabstand von 1,5 Metern. Der Mund-Nasenschutz sei nicht dafür da, dies zu unterlaufen.

 

Dass sich die beiden 55-Jährigen kaum noch vor Bestellungen retten können, hätten sie anfangs kaum für möglich gehalten. „Inzwischen werden wir überrannt“, erzählt Paul Scharn. Für die Masken verwendet die Firma Baumwolle nach 100-prozentigem Ökostandard und vernäht diese für einen angenehmen Tragekomfort mit Original Krankenhaus-Gummibändern. Die erste Probecharge schickten die Scharns an eine Apotheke und bekamen noch am selben Tag eine Bestellung über 500 Masken. Die Nachricht von den günstigen Masken – das Unternehmen nahm anfangs den Selbstkostenpreis von 1,94 € pro Stück – verbreitete sich unter den Apothekern wie ein Lauffeuer, sodass das Telefon in Engelskirchen kaum noch still stand.

 

[Die Bestellungen stapeln sich jeden Tag.]

 

Dabei blieb es aber nicht: Neben dem Klinikum Oberberg, verschiedenen Uni-Kliniken, weiteren Krankenhäusern und Altenheimen bestellte auch der Oberbergische Kreis 12.000 Masken, um die oberbergischen Schulklassen, die seit Donnerstag wieder unterrichtet werden, auszustatten. Zwischen 300 und 400 E-Mails müsse man aktuell täglich bearbeiten. Immerhin: Lagerkosten haben die Scharns derzeit keine. Die gesamte Tagesproduktion wird immer unmittelbar versandt. Logistisch ist es für das Familienunternehmen trotzdem eine Herkulesaufgabe, denn selbst Kleinstbestellungen von wenigen Einzelmasken durch Privatpersonen werden bearbeitet.

 

Ohne meine drei Söhne und die vielen weiteren Helfer, die uns beim Verpacken helfen, wäre das nicht zu stemmen. Das hat uns auch als Familie weiter zusammengeschweißt“, so Scharn, schließlich werden pro Tüte nur drei Masken verpackt. Um die Logistik aufrechterhalten zu können, stellte Jörg Deselares, Kurator des Schloss Ehreshoven, sogar weitere Räumlichkeiten zur Verfügung.

 

Der Preis für den Mund-Nasenschutz musste – je nach Modell - mittlerweile zwar leicht angehoben werden, nachdem ihre Lieferanten die Preise für die Materialien erhöht haben, „trotzdem sind wir deutschlandweit wahrscheinlich immer noch am günstigsten“, sagt Scharn nicht ohne Stolz. Seit dem heutigen Freitag werden die Masken auch im Hit-Markt angeboten.

 

Bei der Pflege der wiederverwendbaren Mundschutzmasken, rät Scharn allerdings von einigen Tipps, die er in den letzten Tagen gelesen hat, dringend ab. Die besten Desinfektion habe man, wenn man den Mund-Nasenschutz bei 90 Grad wasche und anschließend mit Dampf bügle. „Das wird auch in Kliniken so gemacht und tötet das Virus ab.“ Vom Trocknen mithilfe von Backofen oder Mikrowelle - wie von manchem Virologen vorgeschlagen – hält er dagegen nichts. Natürlich hofft Scharn die Herstellung schnellstmöglich wieder runterfahren zu können: „Aber die vielen Danksagungen sind eine tolle Erfahrung, die wir für immer mitnehmen werden.“

 

[Auch für Kinder gibt es ein Modell. Wichtig ist, dass die Schutzmasken, doppellagig mit einer Innenlasche sind, sodass eine Membran zur Sicherheit eingesetzt werden kann.]

 

Maskenpflicht ab Montag, 27. April

 

Verpflichtend in/auf allen

  • Geschäften

  • Post- und Bankfilialen

  • Wochenmärkten

  • Bei der Abholung von Speisen und Getränken innerhalb einer gastronomischen Einrichtung

  • sämtlichen Flächen innerhalb von Shopping-Malls, Factory Outlets und ähnlichen Einrichtungen

  • Verkaufs- und Ausstellungsräumen von Handwerkern und Dienstleistern

  • beim Kundenkontakt von Handwerkern und Dienstleistern

  • Arztpraxen und ähnlichen Einrichtungen im Gesundheitswesen

  • öffentlichen Nahverkehr (Bus und Bahn)

 

Ausnahmen

  • Beim Autofahren

  • Menschen, die gesundheitlich nicht dazu in der Lage sind oder wegen einer psychischen oder geistigen Behinderung nicht über das nötige „Einsichtsvermögen“ verfügen

  • Kassierer die durch Abtrennungen aus Plexiglas oder Glas geschützt sind

  • Kinder, die jünger als sechs Jahre sind

  • Taxi- und Busfahrer (gilt nicht für Fahrlehrer)

 

KOMMENTARE

1

Einfach super statt Mode Schutzmasken herzustellen

Caro , 25.04.2020, 14:18 Uhr
0 von 800 Zeichen
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