JUNGE LEUTE

Fällt die Maske? Schulen zwischen Skepsis und Vorfreude

lw; 26.10.2021, 16:55 Uhr
Symbolfoto: Alexandra_Koch auf Pixabay
JUNGE LEUTE

Fällt die Maske? Schulen zwischen Skepsis und Vorfreude

lw; 26.10.2021, 16:55 Uhr
Oberberg – Lehrer warten mit gemischten Gefühlen auf die Entscheidung des NRW-Bildungsministeriums, ob die Kinder und Jugendlichen ab nächster Woche den Mund-Nasen-Schutz im Unterricht tragen müssen oder nicht.

Von Lars Weber

 

Pünktlich vor den Herbstferien erreichte die Schulen eine Nachricht, auf die viele lange gewartet haben. Aufgrund der günstigen Infektionslage und der stetigen Zunahme der Impfquote bei den Schülern stellte NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer in Aussicht, die Maskenpflicht im Unterricht an den Sitzplätzen ab der zweiten Woche nach den Ferien abzuschaffen, also ab der kommenden Woche nach dem Feiertag am Dienstag. Doch während der schulfreien Zeit haben sich die Infektionen stark erhöht. Die Inzidenz im Kreis lag Anfang Oktober noch bei etwa 40, nun liegt sie bei 81. Die Zweifel am Wegfall der Maskenpflicht für Schüler an ihren Plätzen mehrten sich immer mehr. Und auch in den Schulen selbst wird die Frage nicht eindeutig beantwortet. OA hat bei Schulleitern und auch bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nachgefragt.

 

Sehr zwiegespalten ist das Kollegium am Engelbert-von-Berg-Gymnasium in Wipperfürth, wie Leiter Erhard Seifert schildert. „Klar würden wir uns freuen, wenn wir uns alle wieder komplett sehen könnten.“ Dies sei auch pädagogisch von großem Vorteil, gerade wenn Sprachen gelehrt und gelernt werden wollen. „Doch die Sorge wegen der steigenden Infektionszahlen ist da“, so Seifert weiter. Zwar seien die Lehrer alle geimpft und auch bei den Schülern der Oberstufe hätten viele das Angebot genutzt. Bei den jüngeren Schülern, die sich immunisieren lassen können, sei die Quote aber noch nicht ganz so hoch. „Wenn diese höher wäre, würden wir uns weniger Gedanken machen“, vermutet der Schulleiter. „Es ist schwer, den richtigen Zeitpunkt für den Wegfall der Maskenpflicht zu finden.“

 

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Wenn es nach der Mehrheit des Kollegiums der Realschule Bergneustadt ginge, sollte die Maskenpflicht noch bestehen bleiben. „Wir sind sehr skeptisch, niemand soll unnötig einer Gefahr ausgesetzt werden, Sicherheit geht vor“, sagt Schulleiter Ralf Zimmermann. Zwar seien die älteren Schüler häufig schon mindestens einmal geimpft. Aber die jüngeren Schüler eben noch nicht. Außerdem gibt es ja nicht nur Corona: Fällt die Maskenpflicht, könnte die Ausbreitung grippaler Infekte ein Faktor werden, so Zimmermann. „Vielleicht sollte die Entwicklung der Infektionszahlen noch ein wenig länger beobachtet und dann erst entschieden werden.“ Fällt die Pflicht, würden sich die jüngeren Schüler aber als erstes freuen. „Sie sehen die Situation weniger kritisch als die älteren.“

 

Dabei sind natürlich gerade die jüngeren Schüler, die noch kein Impfangebot wahrnehmen können und ungeschützt sind, besonders im Fokus. „Ein Teil der Lehrer ist dafür, dass die Schüler weiter Masken tragen, die anderen sind dagegen“, sagt Rektorin Sabine Gawlick von der GGS Ründeroth. Für den Wegfall würde sprechen, dass die Pooltests bei ihnen allesamt negativ zurückgekommen sind. „Das mindert die Infektionsgefahr.“ Doch die steigenden Zahlen verursachten Bauchschmerzen. Gawlick könnte sich auch vorstellen, die Maskenpflicht im Klassenverbund aufzuheben, dafür sollten die Masken aber auf den Fluren und im Gebäude weitergetragen werden. „Bei der Frühstückspause in den Klassen bleiben die Masken ja auch jetzt schon unten.“

 

Wichtig ist Gawlick, dass alle weiter Maske tragen können, die es wollen, egal ob Pflicht oder nicht. „Jeder sollte das auch für sich selbst entscheiden.“ So oder so: „Solange es nicht auch ein Impfangebot für die Kinder gibt, sind sie die Leidtragenden“, sagt Sabine Gawlick von der GGS Ründeroth.

 

An der GGS Denklingen gebe es jetzt schon einige Schüler, die ihre Maske auch dort nicht abnehmen, wo sie es eigentlich dürfen, erzählt Iris Khillimberger, Leiterin der GGS Denklingen. Andersherum gebe es, wie beim Sportunterricht oder beim Frühstück jetzt auch schon die Momente, bei denen kaum ein Schüler Maske trage. Dementsprechend herrsche im Kollegium auch keine klare Meinung vor. Khillimberger würde sich gerade bei einem Wegfall der Pflicht einen weiteren PCR-Pooltest in der Woche wünschen. Bislang und noch mindestens bis zu den Weihnachtsferien sollen diese zweimal pro Woche stattfinden. „Das ist ausbaufähig.“

 

Beim Kreisverband der GEW gibt es keine zwei Meinungen: „Wir sehnen den Tag herbei, dass die Maskenpflicht komplett fallen kann“, sagt Vorsitzende Jana Koch (Foto: GEW). „Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ Die steigenden Zahlen und die Impfquote bei den Zwölf- bis 17-Jährigen an den weiterführenden Schulen sprechen gegen eine Aufhebung. Bislang sind rund die Hälfte der zwölf- bis 17-jährigen Schüler geimpft. „Und in den Grundschulen noch gar keine Kinder. Das reicht in der Gesamtheit nicht aus.“ Dabei beruft sich die GEW auch auf Expertenmeinungen, die diese Marschrichtung vertreten. Als mahnendes Beispiel nennt Koch Bayern, wo die Regeln schon vor den Ferien gelockert wurden. „Die Zahlen dort sind explodiert.“ Koch hofft, dass die Landesregierung die Ergebnisse der Tests aus der ersten Woche abwartet und dann eine „weise Entscheidung“ trifft. Diese soll laut Medienberichten bis Donnerstag vorliegen.

 

Doch wenn nicht jetzt, wann dann? „Das ist schwierig, aber vielleicht müssen die Schulformen differenziert betrachten werden“, so Koch. An den weiterführenden Schulen werde durch die höheren Impfquoten und die Testsituation vor Ort schneller eine noch sicherere Lernumgebung geschaffen sein als an den Grundschulen. Koch erneuerte darüber hinaus die GEW-Forderung nach einer flächendeckenden Ausstattung der Klassenräume mit Luftfiltern. „Es wurde noch immer nicht eingesehen, dass das sinnvoll ist. Vielleicht sollte man die Anlagen aus Rathäusern und Landtagen in die Schulen verlegen…“

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