LOKALMIX

Im Kriegsfall: Bieten oberbergische Bunker Schutz?

pn; 07.04.2022, 15:25 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Der Eiskeller in Bergneustadt diente im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzbunker und Munitionslager, vorher als Kühlager für Eisstangen und Bierfässer. Heute könnte sich die oberbergische Bevölkerung vor einem Raketenangriff quasi nicht mehr in Sicherheit bringen.
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Im Kriegsfall: Bieten oberbergische Bunker Schutz?

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pn; 07.04.2022, 15:25 Uhr
Oberberg - Schon Ende des vergangenen Jahrhunderts wurden öffentliche Schutzräume im Oberbergischen aufgegeben und ab 2007 entwidmet - Eine sofortige Nutzung ist laut der Kreisverwaltung nicht möglich.

Von Peter Notbohm

 

Seitdem in der Ukraine durch den russischen Angriffskrieg täglich Tod und Zerstörung vorherrschen und Ortschaften sowie Städte nahezu dem Erdboden gleich gemacht wurden, ist auch in Deutschland ein eigentlich schon längst vergessenes Thema plötzlich wieder interessant. Viele Menschen stellen sich Fragen zum Katastrophenschutz. Eine davon dreht sich angesichts wachsender Angst vor einem möglichen Krieg auch um Bunkeranlagen.

 

Erst kürzlich wurde im Reichshofer Bauausschuss von einem Ratsherrn die Frage in den Raum geworfen, ob es in der Gemeinde im Falle eines Angriffskrieges auf die Bundesrepublik ausreichend Schutzräume für die Bevölkerung gebe und ob die Gemeinde Reichshof in einem solchen Fall auf das ehemalige Munitionsdepot zurückgreifen könne. Eine Frage, die Bürgermeister Rüdiger Gennies sofort verneinte: Die Pläne der ehemaligen Kaserne stünden jedermann im Internet offen zugänglich und sie wäre wohl eins der erste Ziele, sollte es jemals zu Raketenangriffen auf das Oberbergische kommen.

 

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Doch wie sieht es im Kreis allgemein aus, was das Thema Schutzräume und Notfallpläne im Fall eines kriegerischen Angriffs käme? Auch im Oberbergischen Kreis gab es früher Schutzräume. Doch würden diese Bauwerke heute noch Schutz bieten bzw. wären im Ernstfall verwendbar? Nein, erklärt die oberbergische Ordnungsdezernentin Birgit Hähn: „Es gibt keine originär für solche Zwecke bestimmte Schutzräume für die Bevölkerung im Oberbergischen.“ Früher habe es einige wenige Objekte, beispielsweise in Verbindung mit Schulgebäuden gegeben, die dafür vorgesehen waren. Diese wurden alle ab den 1990er Jahren aufgegeben. „Eine Nutzung als Bunker ist heute nicht mehr möglich“, erläutert Hähn.

 

Diese Aussage deckt sich mit der Information der Bundesanstalt für Immobilienaufgabe (BImA), die Anfang März auf Anfrage der „Welt“ mitgeteilt hatte, dass in Deutschland keine öffentlichen Schutzräume mehr zur Verfügung stünden. Nach Angaben der Behörde existierten in den westlichen Bundesländern rund 2.000 öffentliche Schutzraumanlagen, etwa 1.400 wurden laut BImA bereits rückabgewickelt – sie ist seit 2020 mit der Bewirtschaftung der Schutzräume und deren Entwidmung aus der Zivilschutzbindung beauftragt.

 

 

2007 hatten Bund und Länder beschlossen, öffentliche Schutzräume aufzugeben und eine neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung zu erarbeiten. Der Grund damals laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: „Mit dem Fall der Mauer und der Beendigung des Ost-West-Konflikts schien das Szenario eines konventionellen Krieges mit großflächigen Bombardierungen und dem Einsatz chemischer und nuklearer Waffen nicht mehr zeitgemäß.“ In einem ersten Schritt waren damals die bundeseigenen Bunker aufgegeben worden. Im Oberbergischen gab es laut Hähn keine solchen Bundesbunker. Die zweite Phase sah anschließend die Rückabwicklung und Entwidmung aller Haus- und Schulschutzräume vor.

 

Als Beispiel nennt die oberbergische Ordnungsdezernentin den Bunker im Berufskolleg Dieringhausen, der heute noch bestehe, ihrer Einschätzung nach aber nicht ohne vorhergehende Renovierung nutzbar sei. Gemeldet waren früher auch Schutzräume in der Realschule Marienheide, dem Schulzentrum Hahner Straße in Morsbach, der GGS in Nümbrecht Gaderoth sowie dem Kreiskankenhaus in Waldbröl. Sie seien aber alle mittlerweile entwidmet und es gebe keine aktuellen Informationen über die Anlagen im Amt für Rettungsdienst, Brand- und Bevölkerungsschutz, so Hähn.

 

Zumindest Notfallpläne existieren aber im Fall eines Angriffs. Die Zuständigkeit hierfür liegt aber beim Bund, erklärt die Ordnungsdezernentin. Entsprechende Entscheidungen würden dann auf Landes- und kommunaler Ebene umgesetzt. Betroffen wären die Bereiche zur Aufrechterhaltung der Daseinsvorsage. Darunter fallen Ernährungssicherstellung, Trinkwasserversorgung, die Versorgung mit Heizöl, Erdgas, Diesel und Benzin sowie die Aufrechterhaltung von 'kriegswichtigen Bereichen', aber auch das Festlegen von Ausgangssperren.

 

KOMMENTARE

1

Relativ unwahrscheinlich daß ein solcher Fall eintritt...

Dennoch: keine effiziente Orgnisation, keine Schutzräume oder Bunker, Warnsirenen kaum vorhanden, dazu die umständliche Bürokratie...

Im Falle eines Krieges oder auch nur einer Naturkatastrophe ständen wir ziemlich hilflos da.


Michael, 07.04.2022, 16:14 Uhr
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