JUNGE LEUTE

Gen Z: faul und verwöhnt?

ks; 20.05.2023, 06:00 Uhr
Fotos: Katharina Schmitz --- Haben sich über die Gen Z ausgetauscht: (v.l.) IHK-Fachkräfteberaterin Anna Schwermer, Markus Heisterkamp, stellvertretender Schulleiter des KBKO, die Schüler Jannik Koers und Maja Spieckermann sowie Schulleiter Rainer Gottschlich.
JUNGE LEUTE

Gen Z: faul und verwöhnt?

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ks; 20.05.2023, 06:00 Uhr
Gummersbach – OA hat mit Schülern und Schulleitung des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg über Vorurteile und das Arbeitsleben gesprochen.

Unrealistische Berufswünsche, zu hohe Ansprüche, so wenig wie möglich arbeiten, faul und verwöhnt – Vorurteile, die so oder so ähnlich womöglich vielen Menschen einfallen, wenn sie nach der Gen Z und deren Haltung zur Arbeit gefragt werden. „Aber das ist nicht so“, findet Rainer Gottschlich. Der Schulleiter des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg (KBKO) ist ganz anderer Meinung, wenn es um die Arbeitsmoral dieser Generation geht: „An manchen Stellen agieren sie völlig anders. Aber sie sind leistungsfähig und können viele Dinge sehr schnell und sehr spontan umsetzen.“

 

Im vergangenen Januar wurde an dem KBKO auf dem Gummersbacher Hepel mit Unterstützung von Jugendforscher Simon Schnetzer eine Studie durchgeführt (OA berichtete). 1.100 Schüler haben daran teilgenommen, dabei unter anderem die Frage „Was ist typisch für deine Generation?“ beantwortet. Häufig genannt wurden zum Beispiel Stress, Leistungsdruck, wenig Freizeit, die Fear of missing out, also die Angst, etwas zu verpassen, eine schlechte Diskussionskultur, Traurigkeit und Überforderung, Geldsorgen, Zukunftsängste und der Klimawandel.

 

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„Die Jugend zerreißt sich selbst. Auf 45 Seiten steht nicht ein positiver Begriff“, fasst Gottschlich die Ergebnisse zusammen. Bestätigt wurde dies von Maja Spieckermann und Jannik Koers, Schülern des KBKO. Auch die beiden nannten im Rahmen der Studie negative Aspekte. Koers, der eine Ausbildung bei der Kreissparkasse Köln absolviert, kritisierte die Unverbindlichkeit der Gen Z. Spieckermann, die die Höhere Handelsschule besucht, sprach über die Sozialen Medien und deren Auswirkungen, inwiefern sich viele Jugendliche und junge Erwachsene von Instagram, Snapchat und TikTok ablenken lassen und sich auf den Plattformen vergleichen würden.

 

Die Ursachen für diesen negativen Blick auf die eigene Generation seien vielfältig, findet der Schulleiter. Gottschlich spricht unter anderem davon, dass in den Medien häufig das Bild entstehe, dass die Jugend nicht mehr ausbildungsfähig sei. Verstärkt werde dies durch die Ansicht einiger Lehrkräfte und Personaler. „Und dann entwickelt ihr ein schlechtes Gewissen, nehmt gar nicht mehr wahr, was ihr leistet oder leisten könnt“, so Gottschlich an seine Schüler gerichtet.

 

Anna Schwermer, Fachkräfteberaterin der IHK Köln in Oberberg, erinnert an den griechischen Philosophen Sokrates und dessen negativen Blick auf die damalige Jugend: „Das ist also kein neues Phänomen.“ Was hingegen im Vergleich zu den vorherigen Generationen neu sei, ist laut Schwermer die Auswahl, die die Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt hätten: „Wenn die Betriebe nicht gut mit ihren Azubis umgehen, werden sie keine mehr bekommen – und dann aussterben.“

 

[Im Forum des Schulgebäudes werden die Ergebnisse der Studie ausgestellt.]

 

Eine gute Arbeitsatmosphäre, die Balance von Arbeit und Freizeit, gute Vorgesetzte, ein kollegiales Miteinander sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes: das sind für die Schüler des KBKO die wichtigsten Aspekte für ihre (zukünftige) berufliche Tätigkeit. Das Einkommen, gute Aufstiegsmöglichkeiten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden erst später genannt. Doch auch während der Ausbildung würden oftmals Grenzen überschritten, Azubis zu stark belastet und häufig außerhalb der Arbeitszeiten kontaktiert werden. „Eine Ausbildung ist ein besonders schützenswerter Bereich. Auszubildende sind keine Arbeitnehmer. Es ist wichtig, dass Azubis Ruhezeiten haben“, so Schwermer.

 

Wichtig sei außerdem ein intergenerationaler Austausch – beispielsweise in Vereinen. Doch wie die Studie gezeigt hat, engagieren sich von 1.100 Schülern nur 375 ehrenamtlich. Gottschlich sieht darin eine verpasste Chance – unter anderem zum Austausch und zum Lernen, auch andere Meinungen zu tolerieren. Wichtig sei außerdem, Azubis einzubeziehen, sinnstiftende Aufgaben zu übertragen, die gesamte Belegschaft für das Thema zu sensibilisieren – und ähnlich wie in den Sozialen Medien – Feedback zu geben. Wertschätzung und Lob im Arbeitsalltag zu integrieren, müsste laut Markus Heisterkamp, dem stellvertretenden Schulleiter des KBKO, selbstverständlich sein: „Das möchten doch alle, egal, zu welcher Generation man gehört.“

 

Das FachKraftWerk Oberberg veranstaltet am Mittwoch, 20. September, in der Gummersbacher Halle 32 ein Event zum Thema „Auszubildende als Zukunftsinnovatoren – Was erwartet die Gen Z von Unternehmen und wie rekrutiert man sie?“. Geboten werden bei der Veranstaltung zehn Tipps für Unternehmen. Los geht es um 18 Uhr. Anmeldungen können per Mail an Nicole Breidenbach von der Wirtschaftsförderung, nicole.breidenbach@obk.de, und an Anna Schwermer, anna.schwermer@koeln.ihk.de, gesendet werden.

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