LOKALMIX

Erinnerung an die (fast) Vergessenen

us; 05.09.2022, 11:58 Uhr
Fotos: Ute Sommer --- Gerhard Jenders (re.) rief Namen und Schicksale vieler osteuropäischer Zwangsarbeiter in Erinnerung, die im Oberbergischen ihr Leben verloren.
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Erinnerung an die (fast) Vergessenen

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us; 05.09.2022, 11:58 Uhr
Oberberg - Mit einer Fahrt zu den Gedenkorten der Zwangsarbeit erinnerte der Verein "Oberberg ist bunt, nicht braun" an Schicksale der Menschen, die in "Ausländergräbern" auf Friedhöfen in der Region beigesetzt wurden.

Von Ute Sommer

 

Das Gräberfeld mit den 29 fremd klingenden Namen liegt am Rand des Marienheider Friedhofs an der Klosterstraße und ist die letzte Ruhestätte für junge Männer und Frauen, die während des zweiten Weltkriegs in hiesigen Betrieben als Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden. Auf etlichen anderen Friedhöfen in der Region liegen ebenfalls NS-Opfer begraben oder es erinnern Gedenksteine an sie.

 

Anatoli Bontarienko (27 Jahre), Nikolai Jemzuynikowo (23 Jahre) Wasili Kurbat (19 Jahre)? Woher kamen diese jungen Menschen? Unter welchen Bedingungen lebten sie hier? Warum mussten sie so früh sterben? Um Licht in die damalige Lebenswirklichkeit dieser (fast) Vergessenen zu bringen und ihre Schicksale bruchstückhaft zu rekonstruieren, recherchierte Gerhard Jenders, Vorsitzender von "Oberberg ist bunt, nicht braun", über die Dauer von zwei Jahren im Arolsen-Archiv (Zentrum für NS-Verfolgung) und stellte gestern im Rahmen einer ersten "Erinnerungsfahrt" die Ergebnisse seiner Arbeit vor.

 

Per Rad ging es von Marienheide zu den Friedhöfen in Gimborn, Engelskirchen und Ründeroth, weitere Stationen waren die am Wege liegenden Zwangsarbeiterlager "Eibacher Hammer" und "Unterwürden". Aus den Sterbedaten lässt sich rekonstruieren, dass Menschen entweder an den direkten Folgen der Zwangsarbeit, aber auch nach ihrer Befreiung aus den Lagern an deren Spätfolgen verstorben sind. Wenn überhaupt, sind als Todesursachen "Kreislaufdekompensation", "Lungentuberkulose" oder "Typhus" auf den Sterbeurkunden vermerkt, was Rückschlüsse auf die katastrophalen Umstände zulässt, unter denen die Menschen in den Lagern leben mussten.

 

In Gimborn beispielsweise sind vier kleine Mädchen bestattet, die in den Lagern geboren worden waren und dort – meist an mangelhafter Ernährung – gestorben sind. Bestattet wurden die Toten in der Regel in wiederverwendbaren "Sparsärgen", deren Unterseite überm Grab mittels eines Hebels geöffnet wurde, der Leichnam ins ausgehobene Grab fiel und direkt mit Erde bedeckt wurde. Die detailreichen Informationen an den unterschiedlichen Gedenkorten regten die Teilnehmer zu Diskussionen über die Rekrutierung der Zwangsarbeitskräfte, ihre Unterbringung und die Rolle der profitierenden Unternehmen an.

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