LOKALMIX

Impfstoffe besitzen "hohe Sicherheit"

Red; 10.01.2021, 17:00 Uhr
Foto: Klinikum Oberberg --- Prof. Dr. Franz Blaes ist Chefarzt der Klinik für Neurologie am Kreiskrankenhaus Gummersbach.
LOKALMIX

Impfstoffe besitzen "hohe Sicherheit"

  • 2
Red; 10.01.2021, 17:00 Uhr
Gummersbach - Im zweiten Teil des Interviews spricht Prof. Dr. Franz Blaes, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Kreiskrankenhaus Gummersbach, über Wirkweise und Sicherheit der Impfstoffe gegen SARS-CoV2.

OA: Bei der Impfstoff-Entwicklung werden andere Ansätze verfolgt. Laut RKI gibt es drei Hauptenwicklungslinien: Lebendimpfstoffe mit Vektorviren, Totimpfstoffe mit Virusproteinen und die gerade vorgestellten mRNA-Impfstoffe. Wie unterscheiden sich die Lebend- und Totimpfstoffe von den neu entwickelten Impfstoffen?

Prof. Blaes: Zunächst muss man zwischen Lebend- und Totimpfstoff unterscheiden. Lebendimpfstoffe enthalten  einen lebenden, abgeschwächten Erreger selbst (z.B. Masernimpfung). Daneben gibt es die Vektor-Impfstoffe. Diese bestehen aus einem harmlosen, nicht vermehrungsfähigen Virus, in  das man Teile des Erbmaterials eines bestimmten Erregers eingebaut hat, wie jetzt für SARS-CoV2. Das harmlose Trägervirus schleust das Viruserbmaterial von SARS-CoV2 in Körperzellen ein, Danach passiert das gleiche wie beim RNA-Impfstoff.

Totimpfstoffe enthalten keine lebenden Viren, sondern entweder inaktivierte Viren oder Eiweißbruchstücke eines Virus, mRNA oder DNA. Einen Impfstoff mit inaktivierten SARS-CoV2 Viren gibt es derzeit in Europa noch nicht, aber in China wird mit einem solchen Impfstoff geimpft. Ein DNA-Impfstoff befindet sich gerade in Entwicklung. Derartige Impfstoffe werden in der Tiermedizin bereits seit längerem eingesetzt, beim Menschen gab es bisher noch keine DNA-Impfstoffe.

 

WERBUNG

OA: Welcher Impfstoff ist besser? Die neuentwickelten Impfstoffe auf mRNA-Basis, oder die Impfstoffe, die auf herkömmliche Weise funktionieren?

Prof. Blaes: Der Weg, auf dem man dem Immunsystem ein Antigen präsentiert, ist zunächst einmal von geringer Bedeutung. Das entscheidende ist, dass sich nicht nur Antikörper, sondern auch sogenannte Gedächtniszellen bilden. Dies ist nur teilweise abhängig von der Art des Impfstoffes. Die Art des verwendeten Antigens ist hier ebenso von Bedeutung, wie die bei manchen Impfstoffen zugefügten Zusatzstoffe, die die Immunantworten verstärken sollen.

 

Bezüglich der Sicherheit liegen seit einigen Wochen jetzt die Studiendaten einiger großer mRNA-Impfstoffstudien als wissenschaftliche Publikation vor. Sowohl aus diesen Daten, wie auch aus den bekannten Daten eines anderen mRNA-Impfstoffs muss man diesen Impfstoffen eine hohe Sicherheit bescheinigen.

 

Zwar treten häufig für 1-2 Tage Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Schmerzen oder eine Schwellung an der Injektionsstelle, Fieber oder Abgeschlagenheit auf, das zeigt aber nur, dass das Immunsystem beginnt, zu arbeiten. Schwerere mögliche Impfkomplikationen wurden in den Studien bei gerade einmal drei von über 40.000 Geimpften gesehen, davon war einer in der Placebogruppe, hat also gar keinen SARS-CoV2-Impfstoff erhalten. Alle diese Fälle haben meines Wissens keine bleibenden Schäden hinterlassen.“

 

OA: Ist der neuartige mRNA Impfstoff schon deshalb besser geeignet, weil man ihn viel einfacher in großen Mengen produzieren kann?

