KULTUR
Theaterprojekt setzt Romanerfolg sehr professionell um
Gummersbach – Gelungene Inszenierung des Romans „Wenn Martha tanzt“ von Tom Saller auf der Bühne der Halle 32.
Von Vera Marzinski
„Wenn Martha tanzt“ ist ein Roman des Wipperfürther Autors Tom Saller und war in der Literaturszene 2018 ein Überraschungserfolg. Ein Buch, das fesselt und wer es gelesen hat, wird zunächst skeptisch sein, ob die Biografie von Martha in ein Theaterstück umzusetzen ist. Tatsächlich funktioniert das sogar richtig gut – wie am Samstag und Sonntag in der Halle 32 in Gummersbach zu sehen war.
Im Stück geht es um die Familiengeschichte von Thomas, der im Nachlass seiner Oma Hedi das Tagebuch von Martha Wetzlaff findet. Er begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit seiner vermeintlichen Uroma, die ein außergewöhnliches Mädchen und eine Bauhaus-Studentin in den 1920er-Jahren gewesen war und Musik in Formen „sehen“ konnte. In ihrem Tagebuch sind Marthas Begegnungen mit schillernden Künstlern festgehalten, denen sie in jungen Jahren begegnete und die in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielten. Mit der Schließung des Bauhauses kehrt Martha nach Hause zurück, in ihren Armen ein Baby.
[Thomas (Sven Popovici) findet Marthas Tagebuch, das sich als Kunstsensation entpuppt.]
Wie im Buch erzählt Thomas – hervorragend gespielt von Sven Popovici –, wie er das Tagebuch, das nicht nur Aufzeichnung von Martha, sondern auch Zeichnungen von den Bauhausbewohnern wie Paul Klee oder Wassily Kandinski enthält, in New York versteigert. Die Geschichte springt von 2001 zurück in Marthas Zeit in Türnow von 1900 bis 1919 und im zweiten Akt nach Weimar zur Bauhaus-Zeit Marthas. Martha wird als Studentin und junge Frau brillant von Lea Wagener dargestellt. Hannah Miszka und Ronja Schmitz spielen sie als Kind und als die 101-jährige Martha steht Gaby Weiß auf der Bühne – alle im schwarzen-weißgepunkteten Kleid.
Wie im Buch lernen die Zuschauer im Theaterstück Marthas Eltern Otto (Daniela Kuhn-Berger, die auch Walter Gropius, den Direktor am Bauhaus spielt) und Elfriede (Amelie Nordheim-Perera) sowie Wolfgang (Bernd Gerigk-Unterstenhöfer) den Freund der Familie, der Martha auf die Idee mit dem Studium in Weimar bringt, kennen. In Weimar lernt sie die Fotografentochter Ella Held (hervorragend gespielt von Anna Raffelsieper) lieben, findet ihren Weg mit Hilfe der Dozenten und Weggefährten dort – und tanzt.
Doch 1925 zog das Bauhaus von Weimar nach Dessau – und Martha kehrt nach Hause zurück, heiratet Johann (Lucas Ewers), eröffnet eine Tanzschule und flieht mit ihrem vermeintlich unehelichen Kind Hedi 1945 aus Pommern. Auf der Wilhelm Gustloff macht sie ihre letzten Tagebucheintragungen.
[Zwischen Ella Held (Anna Raffelsieber) und Martha (Lea Wagener) entsteht mehr als nur Freundschaft.]
Knapp zweieinhalb Stunden Handlung umfasst das Werk. Die Projektleiterin Nicola Wild vom Kunstbahnhof Wipperfürth sowie die Hückeswagener Tanz- und Theaterpädagogin Nelia Nusch führten Regie, Kai Mönnich oblag die Dramaturgie. Besser hätte der Roman eigentlich nicht umgesetzt werden können. Auch das Bühnenbild – Bilder auf der Videoleinwand oder durch schnelle Requisitenwechsel im Halbdunkeln – unterstützt die Darstellung der Geschichte perfekt. Dazu musikalische Untermalung und für besondere Szenen wie die Aktmalerei oder die Liebesszene ein halbdurchsichtiger Vorhang.
Mit dem Stück zeigt das Theaterprojekt, bei dem Ensembles wie das Wipperfürther „unARTig“ und die „Spielsucht“ aus Gummersbach, ebenso die Nachwuchsgruppen „Die Chaostheorie“ und „Theaterkids“ aus Wipperfürth mitwirken, dass Kunst auch in der „Provinz“ stattfindet, ein hochwertiges kulturelles Bildungsangebot verkörpert und schauspielerische Laiendarstellung unter professioneller Anleitung richtig, richtig gut sein kann.
KOMMENTARE
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Vielen Dank für diesen Artikel. Alle beteiligten Ensembles der Theaterproduktion haben sich riesig gefreut!
KuBa Wipperfürth , 28.03.2022, 21:52 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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