KULTUR

Theaterstück über Gehirnwäsche und Gewaltexzesse

vma; 01.07.2025, 09:04 Uhr
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Fotos: Vera Marzinski --- Der gewaltbereite Alex ist selbst sexuellen Übergriffen und Gewalt ausgesetzt.
KULTUR

Theaterstück über Gehirnwäsche und Gewaltexzesse

vma; 01.07.2025, 09:04 Uhr
Gummersbach – Eine eindrückliche Inszenierung von „„A Clockwork Orange“ zeigte das Ensemble des Landestheaters Detmold in der Halle 32.

Von Vera Marzinski

 

„A Clockwork Orange“ wurde als Schauspiel in einer Inszenierung von Konstanze Kappenstein mit dem spielfreudigen Ensemble des Landestheaters Detmold in der Halle 32 gezeigt. Für die eigene Bühnenfassung nach dem gleichnamigen Roman von Anthony Burgess (1962) holte Kappenstein die Geschichte aus den 1960er in die 2020er Jahre und inszenierte das Stück, in dem viele Gewaltexzesse und eine Gehirnwäsche großer Bestandteil sind, mit einem eindrücklichen Bühnenbild von Jule Dohrn-van Rossum inklusive einer Live-Kamera auf der Bühne.

 

Das Stück setzt sich vor allem mit der Sexualisierung und der Gewaltbereitschaft unserer Gesellschaft auseinander. Der Zuschauer wird mitten in das Geschehen involviert – einerseits durch die Nähe zu den Darstellern, die zeitweise mitten im Publikum sitzen, und andererseits mit Hilfe einer Handkamera. Die Aufnahmen werden auf einen Gaze-Vorhang projiziert. Grausame Gewaltakte gegen überwiegend völlig wehrlosen Menschen, wie den alten Mann, der mit Bücherei-Schmökern unterwegs ist.

 

[Alex – grandios dargestellt von Emanuel Weber – erzählt von seinen Gewaltausbrüchen mit der Gang und betont „Was ich tu, das tu ich, weil es mir Spaß macht.“]

 

Die Vergewaltigung einer Frau erzählt Alex (grandios dargestellt von Emanuel Weber) in seiner speziellen Sprache – der Kunstsprache Nadsat - ausführlich. Aber Alex ist selbst auch sexueller Übergriffigkeit durch seinen Bewährungshelfer ausgesetzt. Die Eltern von Alex sind unfähig, auch nur zu versuchen, auf ihn Einfluss zu nehmen. Er respektiert sie nicht im Geringsten.  Auch in seiner „Gang“ ist es nicht einfach. Er findet „Einer muss Führer sein“, aber Alex verspottet seine „Kollegen“ und ist ihnen später hilflos ausgeliefert. Die beiden – Paul Enev als Pete und Leonard Lange als Doofie - sind zum Ende hin Polizisten und missbrauchen ihre Machtposition, um sich an Alex zu rächen.

 

Nach einem Raubüberfall auf eine alte Dame, die an den Folgen stirbt, wird Alex wegen Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt. In der Haft, in der er nur eine Nummer (6655321) ist, entschließt er sich an der Ludovico-Methode teilzunehmen. Dabei wird er mit Gewalt-Videos psychisch gebrochen und so konditioniert, dass ihm schon beim Gedanken an Gewalt schlecht wird. Der Hauptprotagonist ist zeitweise ganz nackt – aber nicht nackt im Sinne von frei sein und als eine Befreiung von gesellschaftlichen Konventionen und Zwängen, sondern als ein Zeichen größtmöglicher Schutzlosigkeit. Polizisten in rosa Uniform schlagen auf ihn ein. Zudem kämpft Alex sehr mit seinem Brechreiz.

 

[Wenig Bühnenbild und Einsatz von Video-Projektionen. Zudem ein leuchtendes Uhrwerk, was aber auch als Hamsterrad erkennbar war.]

 

Hier wird das dystopische Element, das der Roman, aber auch Film und Theaterstück haben, deutlich, dass eine fiktive Welt oder Gesellschaft beschreibt, die sich zum Negativen entwickelt hat, oft mit Merkmalen wie Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit. Und es zeigen sich die Gefahren des Verlusts unserer Freiheiten, unserer Menschlichkeit und unserer Privatsphäre. Zudem stellen sich Fragen wie: Erzeugt Gewalt zwangläufig Gegengewalt? Darf Gewalt durch Gewalt geahndet werden? Wie wird der Mensch ein besserer Mensch? Insgesamt war die Inszenierung nah am Film und kam zum großen Teil gut beim Gummersbacher Publikum an.

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