Prof. Blaes: Man kann von einem mRNA Impfstoff viel schneller größere Mengen produzieren, das ist richtig.

 

OA: Besteht die Gefahr von allergischen Schockreaktionen?

Prof. Blaes: Die Gefahr ist sehr gering. Laut der US-Gesundheitsbehörde CDC hat es bei 272.000 Impfungen in sechs Fällen schwerere allergische Reaktionen gegeben. Eine besondere Vorsicht ist bei Menschen angebracht, die vorher unter schweren, lebensbedrohlichen Allergien gelitten haben. Ein Heuschnupfen oder eine andere leichtere Allergieform wäre kein Grund, die Impfung nicht durchzuführen.“

 

OA: Macht es Sinn parallel zu einer Impfung gegen SARS-CoV2 auch gegen Grippe zu impfen?

Prof. Blaes: Natürlich nicht in einer Sitzung. Aber klar, es macht vor allem bei Risikopatienten und Mitarbeitern in Gesundheitsberufen Sinn, gegen beide Viren zu impfen.

 

OA: Können sich bereits Infizierte auch impfen lassen?

Prof. Blaes: Nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission müssen Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, zunächst nicht geimpft werden.

 

OA: Kann die Impfung auch während einer Schwangerschaft erfolgen?

Prof. Blaes: Die englische Zulassung des Biontech Impfstoffs gibt an, dass Schwangere nicht geimpft werden sollen, und dass man mit einer Schwangerschaft zwei Monate nach der letzten Impfung warten sollte. Diese Empfehlung resultiert nicht etwa daraus, dass es irgendwelche beobachteten Probleme bei Schwangeren oder bei Schwangerschaften nach der Impfung gegeben hätte. Vielmehr ist es historisch gewachsen, Schwangere zunächst nicht in Medikamentenstudien einzuschließen. Somit fehlt derzeit einfach formal eine Impfstudie bei Schwangeren, weswegen die Zulassungsbehörden und die Impfstoffhersteller diese zusätzliche Einschränkung machen.

 

OA: Ist die Pandemie vorbei, wenn der Impfstoff da ist?

Prof. Blaes: Nein. Die Pandemie ist einfach deswegen nicht vorbei, weil die schnelle Impfung von vielen Menschen eine extreme logistische Herausforderung ist, die Zeit braucht. Wir haben in Deutschland über eine Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen, die Patientenkontakte haben und geimpft werden müssen. Wir haben sechs bis zehn Millionen Risikopatienten, die wir impfen müssen. Das wird sich über eine ganze Zeit hinziehen. Schutzmaßnahmen wie Abstand halten, Maske tragen und Kontakte reduzieren werden sicher im Verlauf des Jahres noch eine große Rolle spielen.

 

Hier geht es zu Teil I des Interviews

KOMMENTARE

1

Im Interview Teil II wird ein Thema angesprochen, das mich schon länger interessiert: Punkt; Impfung bereits infizierter müssen nicht zwingend geimpft werden. Eine Person mit starken grippeähnlichen Symptomen, aber ohne typischen schweren C 19 Verlauf, könnte trotzdem an C 19 erkrankt gewesen sein, ohne das das durch den milderen Verlauf bekannt/erfasst wurde. Gibt das diese Person vor der Impfung zur Kenntnis, wie wird dann verfahren?
Bitte Herrn Prof. Blaes um Antwort bzw. Info.

Georg Adam, 11.01.2021, 16:52 Uhr
2

Sehr geehrter Herr Adam, die Aussage, dass Menschen, die Covid-19 durchgemacht haben, zunächst nicht geimpft werden müssen, bezieht sich auf Personen, bei denen eine SARS-CoV2 positive PCR vorlag. Es würde auch nichts dagegen sprechen, diese Menschen ebenfalls zu impfen, aber es ist nicht notwendig. Wir wissen derzeit, dass Covid-19 Patienten auch nach 8 Monaten noch eine robuste Immunantwort gegen das Virus besitzen. Wenn jemand dagegen eine Infektionserkrankung durchgemacht hat und nicht weiß, ob er Covid-19 gehabt hat, würde man ihn auf jeden Fall impfen. Bleiben Sie gesund. MfG F Blaes

Franz Blaes, 13.01.2021, 14:28 Uhr
0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG