LOKALMIX
Die Existenz ist bedroht
Gummersbach - Wolfgang Motzkau, einer der letzten Wanderschäfer der Region, kämpft ums wirtschaftliche Überleben - Oberberg-Aktuell hat ihn besucht.
Von Leif Schmittgen
Wolfgang Motzkau steht das Wasser sbis zum Hals. Er ist einer der letzten Wanderschäfer im Oberbergischen und weiß derzeit nicht, wie er seine Tiere ernähren soll. Das hat aus Sicht des Gummersbachers mehrere Gründe: Zum einen sorge das warme, trockene Wetter in den vergangenen drei Jahren für wenig Wachstum auf den Wiesen, weshalb der 55-Jährige seine Herde bereits sukzessive von 100 (2017) auf heute 50 Schafe verkleinern musste. „Die Flächen geben einfach nicht mehr genügend Nahrung her“, so Motzkau.
Und ein ganz aktuelles Problem treibt ihm ebenfalls die Sorgenfalten auf die Stirn: die steigende Wildschweinpopulation in den heimischen Wäldern. Motzkau hat mehrere Wiesen im Raum Gummersbach gepachtet, wo er derzeit täglich seine Tiere hütet. Vielerorts, aktuell oberhalb von Niederseßmar, haben die Schweine die Grasnarbe (Foto) derart ramponiert, dass die Möglichkeiten zum Fressen für die Schwarzkopfschafe weiter dezimiert wurden. Besonders ärgerlich für Motzkau: Erst im Frühjahr wurde das besagte Stück Land aufwendig nach einem Wildschaden saniert. Mit rund 450 Euro stand die Abtragung der Oberfläche und die anschließende Neubepflanzung zu Buche.
Kosten, die - wie auch in diesem Fall - der Jagdpächter zu tragen hat. Und hier steht dem Schäfer möglicherweise weiterer Ärger ins Haus. „Wir müssen innerhalb von sieben Tagen den Schaden beim Oberbergischen Kreis melden“, sagt er. Für ihn eine schier unlösbare Aufgabe, denn er kann seine Augen nicht gleichzeitig überall haben. „Später nachzuweisen, dass Wildschweine erst kürzlich am Werk waren, ist sehr schwierig“, weiß er aus seiner 25-jährigen Berufserfahrung.
Doch wie kann man das Problem aus Sicht des Schäfers lösen? „Praktisch gar nicht, deshalb kämpfe ich um meine nackte Existenz und lebe derzeit von der Hand in den Mund." Theoretisch müsse man laut Motzkau die Wildschweine viel stärker bejagen, um die Population auf ein erträgliches Niveau zu verkleinern. Der Wanderschäfer zeigt dabei Verständnis für die Situation der Jäger, die nicht 24 Stunden lang auf der Pirsch sein können, vom niedrigen Ertrag eines erlegten Tieres ganz zu Schweigen. Auch vom Schäfer gelobte Pächterversuche, das entsprechende Gelände mit Elektrozäunen „wildschweinsicher“ zu machen, seien in der Vergangenheit kläglich gescheitert. Letztere hat er nun mit finanzieller Unterstützung gekauft, um seine Herde vor nächtlichen Raubtierangriffen zu schützen. Die Region ist Wolfsgebiet, weshalb die Anschaffung bezahlt wird.
[Ein Hochstand befindet sich direkt neben der Wiese.]
Trotz der Kostenübernahme für den Schäfer eine weitere Herausforderung. „Das bedeutet für mich mehr Arbeitsaufwand. Wenn ich meinen Zwölf-Stunden-Tag in Stunden umrechne, bekomme ich grade einmal sechs Euro." Der Kilopreis für Lammfleisch liege derzeit bei sechs bis acht Euro und Wolle bringe auch nicht mehr den nötigen Ertrag. Motzkau geht deswegen davon aus, seinen Betrieb bald einstellen zu müssen. „Nur die Leidenschaft und die Liebe für die Tiere ermutigen mich zum Weitermachen." Sollte das für ihn bittere Ende der Selbstständigkeit aber unvermeidbar sein, möchte Motzkau versuchen, bei einem der noch wenigen verbliebenen Schäfer der Region unterzukommen - wohlwissend, dass es anderen aus seiner Zunft ähnlich ergeht.
KOMMENTARE
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Wir haben eine Weide zum ab fressen, wen Sie möchten dann melden Sie sich bitte
Marianne Steiger, 05.06.2022, 12:01 Uhr2
Sehr geehrter Herr motzkau!
Wir haben eine Weide in Morsbach -Ellingen wen Sie möchten,können Sie gerne mit Ihren Schafen hier Weiden kommen. Wasser ist auch da. Lg. Josef uns Marianne steiger
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