KARNEVAL

Hinter den Kulissen des Fastelovends

bv; 15.01.2020, 11:31 Uhr
Archivbild: Michael Gauger.
KARNEVAL

Hinter den Kulissen des Fastelovends

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bv; 15.01.2020, 11:31 Uhr
Oberberg – Bevor tausende Jecke in Oberberg feiern können, müssen die Vereine stetig wachsende Herausforderungen bestehen – Auflagen der Behörden und Ansprüche des Publikums werden größer.

Von Bernd Vorländer

 

In den kommenden Wochen sind es wieder tausende Jecke, die sich in der Region bei diversen Karnevalssitzungen amüsieren und sich von Tanzgruppen, Rednern und Bands unterhalten lassen. Bunte Kostüme, strahlende Gesichter, gute Laune allenthalben. Das ist die schillernde Facette, die man als Außenstehender oft wahrnimmt. Doch die Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Hinter den Kulissen jeder Sitzung arbeiten dutzende fleißige Hände der jeweiligen Vereine – und das nicht erst seit Beginn des Jahres. „Fastelovend beginnt unmittelbar nach Aschermittwoch“, verdeutlicht Armin Gries, 1. Vorsitzender der Närrischen Oberberger aus Engelskirchen, dass die Karnevalsplanung ein komplettes Jahr in Anspruch nimmt. Und er schiebt angesichts des persönlichen zeitlichen Aufwands, den jeder der engeren Vorstandsmannschaft aufbringt, ein lächelndes „Man muss schon ganz schön bekloppt sein“ hinterher.

 

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Das bestätigen auch Kollegen von Gries. „Idealismus und die Gemeinschaft in unserem Verein sind eine große Antriebskraft“, sagt Dennis Spexard, Chef der KG Rot Weiß Denklingen. Dabei benötige man gute Nerven und müsse sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen. So stiegen die behördlichen Anforderungen für Großveranstaltungen beinahe jedes Jahr. „Es ist teilweise aberwitzig und mit gesundem Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbar, welche Auflagen wir erhalten“, sagt Spexard. Ohne Netzwerke, die einem Verein bei der finanziellen Ausstattung einerseits und mit fachlichem Rat andererseits - etwa bei Bauanträgen oder rechtlichen Fragen - zur Seite stünden, könne man eine Session heutzutage gar nicht mehr bewältigen. Zudem wachse auch der Anspruch des Publikums stetig. „Ohne ein hochwertiges Programm locken wir niemand mehr hinterm Ofen hervor. Was die Menschen im Fernsehen sehen, wollen sie auch auf unserer Bühne haben.“ Doch während die Sitzungsprogramme immer teurer würden, könne man dies nicht auf die Besucher umlegen. „Es gibt eine Schallgrenze, die können wir nicht überschreiten“, beschreibt Spexard die Zwangslage.

 

Auch Joachim Stüttem, Sprecher der KG Lindlar, bestätigt, dass in der heißen Sitzungszeit jede arbeitende Hand gebraucht wird. „Es gibt etliche Mitglieder, die sich bis zu zwei Wochen Urlaub nehmen, weil es gar nicht anders geht.“ Viermal beherbergen die Lindlarer Karnevalisten bei ihren Damensitzungen jeweils 1.900 Gäste, hinzu kommt eine Herrensitzung. Da muss logistisch ein Rädchen ins andere greifen, soll es nicht zu einem karnevalistischen Chaos kommen. Man benötigt Stühle, ausreichend Toiletten, die Versorgung muss stehen, einem Stromausfall muss vorgebeugt werden, die Sicherheit ist zu gewährleisten sein, das Programm sollte begeistern – um nur einige Punkte zu nennen. „Ich zeichne in unseren Bebauungsplan, den wir abgegeben müssen, jeden Kühlschrank und jeden Feuerlöscher ein“, beschreibt Stüttem die akribische Vorarbeit. Dennoch kann vieles schiefgehen und erst nach dem Rosensonntagszug fällt die Anspannung ab. Persönliches Engagement werde ab und an aber  auf eine harte Probe gestellt, weiß Stüttem. Weil die Karten sehr schnell vergriffen sind, gibt es mitunter Unmut bei denen, die leer ausgegangen sind. „Ich kann das ja verstehen, aber was sollen wir machen?“, zuckt der KG-Sprecher mit den Schultern.

 

Dass die Ansprüche nicht nur des Publikums, sondern auch der eigenen Mitglieder wachsen, weiß Armin Gries. Einerseits freue man sich über einen Zuwachs in allen Gruppen, andererseits benötige man auch eine große Zahl an Kostümen und Ausstattung. Darüber hinaus müsse man den Mitgliedern ganzjährig etwas bieten, um nicht nur zwischen dem Start der Session und Aschermittwoch wahrgenommen zu werden.

 

Und warum nehmen die oberbergischen Karnevalsvereine die zum Teil auch erheblichen persönlichen Belastungen auf sich? „Für mich ist es die Gemeinschaft, das gemeinsame Erleben von tollen Momenten, was mich antreibt. Bei allem Stress sind es die Freundschaften, die wertvoll sind und weiter wachsen“, ist Dennis Spexard überzeugt. Joachim Stüttem bringt einen anderen Aspekt ins Spiel: „Wenn alle Sitzungen und der Zug gelaufen sind, das meiste funktioniert hat, dann ist man schon ein bisschen stolz auf den Verein, die Freunde und auf sich selbst.“ Armin Gries ist bereits seit seiner Jugend mit dem Karnevalsbazillus infiziert, für ihn ist es ein Lebensgefühl. Natürlich kennt er den Druck bei den Veranstaltungen seines Vereins, als Vorsitzender für alles verantwortlich zu sein. „Aber wenn ich mit dem ganzen Schmölzchen in Krankenhäusern und Hospizen zu Gast bin und in die glücklichen Gesichter der Patienten blicke, die sich so sehr freuen, dass wir kommen, dann weiß ich sofort, warum ich mir den Sessions-Stress und die Arbeit antue.“

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