LOKALMIX

Ein „großes Geschenk“ für Zhytomyr

ks; 06.04.2023, 15:14 Uhr
Fotos: Katharina Schmitz --- Zahnarzt Christian Rogos (r.) spendet die Ausstattung seiner Praxis für Menschen in der Ukraine – nicht zuletzt zur Freude von (v.l.) Caritasdirektor Peter Rothausen, Valentyna Butulay, Rolf Kühr und Andrea Missbrandt.
LOKALMIX

Ein „großes Geschenk“ für Zhytomyr

  • 0
ks; 06.04.2023, 15:14 Uhr
Gummersbach – Dr. Christian Rogos hat für seine Praxis keinen Nachfolger gefunden – Nun spendet der Mediziner seine Praxisausstattung zugunsten der Menschen in der Ukraine.

35 Jahre lang hat Dr. Christian Rogos an der Vollmerhauser Straße in Gummersbach eine Zahnarztpraxis geführt, drei lange Jahre hat er nach einem geeigneten Nachfolger gesucht – vergeblich. „In der Regel scheiterte das an der ländlichen Lage“, sagte der Mediziner heute im Rahmen eines Pressetermins. Rogos ist 70 Jahre alt, hat bis zum vergangenen Dezember praktiziert. Seitdem ist seine Praxis dauerhaft geschlossen – und so musste der Zahnarzt auf die Frage, was nun mit all den Geräten und dem Mobiliar geschehen soll, eine Antwort finden.

 

„Ich bin vor 35 Jahren als ‚Ausländer‘ hierhin gekommen, habe viel Hilfsbereitschaft, aber auch Voreingenommenheit erfahren. Heute will ich hier nicht mehr weg“, sagte Rogos, der nicht nur seine Praxis in Dieringhausen geführt hat, sondern auch dort lebt. Ursprünglich stammt er aus der Lausitz, ist vor der Wende aus der DDR geflüchtet und kam als anerkannter politischer Flüchtling in die BRD. Das Lernen der russischen Sprache und Reisen in osteuropäische Länder prägten ihn. So habe er eine Affinität zu den östlichen Völkern entwickelt – und zuletzt die Idee, die komplette Ausstattung seiner Praxis zugunsten der Menschen in der Ukraine zu spenden.

 

WERBUNG

Den Kontakt zur oberbergischen Caritas, die seit Beginn des Angriffskrieges zusammen mit der Gummersbacherin Valentyna Butulay humanitäre Hilfe in der Ukraine leistet, habe ein ehemaliger Patient hergestellt. „Diese Zahnarztpraxis ist ein großes Geschenk“, sagte Caritasdirektor Peter Rothausen heute tief beeindruckt ob der großzügigen Spende. Oftmals seien in Zahnarztpraxen lediglich Behandlungsstühle und ein Röntgengerät vorzufinden – anders bei Dr. Rogos. „So eine Praxis habe ich noch nie gesehen. Er hat alles selbst gemacht“, sagte Rothausen.

 

[Valentyna Butulay wird die Spende von Dr. Christian Rogos in Zhytomyr übergeben.]

 

Mit der Auflösung seiner Praxis spendet der Mediziner nicht nur seine Büroeinrichtung, das Mobiliar und zwei Behandlungsstühle. Zur Spende gehören auch eine komplette Laboreinrichtung, ein Computertomogramm, zwei Röntgengeräte, zwei digitale Bronchiengeräte, zwei Sandstrahlgeräte, ein Gußautomat, Sterilisatoren sowie 50.000 Zähne für Prothesen. Welchen Wert die Spende damit hat, lasse sich kaum beziffern. Rogos schätzt den Zeitwert auf etwa 150.000 Euro. Zum Vergleich: würde ein neuer Behandlungsstuhl angeschafft werden, seien Kosten in Höhe von 40.000 bis 70.000 Euro fällig.

 

„Das ist eine grandiose Spende“, freute sich auch Butulay, die am Morgen zusammen mit zehn Helfern in die Praxis gekommen war. Zwei Tage werde jetzt gepackt; nach den Osterferien gehe es weiter. Die Stühle, das CT und die Röntgengeräte werden von Spezialisten abgebaut und in Holzkisten gepackt, die extra für diesen Transport angefertigt werden. Am 29. April soll die Spende in einen Lastwagen verladen und im Mai nach Zhytomyr gebracht werden. Butulay wird den Lastwagen in einem Rettungswagen begleiten. Dieser sei anonym gespendet worden und soll ebenfalls im Mai überführt werden.

 

[Caritasdirektor Peter Rothausen (r.) und Valentyna Butulay waren beeindruckt von der umfangreichen Spende von Dr. Christian Rogos.]

 

„Ich weiß, von wem die Spende kommt, und ich weiß, an wen sie geht“, sagte Butulay, die nicht zuletzt als Bindeglied fungiert. Die Praxisausstattung werde nicht in private Hände gelangen, sondern in einer staatlich finanzierten Poliklinik zum Einsatz kommen. „Dank der Spende kann in Zhytomyr eine kleine Zahnklinik aufgebaut werden“, sagte Rothausen. Behandelt werden dort nicht nur Witwen, Waisen und andere bedürftige Menschen, sondern auch Soldaten, Kombattanten, Kriegsverletzte. So könnten vor Ort beispielsweise sehr schnell einfache Kunststoffprothesen hergestellt werden.

 

Für Dr. Rogos geht es nun in den Unruhestand, wie er selbst sagt. „Was fehlt, sind die sozialen Kontakte“, gibt der Mediziner ehrlich zu. Rund 120.000 Patienten habe er in all den Jahren in seiner Praxis behandelt – und damit Menschen aus Radevormwald bis Bonn. „Aber ich werde keine Langeweile haben. Ich bin sozial engagiert – und ich bin glücklich, dass all diese Dinge noch einen guten Zweck erfüllen werden.“

 

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG