LOKALMIX

Kitas ächzen unter Omikron

lw; 03.02.2022, 16:37 Uhr
Symbolfoto: Esi Grünhagen auf Pixabay
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Kitas ächzen unter Omikron

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lw; 03.02.2022, 16:37 Uhr
Oberberg – Kindertageseinrichtungen im Kreis sind massiv vom aktuellen Infektionsgeschehen betroffen – Viele Mitarbeiter fallen aus.

Von Lars Weber

 

Die Lage an den Kitas sei beherrschbar, auch weil es bei Kindern und geboosterten Mitarbeitern kaum schwere Krankheitsverläufe gebe. Diese Aussage traf NRW-Familienminister Joachim Stamp Anfang der Woche. Selbst wenn dies stimmen sollte, spitzt sich die Situation auch an oberbergischen Kindertageseinrichtungen durch das aktuelle Infektionsgeschehen weiter zu. Durch Ausbrüche kommt es zu Schließungen oder Teilschließungen, die Träger haben mit hohem Personalausfall zu kämpfen. Von den aktuell laufenden mehr als 60 Allgemeinverfügungen, die der Kreis erlassen hat, betreffen mehr als die Hälfte die Kitas im Kreis. Am Montag waren laut Kreis 640 Kinder und Betreuungskräfte von den Quarantäneanordnungen betroffen. Die Tendenz ist steigend. OA hat bei den drei großen Trägern im Kreis, dem DRK Oberberg, der AWO Rhein-Oberberg und den Johannitern Rhein/Oberberg nachgehört.

 

So sind die Kitas betroffen

 

Von 16 Einrichtungen des DRK Oberberg sind momentan acht Einrichtungen betroffen (insgesamt 1.051 Kinder und 273 Mitarbeiter). 19 Kinder und 13 Mitarbeiter seien infiziert, 76 Kinder und zehn Mitarbeiter in Quarantäne (Stand: Mittwoch), so Eckhard Kreimendahl – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und die Einhaltung der Hygieneregeln. „Es kommen noch täglich neue Fälle hinzu.“ Nicht mit eingerechnet ist das Personal, dass mit anderen Krankheiten ausfalle. „Massiv“ betroffen seien auch die 25 Kitas der AWO (insgesamt 1.580 Kinder und 360 Mitarbeiter), sagt Sylvia Streb. „In nahezu jeder Einrichtung gibt es Fälle mit steigender Tendenz.“ Fast 100 Mitarbeiter seien erkrankt (nicht nur Corona) oder in Quarantäne, also fast ein Drittel. Nicht viel anders die Situation bei den Johannitern (insgesamt 1.400 Kinder und 346 Mitarbeiter). Zweidrittel der 25 Kitas seien von der Welle betroffen. Streb von der AWO wird deutlich: „Die Auswirkungen der Omikron-Welle bei gleichzeitig geöffneten Kindertageseinrichtungen müssen komplett vom Personal aufgefangen werden. Die Mitarbeiter sind vollkommen am Limit und müssen dem Druck vor Ort standhalten“.

 

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Diese Konsequenzen gibt es

 

Beim DRK musste beispielsweise die Kita Klause-Entdecker aufgrund der Allgemeinverfügung schließen, anderorts wurden Gruppen geschlossen. „Vereinzelnd bringen Eltern ihre Kinder momentan freiwillig nicht in die Betreuung“, sagt Kreimendahl. Eine Option, die aber nur wenige Eltern überhaupt haben aufgrund ihrer Arbeitsstellen. Die Konsequenzen seien auch bei der AWO weitreichend. Sylvia Streb: „Die Einrichtungen müssen aktuell Gruppen zusammenlegen, was im Zuge von Corona nicht gerne gemacht wird“. Zudem werde die Randzeitenbetreuung reduziert. „Tageweise müssen Notgruppen eingerichtet werden oder Gruppen müssen ganz geschlossen werden.“ Verringerte Öffnungszeiten gebe es bei den Johannitern aktuell nicht. „Bei höherem Personalausfall würde die jeweilige Kita-Leitung diese Option gemeinsam mit dem Kita-Elternbeirat beleuchten“, so die Fachbereichsleitung der Johanniter-Kindertagesstätten im Verbandsgebiet, Birgit Kleese.

 

So wird versucht, den Betrieb sicherzustellen

 

Irgendwie den Laden am Laufen halten. Das ist gerade das erste Ziel der Träger. „Das ist sehr schwierig, da auch die Fachkräfte trotz Impfungen betroffen sind. Aktuell kann man immer nur auf die tägliche Situation reagieren“, sagt Streb. Kleese ergänzt: „Alle Kinder, die zum Zeitpunkt eines Infektionsgeschehens (Stichtag Gesundheitsamt) nicht in ihrer Kita waren, haben grundsätzlich einen Betreuungsanspruch. Und den versuchen wir sicherzustellen.“ Immerhin: Jene Mitarbeiter, die in den letzten drei Monaten zweifach geimpft oder genesen sind beziehungsweise geboostert wurden, stünden zur Verfügung – zumindest so lange sie symptomfrei und negativ getestet sind.

