LOKALMIX
Dieser Planet braucht uns nicht, wir aber ihn
Wiehl - Wie das globale Klimasystem funktioniert, wie der Klimawandel sich auswirkt und wie wir Menschen die Klima-Zukunft trotzdem konstruktiv gestalten können erläuterte Diplom-Meteorologe Sven Plöger in seinem Vortrag "Zieht euch warm an…es wird heiß".
Von Ute Sommer
Auf Einladung des Fördervereins der Evangelischen Kirche Wiehl analysierte der Wetter-Wissenschaftler Sven Plöger in der Wiehler Kirche mit profundem Sachverstand und jeder Menge Erzählfreude die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels. Als Vorsitzender des Fördervereins freute sich Reinhard Schmidt über rund 380 Besucher im Gotteshaus und weitere 120, die im Gemeindehaus der Veranstaltung per Beamer-Übertragung folgten. Mit der Veranstaltung wolle man verdeutlichen, dass Kirche nicht bloße Institution, sondern auch eine tatkräftige Glaubensgemeinschaft sei, die aktive Impulse im gesellschaftlichen Diskurs setze.
Nach dem herzlichen Willkommen für den prominenten Fernsehmoderator kam dieser direkt zur Sache. "Nicht erst der aktuelle Bericht des EU-Klimawandeldienstes Copernicus äußert sich besorgt, die Klimaproblematik ist mittlerweile für jedermann spürbar geworden", stellte Plöger fest. Nach Hitzesommer, Trockenheit, Waldsterben und der Ahr-Flut könne niemand mehr leugnen, dass der Klimawandel real und greifbar in unserem Alltag angekommen sei. Der "Übersetzer" zwischen der Wissenschaftswelt und der Gesellschaft empfahl, sich den Planeten Erde als menschlichen Organismus vorzustellen, bei dem Knochen, Organe und Muskeln auch in unmittelbarer Wechselwirkung zueinander stünden.
So litten Atmosphäre, Biosphäre, Hydrosphäre, Kryosphäre und Lithosphäre gleichermaßen unter den weltweiten Schadstoffemission, bildeten so ein komplexes System, das jedoch unterschiedlich schnell auf Veränderungen reagiere. So sei der Klimawandel bereits sei seit vielen Jahrzehnten von der Forschung prognostiziert worden, doch hätte die Menschheit das Problem bisher allenfalls mit behäbiger Ignoranz angegangen. "Wir haben kein Wissensproblem, sondern ein Handlungsproblem", mahnte Plöger mehrmals im Laufe seines zweistündigen Vortrages, den er mit Daten-Diagrammen und eindrücklichen Bildern veranschaulichte.
Das dramatische Abschmelzen der Polkappen, der kontinuierlich schwächer werdende Jetstream, der Verlust von Permafrost-Regionen, der CO2-Ausstoß und die Gletscherschmelze seien nur wenige Einzelteile eines ganzheitlichen Mechanismus, die den Klimawandel beförderten. Nicht unwesentlich auch der negative Beitrag moderner Gesellschaften durch angesagten Lifestyle und Hyperkonsum, die dazu führten, dass wir in diesem Jahr bereits am 28. Juli den "Erdüberlastungstag" erreichen, das Datum, an dem die Menschheit, alle natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, aufgebraucht hat.
Um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens noch zu erreichen, müsste die Einsparung an CO2-Emissionen jedes Jahr so groß sein wie durch den Shutdown. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit laufe die Entwicklung derzeit allerdings auf die Marke von 2,7 Grad zu. "Das Wichtigste passiert im Kopf", appellierte der Meteorologe, der verstandesmäßigen Erkenntnis auch konkrete Handlungen folgen zu lassen, wie die Corona-Krise beispielhaft bewiesen habe.
Dass selbst kleine Beiträge wichtige Beiträge zur Schaffung einer "enkelfähigen" Welt seien, müsse gesamtgesellschaftliche Haltung werden. Zur Bildung von Problembewusstsein nachfolgender Generationen forderte er "ein Achtzigstel für die Allgemeinheit", ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr für Heranwachsende. "Ja, er macht Sorge. Ja, er ist gewaltig, aber wir können den Klimawandel brechen", unterstrich Plöger mit optimistischem Blick in die Zukunft.
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