LOKALMIX

"Hunde müssen unter Hunde kommen"

ks; 28.03.2021, 07:30 Uhr
WERBUNG
Fotos: Gaby Greese --- Auch in der Pandemie brauchen Hunde den Kontakt zu ihren Artgenossen.
LOKALMIX

"Hunde müssen unter Hunde kommen"

  • 0
ks; 28.03.2021, 07:30 Uhr
Oberberg – Auch in Oberberg sind 2020 im Schnitt mehr Hunde angemeldet worden als in den Vorjahren – Doch Hundeschulen können nur eingeschränkt unterstützen.

In Zeiten von Pandemie und sozialer Distanzierung sehnen sich immer mehr Menschen nach einem Hund. Nach Angaben des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) sind im vergangenen Jahr rund 20 Prozent mehr Hunde gekauft worden als in den Vorjahren. „Aber ich habe den Eindruck, dass die Zahlen noch höher liegen. Uns hat eine extreme Welle an Anrufen und Nachfragen erreicht“, berichtet Anette Knobloch. Sie ist Inhaberin der Hundehalterschule in Engelskirchen, deren Betrieb in den vergangenen Monaten coronabedingt immer wieder eingeschränkt worden ist.

 

[Auch zahlreiche Oberberger sind 2020 auf den Hund gekommen.]

 

Auch zahlreiche oberbergische Kommunen verzeichnen hinsichtlich der angemeldeten Hunde steigende Zahlen, wenngleich sich dieser Trend bereits seit einigen Jahren abzeichnet. Einen extremen Hunde-Boom gab es 2020 beispielsweise in Wiehl und Waldbröl. Während Wiehl im vergangenen Jahr im Vergleich zu den Vorjahren 25 Prozent mehr Neuanmeldungen verzeichnete, meldete Waldbröl eine Steigerung von gar 33 Prozent. „Die Leute haben kaum Chancen, an einen Welpen zu kommen. Die Wartelisten mancher Züchter sind so gefüllt, dass einige über zwei Jahre auf einen Welpen warten müssen“, sagt die Gummersbacherin Gaby Greese, die selbst fast 30 Jahre lang Labradore gezüchtet hat.

 

WERBUNG

Damit weichen zahlreiche Interessenten auf unseriöse Anbieter aus. Doch laut Greese würden diese die Tiere für immer horrendere Preise veräußern: „Die Leute zahlen bis zu 3.000 oder sogar 4.000 Euro für diese Hunde – und dabei haben die Anbieter kaum Ausgaben.“ Greese denkt dabei unter anderem an tierärztliche Untersuchungen, Impfungen sowie die Ahnentafel. Ebenso ist die Nachfrage im Tierheim Koppelweide in Wiehl gestiegen. „Die Welpen sind immer schnell weg“, berichtet Tierheimleiterin Julia Winter und ergänzt, dass vor allem Katzen vermittelt worden seien.

 

Doch die Pandemie wirkt sich auch auf die Sozialisation der Hunde aus. Die Besitzer verlassen seltener das Haus und empfangen weniger Besuch. Auch der Kontakt zu Artgenossen ist oftmals reduziert. Vor allem für Welpen ist jedoch der Kontakt zu anderen Hunden und Menschen überaus wichtig. „Hunde müssen unter Hunde kommen. Das Sozialverhalten muss gefördert werden. Und junge Hunde müssen auch lernen, die Körpersprache anderer Rassen zu verstehen“, weiß Greese. Entfällt diese frühe Förderung, bleibt es nicht ohne Folgen. „Die Verzweiflung ist groß. Einige Leute haben in den ersten Monaten nicht ordentlich mit ihrem Welpen gearbeitet. Doch dann wird es immer schwieriger, einen Hund gesellschaftstauglich zu erziehen“, meint Knobloch.

 

[Der Kontakt zu anderen Hunden und das Spielen mit Welpen ist für die Sozialisation junger Hunde überaus wichtig.]

 

Viele Menschen seien verunsichert und mit der Erziehung überfordert. Das würde sich laut Knobloch auf den Hund übertragen. Leinenaggressionen sowie Ängstlichkeit und Unsicherheit seien die Folge. Außerdem würden derzeit viele Tiere nicht lernen, auch mal alleine zu bleiben. „Es geht weniger um ‚Sitz und Platz‘, sondern vielmehr darum, Vertrauen zwischen Mensch und Hund aufzubauen, Sicherheit zu geben sowie Grundregeln zu vermitteln“, sagt Knobloch, die in ihrer Hundehalterschule nicht nur mit Vierbeinern arbeitet, sondern vorrangig deren Besitzer schult.

 

[Gaby Greese war fast 30 Jahre als Züchterin von Labradoren tätig.]

 

Trotz oder gerade wegen dieses Booms äußern sich die Experten besorgt. „Es ist zu befürchten, dass viele Leute ihre Tiere bald wieder abgeben möchten. Derzeit hält es sich noch in Grenzen“, meint Knobloch und versucht gemeinsam mit ihrem Team, Hilfesuchende zumindest über Online-Angebote oder im Eins-zu-Eins-Unterricht zu unterstützen. Ähnlich äußert sich auch Tierheimleiterin Winter: „Wir hoffen wirklich, dass die Tiere früher oder später nicht zu uns kommen.“

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG