LOKALMIX

„Die Geschichte des VfL muss umgeschrieben werden“

ks; 09.08.2022, 16:03 Uhr
Fotos: Katharina Schmitz --- 1933 hat die „Gummersbacher Zeitung“ monatlich 2,20 Reichsmark gekostet, mit Illustrierter waren 2,65 Reichsmark fällig.
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„Die Geschichte des VfL muss umgeschrieben werden“

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ks; 09.08.2022, 16:03 Uhr
Gummersbach – Das Stadtarchiv erhält etliche Jahresbände der erstmals 1835 erschienenen „Gummersbacher Zeitung“ (AKTUALISIERT).

Auch in alten Quellen kann man Neues erfahren: das wurde heute im Gummersbacher Ratssaal deutlich. Zahlreiche Bände unterschiedlicher Größen waren aufeinandergestapelt. Sie zeigen neben Anzeigen längst zurückliegende Bekanntmachungen der Behörden, informieren über das alltägliche Leben sowie Ereignisse aus dem 19. und 20. Jahrhundert – „oft authentischer und farbiger als es amtliche Akten können“, berichtet Historiker Jürgen Woelke. „Fünf Zentner Stadtgeschichte“ hat er zusammen mit Erich Viebahn und Urban Wrona besessen. Heute haben sie ihre Sammlung offiziell dem Gummersbacher Stadtarchiv übergeben.

 

[Das „Aggerblatt“ ist zum ersten Mal am Donnerstag, 1. Oktober 1835 herausgebracht worden.]

 

Neben Manfred Huppertz, dem Archivar der Stadt Gummersbach, hat sich auch Bürgermeister Frank Helmenstein mit den alten Druckerzeugnissen befasst: „Überall kann man nachlesen, dass die Handballabteilung des VfL 1923 gegründet worden ist.“

 

Helmenstein spricht gar von einem Allgemeingut und dachte bereits an eine 100-Jahr-Feier im kommenden Jahr. Doch die alten Schriftstücke offenbaren: das stimmt so nicht. Huppertz erklärt, dass die Gründung der Handballabteilung auf ein bestimmtes Spiel gegen Engelskirchen zurückzuführen sei, das die Gummersbacher 7:0 verloren haben.

 

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In den fast 100 Jahre alten Zeitungen ist nachzulesen, dass dieses Spiel nicht 1923, sondern erst 1925 stattgefunden hat. 1935 habe es laut Huppertz zum zehnjährigen Jubiläum eine Feier gegeben. Anfang der 1950er Jahre habe dann fälschlicherweise in einer Zeitung gestanden, dass die Handballabteilung des VfL 1923 gegründet worden sei – ein Fehler, der jahrzehntelang Bestand hatte. „Die Geschichte des VfL muss umgeschrieben werden“, sagt Helmenstein – und ergänzt, dieses Beispiel „verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass man solche Quellen hat.“

 

Am 1. Oktober 1835 ist unter dem Titel „Aggerblatt“ zum ersten Mal auf oberbergischem Boden eine Zeitung erschienen. Gegründet wurde sie von Friedrich Amberger aus Solingen, 1837 ist sie von Friedrich Luyken aus Wesel übernommen worden. Gedruckt wurde der Anzeiger mit einer Handpresse in Gummersbach, erschien zunächst zweimal pro Woche – mittwochs und samstags, und wurde auch in den Kreisen Wipperfürth und Waldbröl gelesen. Später wurde das „Aggerblatt“ in „Gummersbacher Kreisblatt“ und 1870 in „Gummersbacher Zeitung“ umbenannt.

 

[Erich Viebahn (v.li.), Urban Wrona, Bürgermeister Frank Helmenstein, Archivar Manfred Huppertz und Historiker Jürgen Woelke sind heute zur offiziellen Übergabe des Konvoluts im Ratssaal zusammengekommen.]

 

Die Sammlung ist nicht ganz vollständig, umfasst dennoch rund 120 Bände. Während die ersten Bände noch ein handliches Quartformat haben, haben die Bände ab den 1860er Jahren bereits einen Buchrücken über 50 Zentimeter. Ab den 1880er Jahren erschienen die Zeitungen im heutigen Format. Die Bände stammen aus dem ehemaligen Verlag von Friedrich Luyken. Als das Verlagsgebäude vor Jahren verkauft wurde, hat Woelke die Ausgaben in Obhut genommen. „Fünfeinhalb Regalmeter“ seien über die Jahrzehnte zusammengekommen.

 

Die „Gummersbacher Zeitung“ sei von Beginn an bürgerlich sowie königs- und kaisertreu gewesen. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten der 1920er Jahre sei Bernhard Krawinkel der Hauptfinancier der Zeitung gewesen. „Er wollte die ‚Gummersbacher Zeitung‘ erhalten“, erzählt Woelke. Carl und Lebrecht Steinmüller gründeten als „Gegenzeitung“ die liberale Volkszeitung. Unter dem Druck der Nationalsozialisten seien jedoch beide Zeitungen eingestellt worden, das nationalsozialistische Blatt „Oberbergischer Beobachter“ blieb laut Woelke als einzige Zeitung erhalten. Rund 100 Jahre hatte die „Gummersbacher Zeitung“ Bestand, ehe am 30. Mai 1936 ihre letzte Ausgabe erschien.

 

Korrekturhinweis

 

Ähnlich wie in den 1950er Jahren wurde das Gründungsjahr der Handballabteilung des VfL Gummersbach auch gestern falsch datiert. Wie bei der offiziellen Übergabe der Jahresbände am gestrigen Vormittag geäußert, haben wir zunächst berichtet, dass die Handballabteilung erst 1926 gegründet worden sei. Auch dies ist nicht korrekt. Die Gründung soll bereits 1925 erfolgt sein.

 

Außerdem sollen die Gummersbacher das Spiel gegen die Engelskirchener nicht 10:0 verloren haben (wie zunächst berichtet), sondern 7:0 verloren haben.

KOMMENTARE

1

Guten Tag.
ich habe einen Brief vorliegen, den Herr Otto Kaufmann am 5.9.1973 an den damaligen Schriftleiter der OVZ, Herrn Erich Roth geschrieben hat. Darin nimmt er Stellung zum ersten Spiel des Gummersbacher TV gegen den TV Engelskirchen. Herr Kaufmann schreibt, dass er selber bei diesem Spiel im Trikot der Gummersbacher mitgewirkt hat. Seinen Angaben nach fand dieses Spiel im Jahre 1925 statt. zunächst nennt er den 19, etwas später den 12. Februar als Datum.
Betrachten Sie dieses Schreiben bite nicht als Klugscheißerei, vielleicht als Anregung zum Weiterforschen. Den Brief kann ich Ihnen gerne als Kopie zur Verfügung stellen.

Frank Winkler, 09.08.2022, 17:18 Uhr
2

@Frank Winkler: Gilt Otto Kaufmann nicht neuerdings als sogenannte "Persona non grata"?
Am besten mal beim Nümbrechter Bürgermeister nachfragen!

Karl-Josef, 10.08.2022, 21:05 Uhr
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