Gummersbach – Auf Einladung des Kaufmännischen Berufskollegs hat Psychologin Frauke Niehues in der Halle 32 einen Vortrag gehalten.

Wenn Rainer Gottschlich über Szenen aus seinem Schulalltag spricht, dann kann das für reichlich Verwunderung sorgen. Der Leiter des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg spricht von Aufgaben, die im Unterricht gestellt, aber nicht erledigt werden. Prüfungsfragen blieben in Klausuren unbeantwortet, obwohl die korrekte Lösung eigentlich bekannt sei. Und Einladungen zu Vorstellungsgesprächen würden nicht freudig entgegengenommen, sondern ignoriert werden. All das seien keine Einzelfälle.

Seit Februar 2022 leitet Gottschlich zusammen mit seinem Stellvertreter Markus Heisterkamp das Berufskolleg (KBKO). „Wir haben damals in allen Bereichen eine hohe Unzufriedenheit festgestellt“, sagte der Schulleiter am Donnerstag bei einer Veranstaltung in der Halle 32 – bei Lehrern, Schülern, Eltern und auch in Unternehmen. Zudem habe sich herauskristallisiert, wie verunsichert viele Schüler seien, und wie negativ ihr Selbstbild sei. „Die Jugend zerreißt sich selbst“, stellte der Schulleiter schockiert fest.

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Aufschluss darüber bot eine Studie, die am KBKO durchgeführt worden ist (OA berichtete). Anschließend seien drei Maßnahmen entwickelt worden, wobei sich eine auf den Selbstwert der Schüler bezieht. Um diesen gezielt zu stärken, hat sich das Berufskolleg Unterstützung gesucht. Gestoßen sind sie dabei auf die Psychologin Frauke Niehues, eine „absolute Fachfrau zum Thema Selbstwirksamkeit und Selbstwert bei Kindern und Jugendlichen“, wie Gottschlich findet.

Niehues war am Donnerstag in der Halle 32 zu Gast, stellte dabei ihr sogenanntes „Faktoren-Schichten-Modell des Selbstwertes“ vor. Dabei sprach die Expertin über das Grundgefühl eines jeden Einzelnen, das sich schon sehr früh ausbilde, über Selbstakzeptanz und Selbstwirksamkeit, aber auch über Perfektionismus, Überforderung und Vermeidung sowie die Bedeutung von kleinen Schritten und Erfolgserlebnissen.

[Nach dem Vortrag in der Halle 32 fand für die Lehrkräfte des KBKO am Freitag ein pädagogischer Tag zur Vertiefung der vorgestellten Inhalte und Übungen statt.]

Über 250 Personen hatten sich für die Veranstaltung angemeldet, darunter insbesondere Pädagogen aus Kitas, Grundschulen, Förderschulen, Gymnasien und auch Berufsschulen – nicht nur aus dem Oberbergischen, sondern auch darüber hinaus. Gottschlich freute sich über diese Resonanz: „Das trifft genau das, was wir wollten. Das Thema ist elementar, für mich der Schlüssel zu allem.“ Und relevant sei das Thema nicht nur für Pädagogen, sondern auch für Eltern und Großeltern, letztendlich für jeden.

„Was hier an der Schule passiert, ist extrem außergewöhnlich“, sagte Sabine Rörig vom Landesprogramm Bildung und Gesundheit NRW, dem das KBKO beigetreten ist. Die Bezirksbeauftragte war aus Köln nach Gummersbach gekommen. Dabei hatte sie nicht nur lobende Worte im Gepäck, sondern auch ein Schild, das künftig am Eingangsbereich des Berufskolleg hängen und auf das besondere Engagement der Schule aufmerksam machen soll.

Weiter ging es für das gesamte Kollegium des KBKO am Freitag mit einem pädagogischen Tag. Dabei seien die von Niehues vorgestellten Inhalte und Übungen vertieft worden. Anwendung sollen diese nun im Unterricht finden. Vor den Sommerferien soll dann analysiert werden, ob und welche Auswirkungen das auf den Selbstwert einzelner Schüler hat.