LOKALMIX

Das Erinnern nicht vergessen

vma; 28.01.2023, 16:50 Uhr
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Fotos: Vera Marzinski --- Im Anschluss signierte Tamar Dreifuß die beiden Bücher und beantwortete Fragen der Gäste.
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Das Erinnern nicht vergessen

vma; 28.01.2023, 16:50 Uhr
Nümbrecht – Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus war die die Holocaust-Überlebende Tamar Dreifuss in Nümbrecht zu Gast.

Von Vera Mazinski

 

Anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus fand im Foyer des Rathauses Nümbrecht eine Veranstaltung statt, den der Freundeskreis Nümbrecht-Mateh Yehuda und die Gemeinde gestalteten. Als Ehrengast war die Holocaust-Überlebende Tamar Dreifuss eingeladen. Sie freute sich über die große Teilnehmerzahl, denn es sei wichtig, dass so viele Menschen wie möglich Zeitzeugen wie ihr zuhören. „Antisemitismus ist immer noch und wieder da“, erklärte die -Jährige. Am 27. Januar 1945 war Ausschwitz befreit worden, doch die Nazis töteten bis zum Kriegsende weiter. „Es ist unsere Pflicht, diesen Ermordeten ein Gesicht zu geben“, so Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius. „So etwas darf nicht wieder passieren. Es ist unsere Pflicht zu mahnen.“

 

[Tamar Dreifuß (vorne) mit Marion Reinecke vom Freundeskreis Nümbrecht-Mateh Yehuda und Bürgermeister Hilko Redenius.]

 

Dreifuss wurde im litauischen Vilnius (deutsch: Wilna) geboren. „Wilna ist meine erste Heimat, denn da bin ich geboren. Israel ist meine zweite Heimat, denn da habe ich meine Jugend verbracht. Und Deutschland ist meine Aufgabe, denn hier wohne ich.“ Ihre Mutter versteckte sie 1941 nach der deutschen Besetzung der Stadt unter falschem Namen bei einer christlichen Großtante. Wieder mit der Familie vereint, lebten sie in einer Unterkunft, wo man ständig Schüsse hörte. 100.000 Menschen wurden auf grausamste Weise im nahen Wald bei Polna erschossen. Ihre Großeltern gehörten zu den ersten Opfern.

 

Die kleine Tamar erlebte die Deportierung ihres Vaters und mehrere Fluchtversuche. Die gemeinsame Überlebensgeschichte hat Jetta Schapiro-Rosenzweig, Tamars Mutter, in ihrer Autobiografie „Auch wir waren in Ponar - Bekenntnisse einer Wilnaerin“ in den 1970er Jahren veröffentlicht. Nach dem Tod der Mutter übersetzte Tamar das Buch aus dem Jiddischen ins Deutsche unter dem Titel „Sag niemals, das ist dein letzter Weg: Flucht aus Ponar - Eine Mutter und ihre kleine Tochter kämpfen ums Überleben“.

 

[Musikalisch untermalte Prof. Igor Eckstein die Veranstaltung – am Schluss mit „Shalom Shabbat".]

 

Ihre Enkel brachten Dreifuss dazu, ein kindgerechtes Buch zu schreiben. Mit „Die wundersame Rettung der kleinen Tamar“ werden die Kinder in die Zeit des Nationalsozialismus und des mörderischen Antisemitismus hineinführt, ohne sie zu überfordern. Ihre Heldin ist ihre Mutter, die unzählige Male versuchte, mit ihrem Kind zu entkommen. Sie wollte „lieber auf der Flucht sterben als wie ein Schaf zur Schlachtbank geführt werden“.

 

Nachdem sie 1943 das Durchgangslager Tauroggen verlassen konnten, begann erneut ein riskantes Leben unter falscher Identität. Jetta bot bei den umliegenden Grundbesitzern an, jegliche Arbeiten zu verrichten, und so zogen sie von Hof zu Hof. Zwei Tage verbrachten sie in einer Hundehütte. Das rettete sie vor dem Partisanen und kurz darauf beschlagnahmten Russen den Hof. Zurück in Wilna, war dort alles in Schutt und Asche gelegt. 1948 emigrierte Tamar mit ihrer Mutter und dem Stiefvater nach Israel und kam 1959 mit ihrem Mann zurück nach Deutschland. Das Erzählen helfe nicht nur, dass die Zuhörer die Geschichte besser verstehen. Tamar selbst bewältigt die Grausamkeiten ihrer Vergangenheit, indem sie anderen davon berichtet.

 

Der 27. Januar wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum nationalen Gedenktag erklärt.

 

[Redenius betonte: „Wir dürfen das Erinnern nicht vergessen.“]

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