LOKALMIX

Ein großes Herz für Trampeltiere

lw; 24.07.2021, 08:00 Uhr
Fotos: Lars Weber und privat --- Enrico Nasca und seine Trampeltiere Iwan und Ali sind schon dicke Freunde.
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Ein großes Herz für Trampeltiere

lw; 24.07.2021, 08:00 Uhr
Waldbröl – Enrico Nasca hat mit seiner Familie zwei Trampeltiere aus der schlechten Haltung eines Zirkus gerettet – Ali und Iwan sorgen für Aufsehen.

Von Lars Weber

 

Tierverrückt. So beschreibt Martina Schwenecke sich und ihre Familie. Auf ihrem Fredehof im beschaulichen Rölefeld, das zu Waldbröl gehört, haben sich dementsprechend schon allerhand Geschöpfe mit Fell und Gefieder versammelt. Ponys und Pferde finden sich dort, ebenso wie Hunde und Katzen, aber auch Greifvögel und Bienenvölker leben dort einträchtig beieinander. Anfang des Jahres hat sich die Familie noch einmal vergrößert - und exotischen Zuwachs bekommen. Seitdem genießt das Trampeltier Iwan die grünen Wiesen im Oberbergischen. Und damit Iwan nicht so allein ist, stellte ihm seine neue Familie wenige Wochen später noch seinen Artgenossen Ali an die Seite. Seitdem sorgen die Trampeltiere immer wieder für neugierige Blicke und erstaunte Gesichter im Dorf.

 

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Der Besitzer von Iwan und Ali ist Enrico Nasca. Er ist der Sohn von Martina Schwenecke. Der 30-Jährige ist eigentlich Baggerfahrer, aber die Liebe zu Tieren aller Art wurde ihm offensichtlich in die Wiege gelegt. Dass aber jetzt Trampeltiere auf der Weide stehen – das war so eigentlich nicht geplant, wie er erzählt. Eigentlich wollten seine Lebensgefährtin Carina Müller, seine kleine Tochter Emma und er sich nämlich ein Yak anschaffen, also eine in Asien verbreitete Rinderart, die vielen vor allem aufgrund ihres auffällig flauschigen Fells bekannt ist. „Mit diesem Plan sind wir im Winter zu einem Zirkus gefahren.“

 

[Die Tiere wurden im Zirkus nicht gut gepflegt, was zum Beispiel an den hängenden Höckern zu erkennen ist. Das Foto zeigt Ali, kurz nachdem er ins Oberbergische kam.]

 

Der Zirkus befand sich auch aufgrund der Pandemie in einer Notsituation. Es fehlte das Geld für Futter, es gab offene Rechnungen. „Deshalb wollte er einige Tiere verkaufen“, erzählt Nasca weiter. Dort angekommen ging die Familie an den Ställen spazieren. „Da stand Iwan in der Ecke. Er kam dann ganz schnell zu mir, ich durfte ihn streicheln und er hat sich an mich gekuschelt. Wir haben uns verliebt.“ Das Paar erkannte schnell, dass es dem dreijährigen Iwan nicht sonderlich gut ging. „Er war sehr dreckig und nass, es war zu kalt für ihn dort. Sein Winterfell hatte er schon wieder verloren. Außerdem hatte ihn ein Hengst gebissen, der mit ihm in einem Stall gehalten wurde“, sagt Müller. Keine artgerechte Haltung, wie sie sich – zurück im Oberbergischen – in Büchern anlasen.

 

In der Familie ging anschließend die Diskussion los. Sollte man das Trampeltier kaufen? Letztlich entscheidet sich Nasca dafür, aus einer Mischung aus Zuneigung und Mitleid. Doch: „Trampeltiere allein zu halten ist nicht gut für sie, und mit Pferden verstehen sie sich zum Beispiel nicht gut.“ Also musste ein zweites Trampeltier her. „Ali wurde uns von demselben Zirkus angeboten. Er sah noch schlechter aus als Iwan. Seine Füße waren total kaputt, er muss in Kot und Urin gestanden haben. Ich dachte erst, er wäre ein Fall für den Metzger…“

 

[Enrico Nasca und seine Mutter Martina Schwenecke beim Füttern der Tiere.]

 

Doch so schnell geben der 30-Jährige und seine Familie die Tiere nicht auf. Nachdem beide in Rölefeld angekommen waren, mussten sich alle erstmal beschnuppern. „Wir haben sie mit Ruhe und Essen gekriegt“, sagt Nasca mit einem Lachen. Das war wichtig, weil er dringend die Füße des 13-jährigen Ali behandeln musste – für das Tier am Anfang eine schmerzhafte Angelegenheit. „Ich musste sehr vorsichtig sein.“ Zumal Trampeltiere ziemlich nachtragend sind, wie die Familie erzählt. „Wenn sie schlecht behandelt werden, dann merken sie sich das.“

 

So, wie Enrico Nasca von den hochgewachsenen beim Füttern angekuschelt wird, scheint er einiges richtig gemacht zu haben. Zehn bis 15 Kilo Essen brauchen sie am Tag, es gibt unter anderem Brot, Brötchen und natürlich frisches Gras. Waren die Tiere noch ziemlich abgemagert, als sie nach Rölefeld kamen, haben sie inzwischen schon gut zugelegt. Das Fell sieht wieder gesund aus, die Höcker, in denen Fett eingelagert wird, stehen bei beiden fast wieder, nachdem sie noch vor ein paar Monaten schlapp zur Seite hingen. Die Familie ist froh, die Trampeltiere aufgepäppelt bekommen zu haben. Auch das Veterinäramt war bereits zu Besuch und sei mit der Tierhaltung zufrieden gewesen.

 

Sobald sich Iwan weiter an seine Umgebung gewöhnt hat, soll er zugeritten werden. Er soll sich nicht erschrecken, wenn beim Ausritt plötzlich ein Auto in der Nähe vorbeifährt. Ali ist als älteres Tier schon etwas weiter. Auf ihm durfte Nasca – anfangs zum Schrecken seiner Partnerin – auch schon Platz nehmen. Obwohl es schon so einige Schaulustige gab, die Ali und Iwan aus ihren Autos gesehen hatten und extra anhielten, um Fotos zu machen, sollen die Tiere aber das Hobby der Familie bleiben.

 

Weitere tierische Anschaffungen sind im Hause Schwenecke, Nasca und Müller erstmal nicht geplant. Aber so ganz weiß man ja nie, wenn man so tierverrückt ist wie in Rölefeld…

 

[Auf der Weide haben Iwan und Ali viel Platz.]

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