 

Die aktuelle Situation erfordere auch Kreativität, meint Kreimendahl. Da muss die Waldgruppe einer Kita auch mal die Natur mit einer Turnhalle tauschen, um die Betreuung aufrecht zu erhalten. „Wir sind zudem dankbar, dass die Alltagshelfer seit Beginn des Jahres wieder da sind, nachdem das Programm im vergangenen Sommer ausgelaufen war.“ Beim DRK verstärken die Alltagshelfer jede Einrichtung.

 

Das Testsystem
 

Generell wird im Oberbergischen darauf gesetzt, dass die Eltern ihre Kinder mehrmals in der Woche zu Hause freiwillig testen. Überprüft wird dies nicht. Sollte eine Kita von einem Coronaausbruch betroffen sein und ein Kind muss in Quarantäne, müssen die Eltern das Kind über den Quarantänezeitraum hinweg drei Mal wöchentlich durch Selbsttest testen. Um wieder in die Kita zurückzukehren, kann sich ein Kind nach fünf Tagen mit einem PCR-Test oder nach sieben Tagen mit einem offiziellen Antigen-Schnelltest „freitesten“. Grundsätzlich kann ein Kind nach zehn Tagen Quarantäne wieder die Kita besuchen, wenn es symptomfrei ist.

 

So wird das Testsystem bewertet

 

Birgit Kleese bescheinigt den Eltern eine hohe Bereitschaft, ihre Kinder unter der Woche zu testen. „Sie sind sehr engagiert und vorsichtig.“ Trotzdem wünsche sie sich – wie auch viele Eltern - mit Blick auf die kommenden Wochen der Pandemie einen langfristig nutzbaren Test, der mit Nasenabstrich oder Speichelproben funktioniert, weil diese Testformen für die Kinder deutlich angenehmer seien und sicherere Ergebnisse liefern.

 

Eckhard Kreimendahl versteht nicht, warum Kitas nicht mit Schulen gleichgestellt würden und plädiert für Pooltests. Für eine andere Marschroute ist auch Sylvia Streb von der AWO: „Die Testung der Kinder sollte verpflichtend werden. Im Falle eines Ausbruchs in der Kindertageseinrichtung sollten die Kinder einen Bürgertest vorlegen, da die Lollitests nicht zuverlässig sind“. 

 

Das fordern die Träger von der Politik

 

Durch die Überlastung der Gesundheitsämter müssten die Kitas oft lange auf eine Rückmeldung zur weiteren Vorgehensweise warten, erzählt Sylvia Streb von der AWO. “In dieser Zeit dürfen wir nicht schließen und müssen abwarten. Wir brauchen viel mehr Handlungsspielraum in der aktuellen Situation, um schneller reagieren zu können.“ In eine ähnliche Richtung zielt die Forderung von Kreimendahl: „Bei den Betreuungsverordnungen blickt keiner mehr durch!“ Diese müssten dringend vereinfacht werden. „Das würde den Trägern und auch den Eltern das Leben einfacher machen.“

 

Um das Personal weiter zu entlasten, sollte das Kitahelfer-Programm langfristig laufen, sagt Streb weiter. Auch weil zu vermuten sei, „dass viele Fachkräfte den Beruf aufgrund der hohen Belastungen in der Coronazeit verlassen werden“. Der nächste Schritt sei, auch die Personalverordnung zu überarbeiten, meint Streb. „Es müssen weitere Berufsgruppen befähigt werden, in der Kita arbeiten zu dürfen!“

KOMMENTARE

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Dieses wischi-waschi-System in den Kitas, war von Anfang an schlimm!! Auf die "Vernunft " zu appellieren funktioniert halt nicht immer!!
Und es wird zudem "appeliert", dass kita Kinder bei einem positiven Familienmitglied zuhause bleiben, aber eben nur appelliert und nicht verpflichtend!! Es ist müsisch, ob die Kinder wirklich negativ getestet in die Einrichtung kommen!!

Erzieher, 03.02.2022, 19:02 Uhr
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Es ist und bleibt ein Trauerspiel... ich habe größten Respekt vor der Leistung der Erzieher. Als Eltern bekomme ich schon regelmäßig Puls wenn ich höre wie manche Eltern im Angesicht der Pandemie agieren. Und es gibt immer noch Äußerungen wie "schlimm" Tests für Kinder seien. Aber diese müssen vermutlich auch nie die Zähne putzen oder ähnliches, das wäre bestimmt zu traumatisch... toi toi toi, bleibt alle Gesund... auf das es irgendwann vorbei geht.

Nobody, 04.02.2022, 12:36 Uhr
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