LOKALMIX

5.000 Volt gegen den Riesenbärenklau

ks; 01.08.2025, 15:35 Uhr
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Fotos: Michael Kleinjung --- Sabine Weikamm bekämpft für den Aggerverband den Japanischen Staudenknöterich und andere Neophyten.
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5.000 Volt gegen den Riesenbärenklau

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ks; 01.08.2025, 15:35 Uhr
Gummersbach – Der Aggerverband bekämpft die Herkulesstaude und den Japanischen Staudenknöterich neuerdings mit einer Elektrolanze – Unterstützt wird der Verband dabei von Sabine Weikamm.

Den Riesenbärenklau als Riesenbärenklau zu erkennen und zu wissen, dass es sich dabei um eine gefährliche Pflanze handelt, ist das eine – ähnelt er doch vielen heimischen Pflanzen wie der Engelwurz. Diesen Neophyten zu entfernen ist aber eine andere Hausnummer, denn bei Kontakt kann er zu starken Rötungen, schmerzhaften Verbrennungen mit Quaddeln und Blasen oder gar schweren allergischen Reaktionen führen. Sabine Weikamm aus Olpe hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Riesenbärenklau zu bekämpfen. Vor einigen Jahren hat sie herausgefunden, dass sie der Pflanze mit Haselnusszweigen den Garaus machen kann (OA berichtete). Mittlerweile nutzt sie auch noch eine andere Methode: eine 5.000 Volt starke Elektrolanze.

 

Derzeit ist Sabine Weikamm unter anderem an der Dörspe auf einer Fläche des Aggerverbands im Gummersbacher Ortsteil Derschlag im Einsatz. Dort bekämpft sie für den Wasserwirtschaftsverband das Wachstum invasiver Neophyten wie den Riesenbärenklau, aber auch den Japanischen Staudenknöterich und das Jakobskreuzkraut. Laut Vorstand Axel Blüm sind die Fließgewässer im Gebiet des Verbandes, für die insgesamt rund 30 Mitarbeiter der verbandseigenen Gewässerunterhaltung zuständig sind, etwa 3.000 Kilometer lang. Und da haben die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme unerwünschter Neophyten verzeichnet.

 

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So war das auch auf der Fläche, die in Derschlag direkt zwischen der Dörspe und dem Bergischen Panorama-Radweg liegt. Vom Ufer her breitete sich der Riesenbärenklau, der auch als Herkulesstaude bekannt ist, immer weiter aus, ragte gar auf den Geh- und Radweg – und das hätte für Mensch, aber auch für Tier gefährlich werden können. Auch der Knöterich vermehrte sich, kann bis zu 30 Zentimeter am Tag wachsen. Gefährlich kann es dabei im Untergrund werden. In den Wurzeln der Pflanze steckt so viel Energie, dass sie gar Bauten beschädigen kann. Und das hochgiftige Jakobskreuzkraut kann zu allergischen Reaktionen führen.

 

 

Ein weiteres Problem: dass die Massenbestände von Herkulesstaude und Knöterich an den Böschungen der Fließgewässer die heimischen Stauden und Wildkräuter verdrängen, die „die Ufer gegen Erosionen und Bodenabtrag sichern“, erklärte Karl Zimmer, Betriebsleiter des Bereichs Gewässerunterhaltung. Außerdem können die abgestorbenen verholzten Triebe der Neophyten im Winter abknicken und auf dem Wasser treiben und sich so auch vor sogenannten Durchlassbauwerken ansammeln. Das kann wiederum den Abfluss der Gewässer behindern, erklärte Zimmer.

 

Nicht zuletzt aufgrund der Verkehrssicherungspflicht gibt es für den Aggerverband also diverse Gründe, diese gebietsfremden Pflanzenarten, die sich besonders entlang von Fließgewässern und in angrenzenden Auen ansiedeln, zu bekämpfen. „Aber wir können nur da tätig werden, wo es punktuell eine Gefahr gibt“, sagte Blüm. Den Einsatz der Elektrolanze hält er für eine „gute Methode“. Ein erster Arbeitsdurchgang zur Bekämpfung hat auf der Fläche vor rund dreieinhalb Wochen stattgefunden. Die ersten Ergebnisse seien vielversprechend – auch wenn in den ersten Monaten und auch Jahren regelmäßig nachgearbeitet werden muss, produziert die Herkulesstaude doch tausende Samen, die noch einige Jahre später keimen können.

 

Vorgestellt wurde der Einsatz der RootWave-Elektrolanze von Sabine Weikamm (Bild). Auf einem sogenannten Raupendumper transportiert sie einen Generator, der Starkstrom erzeugen kann. Für den Generator benötigt sie zwei bis drei Liter Benzin pro Stunde. Im Boden montiert sie die dazugehörige Elektrode und Erdung, selbst trägt sie einen kniehohen S3-Sicherheitsstiefel. Mit der 5.000 Volt starken Lanze berührt sie dann die Pflanze. Es raucht, es funkt und manchmal knallt es auch. „Der konzentrierte Stromfluss führt zu einer schnellen und starken Erhitzung der Wurzelzellen. Bereits nach wenigen Sekunden ist der Siedepunkt erreicht und der entstehende Dampfdruck zerstört die Zellwände – die Wurzel stirbt ab“, erklärte Weikamm.

 

2022 hat sie die Haselnussmethode entdeckt. Warum sie funktioniert, ist bis heute nicht klar. „Daran wird immer noch geforscht“, sagte Weikamm. Es könne aber sein, dass das an bestimmten Flechten liegt. Bei Recherchen ist sie dann auf eine Stromlanze aus England gestoßen – und später mit Bernd Boßmann, Geschäftsführer der Firma Kersten Arealmaschinen aus Rees, in Kontakt gekommen. Dessen Unternehmen vertreibt die RootWave-Elektrolanze. Weikamm hat sich derweil selbstständig gemacht und im Dezember 2023 ihr Unternehmen „Nature Force“ gegründet.

 

[Video: Michael Kleinjung.]

 

Beim Aggerverband erhofft man sich durch den Einsatz der Elektrolanze künftig einen deutlich geringeren Arbeitsaufwand bei der Bekämpfung unerwünschter Pflanzen. Auch wenn der Kampf gegen Neophyten wie den Riesenbärenklau für viele Experten verloren scheint, bleibt Sabine Weikamm doch zuversichtlich: „Man kann es in den Griff kriegen.“ Auch wenn damit viel Arbeit verbunden sei, würde es an den Stellen, die bearbeitet werden, von Jahr zu Jahr besser werden. Und mit der Zeit würden dort auch wieder heimische Pflanzen wie die Brennnessel oder das Schilf wachsen.

 

Wer mehr darüber lernen möchte, wie der Riesenbärenklau effektiv und umweltfreundlich bekämpft werden kann, kann dazu einen Kurs bei der VHS Oberberg besuchen, der von Sabine Weikamm geleitet wird. Zwei Termine werden geboten: Samstag, 20. September, von 16 bis 18 Uhr, und Samstag, 11. Oktober, von 8 bis 10 Uhr. Die Kurse finden in Bergneustadt statt. Weitere Informationen sind auf der Website der VHS zu finden.

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