LOKALMIX

Gewerbegebiet mit Domblick?

ks; 04.10.2022, 16:16 Uhr
Fotos: Katharina Schmitz --- Die Herreshagener Dorfgemeinschaft sagt „Nein“ zu einem weiteren Gewerbegebiet in unmittelbarer Nachbarschaft.
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Gewerbegebiet mit Domblick?

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ks; 04.10.2022, 16:16 Uhr
Gummersbach – Die Dorfgemeinschaft Herreshagen wehrt sich gegen die Planungen der Kölner Bezirksregierung.

Umgeben von hügeligen Wiesen, Wäldern und Feldern liegen die Gummersbacher Ortschaften Herreshagen und Rospe. Beide Orte bieten Naherholungsgebiete mit Weitblick – und beide Nachbarschaften sind bereits um Gewerbegebiete erweitert worden. Wenn es nach den Planungen der Bezirksregierung Köln geht, sollen in dem neuen Regionalplan im direkten Umfeld der beiden Ortschaften weitere Potentialflächen für Industrie und Gewerbe ausgewiesen werden. Planungen, von denen die Dorfgemeinschaft Herreshagen erst im August und damit wenige Wochen vor Ende der Widerspruchsfrist erfahren hat – ebenso wie die Interessengemeinschaft in der Rospe (OA berichtete).

 

[Eine mögliche Ansiedelung von Gewerbe und Industrie würde sich auch auf den örtlichen Reiterhof Neuhoff auswirken.]

 

„Für das Dorf ist das eine absolute Katastrophe“, sagte Birgit Fastenrath bei einem Vor-Ort-Termin. Sie ist 1. Vorsitzende der Dorfgemeinschaft Herreshagen, plant mit den engagierten Anwohnern diverse Veranstaltungen und Aktionen – und setzt sich nun gegen ein weiteres Gewerbegebiet in unmittelbarer Nähe ein. Über 400 Menschen würden in Herreshagen leben. „Wir haben hier eine Gemeinschaft, leben zusammen, die Jüngeren kommen wieder zurück“, sagte Maria Verna, 2. Vorsitzende der Dorfgemeinschaft. „Aber mit dem Gewerbegebiet wird das kaputt gemacht. Unser Leben hier wäre ein anderes, die Leute würden wegziehen.“

 

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Geht es nach den Planungen der Kölner Bezirksregierung, soll nördlich der L306 rund um den Warenkopf ein Industrie- und Gewerbegebiet entstehen. Mit dem Gewerbepark Sonnenberg haben die Herreshagener bereits diverse Hallen vor der Tür, das Gebiet erstreckt sich über 36 Hektar. Nun geht es den Anwohnern zufolge um weitere 29 Hektar. „Das ist ein Naherholungsgebiet. Viele kommen zum Wandern hier hin“, sagte Mitstreiter Gerhard Jäckel, schwärmt von dem Weitblick Richtung Marienheide, :metabolon und Köln. Bei klarer Sicht sind in der Ferne sogar die Spitzen des Doms zu sehen. Besonderer Beliebtheit erfreue sich die Anhöhe unterhalb des Warenkopfes im Winter. Sobald auf den Hängen Schnee liege, herrsche auf der vor Ort bekannten Schlittenwiese reges Treiben.

 

[(v.l.) Gerhard Jäckel, Uwe Kürschgen, Gabriele Wolf, Maria Verna und Birgit Fastenrath sind vor der Schlittenwiese in Herreshagen zusammengekommen.]

 

„Sollte das Gebiet entwickelt werden, würden wir von jeder Stelle auf ein Industriegebiet blicken“, kritisierte Anwohner Uwe Kürschgen. Betroffen wäre auch der Reiterhof der Familie Neuhoff. Ursprünglich habe die Familie ein altes Fachwerkhaus im Ortskern bewohnt, musste aufgrund des Baus einer Straße 1972 an den Rand der Ortschaft ziehen. Dort baute die Familie ihren Reiterhof auf, der über Generationen hinweg immer wieder aufgesucht werde. Sollte das Gebiet nordöstlich von Herreshagen entwickelt werden, stünde dem Hof künftig laut Ute Neuhoff nur noch eine kleinere Fläche zur Verfügung. „Wir pachten ein Gelände von der Entwicklungsgesellschaft. Das würde dann wegfallen.“

 

[Vater und Bruder von Gabi Sommer (Bild) sind als Imker tätig. Die nahen Wiesen und Bäume seien unverzichtbar.]

 

Die Verärgerung im Dorf ist groß. Die Anwohner bemängeln unter anderem die Vorgehensweise und damit verbunden die Kommunikation. Bereits der Bau der Müllsortierungsanlage „ist an uns vorbeigegangen – wie jetzt auch. Wir haben schon einiges mitgemacht“, sagte Verna und sprach unter anderem von verdreckten Straßen, immer wieder aufkommenden Müllgeruch sowie Fliegenplagen. Trotzdem ist sie guter Dinge: „Ich glaube, dass wir etwas bewirken können.“ Das Ziel der Dorfgemeinschaft ist klar: das Gebiet soll nicht im neuen Regionalplan als Potentialfläche für Industrie und Gewerbe ausgewiesen werden. Dass sie diesbezüglich Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein umstimmen können, denkt Verna jedoch nicht.

 

[Heinz und Marianne Hilger (Bild) sind ebenso wie Ute Neuhoff direkte Anlieger.]

 

Insgesamt sind bei der Bezirksregierung bis Ende August 1.276 Stellungnahmen eingegangen. Einige dieser Beschwerden dürften sich auf die Planungen in Herreshagen beziehen. Deutlich gegen die Entwicklung der Fläche hat sich auch Anlieger Heinz Hilger ausgesprochen. Der Herreshagener ist im Besitz von zehn Hektar, die dem Gebiet zum Opfer fallen würden. „Von mir kriegen sie keinen Quadratmeter für Gewerbezwecke“, sagte Hilger entschieden. Sollten die Flächen versiegelt werden, befürchten die Anwohner zunehmende Schäden durch Niederschläge. Anstatt die Natur zu zerstören, sollten für den Bau von Gewerbe und Industrie Brachflächen genutzt werden. Fastenrath und ihre Mitstreiter sind überzeugt: „Es geht nur ums Geld. Wenn einer von den Entscheidern hier leben würde, dann käme das Gebiet nicht.“

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KOMMENTARE

1

Wäre auch ein schönes Baugebiet. Wir brauchen in Oberberg dringend mehr Wohnraum!

Henrik, 04.10.2022, 17:44 Uhr
2

Die Herreshagener haben völlig Recht! Gummersbach wird bis 2050 etwa 2.200 Einwohner im typischerweise arbeitenden Alter von 16-65 verlieren. Woher sollen die in diesem geplanten Gewerbegebiet zukünftig arbeitenden Menschen kommen? In den Nachbarkommunen entwickelt sich die Bevölkerung ja ähnlich. Und deswegen brauchen wir eben auch keine neuen Wohnbaugebiete! Man sollte endlich mal auf die Demographie sehen, statt von ewigem Wachstum zu träumen!

Michael Gerhard, 05.10.2022, 23:13 Uhr
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