LOKALMIX

„Wir hätten gerne mehr geimpft“

ks; 06.12.2021, 15:45 Uhr
Foto: Archiv.
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„Wir hätten gerne mehr geimpft“

ks; 06.12.2021, 15:45 Uhr
Oberberg – Bei Impfaktionen in Waldbröl und auf dem Gummersbacher Bernberg ließen sich am Wochenende fast 1.000 Personen impfen.

Impfen in einer Viehhalle auf dem Waldbröler Weihnachtsmarkt – das konnten sich die Allgemeinmediziner Dirk Feuerstein und Nils Achilles sehr gut vorstellen. Doch mit der Absage des Weihnachtsmarktes mussten die Mediziner auch ihren Plan verwerfen. Waldbröls Einzelhandel stellte nach der Absage kurzerhand eine Art Adventskalender auf die Beine, an dem sich täglich bis zum 24. Dezember ein Unternehmen mit einer Aktion beteiligt. „Am Sonntag wollte Rolf Ising vom Römerkeller einen Glühweinstand anbieten. Das hat den Anstoß für eine gemeinschaftliche Aktion gegeben“, schildert Feuerstein. Fünf örtliche Hausarztpraxen und auch die Stadt seien direkt für die Idee gewonnen worden, sodass gestern in Waldbröl erstmals unabhängig vom Oberbergischen Kreis eine Impfaktion stattgefunden hat.

 

Während die zehn Hausärzte mit ihren Mitarbeitern und Helfern die aufgebauten Zelte auf dem Evangelischen Kirchplatz ab 8:30 Uhr für die Impfungen herrichteten, wurde die Reihe der Wartenden bereits um 9 Uhr – und damit zwei Stunden vor Beginn – von einem ersten Waldbröler eröffnet. Auf den Mann folgten im Laufe des Tages rund 440 Personen. „Wir hatten uns auf mehr Personen vorbereitet“, gibt Feuerstein zu – nicht zuletzt aufgrund der Massen, die am Vormittag auf den Kirchplatz strömten. „Wir hätten auch 1.500 Personen impfen können. Mit dieser Anzahl haben wir nach dem Ansturm morgens auch rechnen können“, erklärt der Hausarzt und ergänzt, dass das Team nach der Aktion einige Impfdosen entsorgen musste.

 

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Trotz dieser Ernüchterung bezeichnet Feuerstein die Impfaktion als gelungen: „Wir hatten 70 Erstimpfungen. Das ist der eigentliche Erfolg und mehr, als wir in den Praxen derzeit schaffen.“ Auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Flosbach weilte unter den Impfwilligen. „Er hat die Wartezeit genutzt und eine Statistik gemacht: in einer Stunde haben wir 120 Personen geimpft“, freut sich der Hausarzt.

 

[Foto: THW Ortsverband Waldbröl/Laura Willach.]

 

Ohne die Unterstützung des Technischen Hilfswerks und der Malteser, die beide Zelte aufgestellt haben, sei die Impfaktion nicht möglich gewesen. Darüber hinaus hätten die Evangelische Kirche und der Waldbröler Kulturtreff für die Aktion Trennwände ausgeliehen, welche vom Bauhof transportiert worden seien. Die Katholische Kirche hätte zudem zwei Stehtische zur Verfügung gestellt. Glühwein und Punsch wurden darüber hinaus vom Römerkeller und Berliner von der Bäckerei Marenbach angeboten. Feuerstein: „Das war ein tolles Miteinander.“

 

Bereits am Samstag hat der Oberbergische Kreis im Gummersbacher Stadtteil Bernberg eine Impfaktion durchgeführt. Für das Angebot sei einem Kreissprecher zufolge nicht über die klassischen oder sozialen Medien geworben worden, sondern zunächst über Sozialarbeiter, die die Anwohner direkt angesprochen haben. „Erstmalig war dabei auch das Ordnungsamt mit einem Lautsprecherwagen im Einsatz“, so der Kreissprecher.

 

Eine weitere Besonderheit der Aktion war, dass auch fünf Dolmetscher vor Ort gewesen seien und den Menschen unter anderem in türkischer, russischer, arabischer und rumänischer Sprache bei offenen Fragen oder auch dem Ausfüllen von Fragebögen behilflich gewesen seien. Insgesamt seien am Samstag in der Bernberger Grundschule von sechs Ärzten 550 Personen mit Biontech geimpft worden, darunter 70 Erstimpfungen. Laut Kreis soll eine derartige Impfaktion wiederholt werden – wann und wo sei derzeit noch unklar.

 

[Foto: THW Ortsverband Waldbröl/Laura Willach.]

 

Ob auch die Waldbröler Hausärzte eine weitere Impfaktion umsetzen werden, sei Feuerstein zufolge noch nicht gewiss: „Die Resonanz der Kollegen ist sehr unterschiedlich. Wir hatten einen hohen personellen Einsatz und hätten gerne mehr geimpft, aber das ist nicht so richtig angenommen worden.“ Seit knapp zwei Jahren würde Feuerstein pro Woche circa 60 Stunden arbeiten. Dass er an Mittwochnachmittagen frei hätte, sei quasi gar nicht mehr der Fall. Dass Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann Ärzte obendrein dazu aufgefordert hat, samstags weniger zu golfen und mehr zu impfen, empört den Waldbröler Allgemeinmediziner: „Ich spiele Golf, aber längst nicht mehr samstags – da impfe ich.“ Nicht nur bei den Ärzten, auch bei den Helferinnen, gäbe es laut Feuerstein einen Mangel: „Wir müssen zwischendurch auch mal Luft holen.“

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